Wir werden immer wieder gefragt, ob es eine Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit gibt. Unsere Antwort ist: „Es kommt darauf an“. Bei den meisten Rechtsschutzversicherungen (RSV) ist eine Wartezeit von drei Monaten üblich. Einzelne RSV gibt es auch ohne Wartezeit, z.B. im Bereich Verkehrsrechtsschutz. Dagegen gibt es im Arbeitsrecht nach unseren Recherchen (Stand August 2024) praktisch keinen Rechtsschutz ohne Wartezeit. Kommt also die Kündigung und Kündigungsschutzklage vor oder während der Wartezeit, zahlen die meisten Versicherungen nichts. Ausnahme: Wenn Sie ohne Unterbrechung den Versicherer wechseln, beginnt die Wartezeit normalerweise nicht wieder von vorn. Sie haben sofortigen Versicherungsschutz.
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Inhalt
Rechtsschutzversicherung – was ist das?
Die Rechtsschutzversicherung (RSV) ist eine der verbreitetsten Versicherungen. Fast die Hälfte der Haushalte in Deutschland verfügen über eine RSV. Rechtsschutzversicherungen werden für unterschiedliche Rechtsbereiche angeboten (z.B. Verkehrsrecht, Arbeitsrecht). In der Regel umfasst eine Rechtsschutzversicherung ein “Paket” mit mehreren Bereichen. Arbeitsrechtlicher Rechtsschutz ist bei vielen Versicherungen in den Paketen zum Privat- und Berufsrechtsschutz enthalten. Wichtig ist hier aber, einmal das „Kleingedruckte“ zu lesen, um sicher zu sein, dass das Arbeitsrecht in ausreichender Höhe von “Ihrer” RSV abgesichert ist.
Die Rechtsschutzversicherung übernimmt die Kosten für Rechtsstreitigkeiten (Anwalts- und Gerichtskosten), bis zur vereinbarten Höchstsumme. Sie schützt aber nicht bei allen Rechtsstreitigkeiten und vor allen Kosten. Scheidungen, erbrechtliche Auseinandersetzungen, Auseinandersetzungen beim Hausbau sind selten abgesichert. Bei Arbeitsrechtsverfahren ist es besonders wichtig, dass die Anwaltskosten in ausreichender Höhe abgesichert sind. Denn vor den Arbeitsgerichten zahlt generell jede Partei die eigenen Anwaltskosten selbst, egal wer vor Gericht gewinnt. Und für den Anwalt kommen schnell Kosten von 2.000-3.000 EUR zusammen.
Braucht man überhaupt eine Rechtsschutzversicherung?
Auch hier die klare Antwort: „Es kommt darauf an“. Die Verbraucherzentralen empfehlen: Bevor Sie sich für eine RSV entscheiden, sollten Sie sorgfältig prüfen, ob und welche Versicherung für Sie sinnvoll ist. Wichtige Faktoren für hier z.B.
- Das Bestehen von anderweitigem Versicherungsschutz: Ein wichtiger Aspekt dabei ist das Vorhandensein anderweitiger Versicherungsleistungen, wie etwa Rechtsschutz durch eine Gewerkschaft. Diese kann Ihnen in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten Rechtsberatung, Rechtshilfe und Prozessvertretung bieten.
- Die Wahrscheinlichkeit eines Rechtsstreits: Ebenfalls zu berücksichtigen ist die Wahrscheinlichkeit eines Rechtsstreits, insbesondere ob und wann Sie mit einer möglichen Kündigung durch Ihren Arbeitgeber rechnen.
- Die jeweiligen Versicherungsbedingungen: Des Weiteren sollten Sie die genauen Versicherungsbedingungen prüfen, darunter die Kostendeckung für Anwaltskosten bei Kündigungsschutzklagen, eventuelle Wartezeiten und bereits laufende Rechtsstreitigkeiten.
Apropos Wartezeiten: Es ist entscheidend, dass bei Vertragsbeginn kein Rechtsstreit besteht. Die Ursache für einen Rechtsstreit darf im Grunde erst nach Ablauf einer Wartefrist von drei Monaten nach Vertragsbeginn auftreten. Dazu gleich mehr:
Gibt es Rechtsschutz ohne Wartezeit im Arbeitsrecht?
Wenn Sie im Internet z.B. nach „Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit“ suchen, finden Sie wahrscheinlich mehrere tausend Ergebnisse. Aber das täuscht, denn einen generellen Verzicht auf Wartezeiten gibt es nach unseren Recherchen (Stand August 2024) fast nicht. Einige Versicherer verzichten zwar in bestimmten Bereichen auf die Wartezeit, zum Beispiel in Teilbereichen der Verkehrsrechtsschutzversicherung. Im Arbeitsrechts gibt es das aber nicht. Jedenfalls haben wir bei unserer Recherche zu Arbeitsrechtsschutz keine Versicherungen gefunden, die vollen Rechtsschutz ohne Wartezeit von mindestens 3 Monaten anbieten.
Die ARAG hat zwar einen Rechtsschutz mit Soforthilfe – und sogar bei arbeitsrechtlichen Fragen zum Teil ohne Wartezeit. Auch die ARAG zahlt aber nicht, wenn Sie bereits einen Anwalt kontaktiert (oder beauftragt) haben oder wenn bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig ist – beispielsweise in Form eines Klageverfahrens. Im übrigen ist der Tarif nicht grade der Günstigste, so dass man auch hier vor Abschluss gründlich rechnen sollte, ob sich diese Versicherung unter Berücksichtigung von Ausschlusmerkmalen und Selbstbehalt wirlich „lohnt“. In vielen Fällen wird das nicht der Fall sein.
Und das muss gar nicht schlimm sein. Denn wenn Sie nur glauben, dass Ihnen “irgendwann” eine Kündigung droht, ist vielleicht noch genug Zeit. Dann ist der Abschluss einer RSV im Arbeitsrecht zu empfehlen.
Wann gibt es trotzdem sofortigen Rechtsschutz?
Eine Ausnahme von der obigen Regel gibt es jedoch, in der Sie tatsächlich eine Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit abschließen können: Wenn Sie zu einer neuen Rechtsschutzversicherung wechseln, kann Ihre bisherige Versicherungszeit angerechnet werden. Voraussetzung ist, dass Sie länger bei Ihrem alten Anbieter versichert waren, als die Wartezeit des neuen Anbieters dauert. Ein lückenloser Übergang ist wichtig, um keine Versicherungslücke zu riskieren. Prüfen Sie daher die Kündigungsfristen Ihres alten Vertrags und planen Sie den Wechsel so, dass der neue Vertrag nahtlos anschließt.
Die Kündigungsfristen betragen meist ein bis drei Monate. Wenn Ihr alter Vertrag zum Beispiel am 31. Dezember endet, sollte der neue Vertrag am 1. Januar beginnen. Die Anrechnung der Versicherungszeiten gilt nur für Vertragsbestandteile, die auch im alten Vertrag enthalten waren. Neue Zusatzleistungen unterliegen der üblichen Wartezeit von meist drei Monaten. Planen Sie den Wechsel daher sorgfältig und lesen Sie das “Kleingedruckte” im neuen Vertrag.
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Warum gibt es überhaupt Wartezeiten bei der RSV?
Versicherungsgesellschaften nutzen Wartezeiten als Schutzmechanismus gegen sogenannte “Zweckabschlüsse”. Das sind Situationen, in denen beispielsweise ein Arbeitnehmer kurz vor einem drohenden Rechtsstreit eine Versicherung im Arbeitsrecht abschließt. Natürlich, um die Kosten für den sicher geglaubten Rechtsstreit auf die Versicherung abwälzen zu können. Eine solche Vorgehensweise, die von den Versicherern als Negativauswahl (oder „adverse Selektion“) bezeichnet wird, soll durch die Wartezeit unterbunden werden. Daher greift z.B. im Bereich des Arbeitsrechts der Versicherungsschutz erst nach der Wartefrist von i.d.R. drei Monaten.
Sollten Sie innerhalb der Wartezeit eine Abmahnung oder Kündigung erhalten, tragen Sie die Kosten für darauf folgende rechtliche Auseinandersetzungen i.d.R. selber. Deshalb empfiehlt es sich, rechtzeitig über den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung nachzudenken und Alternativen zu prüfen. Falls die Vermutung besteht, dass eine Kündigung in naher Zukunft bevorstehen könnte, macht der Abschluss einer RSV Sinn. Wobei “nahe Zukunft” nicht in den nächsten 3 Monaten sein darf. Denn dann greift die Wartezeit und Sie tragen die Kosten wieder selbst. Grundsätzlich gilt, dass die Ursache für den Rechtsstreit erst nach Ablauf der Wartezeit eingetreten sein darf.
Fazit
Falls Sie noch keine Rechtsschutzversicherung haben – sollten Sie jetzt eine Versicherung abschließen? Das kommt darauf an. Eine Rechtsschutzversicherung nützt nichts, wenn Sie sie erst dann abschließen, wenn ein Streit vor dem Arbeitsgericht – z.B. wegen einer bereits ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsvertrags – bereits besteht oder unmittelbar bevorsteht. Überlegen Sie also frühzeitig, ob Sie eine Rechtsschutzversicherung brauchen. Damit die Wartezeit von i.d.R. drei Monaten abgelaufen ist, wenn “der Fall der Fälle” eintritt. Eine Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit gibt es dagegen im Arbeitsrecht nicht. Wenn Sie also glauben, dass Ihnen eine Kündigung bevorsteht, Sie aber noch mindestens 3 Monate Zeit haben, ist der sofortige Abschluss einer RSV zu empfehlen. Sicherheitshalber sollten Sie in den Versicherungsbedingungen nachlesen, welche Wartezeit genau gilt. Und greifen Sie nicht zum Rundumschutz, denn mit einzelnen Rechtsschutzpaketen wie „Privat” und „Beruf“, lässt sich der Versicherungsschutz bedarfsgerecht zusammenstellen. Und bei einem Versicherungswechsel sollten Sie unbedingt darauf achten, dass der neue Vertrag nahtlos beginnt.
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