In vielen Arbeitszeugnisformulierungen stecken versteckte Bewertungen und “Schulnoten”. Diese erkennt man beispielsweise an Worten wie „stets“, „immer“, „jederzeit“ oder der Leistung „zur vollsten“ beziehungsweise „zur vollen“ Zufriedenheit. Arbeitszeugnisse müssen stets wohlwollend formuliert sein – und sind es meistens auch. Mehr als 80% der Arbeitszeugnisse in Deutschland haben mittlerweile die Noten „sehr gut“ oder „gut“. Aber Kritik kann auch zwischen den Zeilen stecken. Es gibt zahlreiche Formulierungen, die eine Beurteilung von Arbeitnehmern enthalten können. Nicht alle sind für die weitere Karriere hilfreich. Im Folgenden lernen Sie zehn Beispiele für Formulierungen kennen, die nur auf den ersten Blick wohlwollend klingen, aber von erfahrenen Personalern als Kritik wahrgenommen werden können.
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Was sollte ein Arbeitszeugnis überhaupt enthalten?
Es kommt drauf an – nämlich auf den Typ des Zeugnisses! Es gibt einfache und “qualifizierte” Zeugnisse. Das „einfache“ Zeugnis ist die klare Ausnahme, die meisten Arbeitszeugnisse in Deutschland sind „qualifiziert“. Welche Variante Ihnen zusteht, hängt u.a. von Dauer und Art Ihrer Tätigkeit im Unternehmen ab.
Einfaches Zeugnis
Ein einfaches Arbeitszeugnis enthält Personalien, eine Tätigkeitsbeschreibung, eine Bewertung über die Leistungen und eine Schlussformel. Ist also eher kurz. Bei sehr kurzen Arbeitsverhältnissen oder Praktika schreiben Arbeitgeber nur ungern längere Zeugnisse. Deshalb erstellen sie in solchen Fällen oft nur ein einfaches Zeugnis.
Qualifiziertes Zeugnis
Üblich (und in der Regel besser) ist ein qualifiziertes Zeugnis. Das qualifizierte Arbeitszeugnis enthält zusätzlich eine umfassende Bewertung, z.B. der sozialen Kompetenzen des Arbeitnehmers. Es umfasst i.d.R. folgende Teile, die auch in der entsprechenden Reihenfolge aufgeführt sein sollten:
- Anschrift des Arbeitgebers und Beschreibung des Arbeitnehmers.
- Werdegang des Mitarbeiters im Unternehmen und vollständige, konkrete Beschreibung aller Tätigkeiten.
- Beurteilung von Leistung und Verhalten, inklusive Motivation, Befähigung, Fachwissen, Arbeitsstil und besonderer Erfolge des Arbeitnehmers, sowie Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden.
- Aus einer zusammenfassenden Beurteilung lässt sich auf eine Schulnote schließen.
- In der Beendigungsformel wird erklärt, welche Seite das Beschäftigungsverhältnis beendete. Der Arbeitnehmer geht beispielsweise auf eigenen Wunsch, in beidseitigem Einvernehmen (Aufhebungsvertrag) oder ihm wurde betriebsbedingt gekündigt.
- Das Arbeitszeugnis endet mit Danksagung und Wunschformel.
(„für die Zukunft alles Gute“ soll aber laut Rechtsprechung ausreichen)
Ein Arbeitszeugnis soll schriftlich und auf Firmenpapier in einheitlicher Schrift gedruckt werden. Deshalb ist ein als E-Mail übermitteltes Arbeitszeugnis nicht ausreichend. Natürlich muss das Zeugnis frei von “Formfehlern” sein, wie z.B. Flecken, Eselsohren, Rechtschreibfehler, Korrekturen, Einfügungen oder Radierungen. Es muss Ausstellungsort und Ausstellungsdatum und eine Unterschrift vom Arbeitgeber oder von einem weisungsbefugten Vorgesetzten enthalten.
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Was sollte ein Arbeitszeugnis gerade nicht enthalten?
Nicht in ein Zeugnis gehören Dinge wie Abmahnungen, Urlaub, Krankheiten oder Betriebsratszugehörigkeit. Auch eine Elternzeit darf nur erwähnt werden, wenn sie die Dauer der tatsächlichen Beschäftigung erheblich eingeschränkt hat. Gründe für eine Kündigung, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, darf der Arbeitgeber nicht nennen. Auch Ironie und Spott sind im Arbeitszeugnis verboten. Unternehmen dürfen im Arbeitszeugnis auch nicht anbieten, künftigen Arbeitgebern jederzeit auf Nachfrage Auskunft zu geben – denn das könnte als verschlüsselter Hinweis darauf hinweisen, dass das Zeugnis nicht den wahren Leistungen entspricht (so eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Herford).
Was bedeuten Arbeitszeugnisformulierungen nun eigentlich?
Die Formulierungen der zusammenfassenden Beurteilungen in “Zeugnisdeutsch” beginnen meist mit „Er/Sie erfüllte seine/ihre Aufgaben…“ und bedeuten im Klartext / in Schulnoten:
- … stets zur vollsten Zufriedenheit: Note 1 (sehr gut)
- … zur vollsten/stets zur vollen Zufriedenheit: Note 2 (gut)
- … zur vollen Zufriedenheit: Note 3 (befriedigend)
- … zur Zufriedenheit: Note 4 (ausreichend)
- … im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit: Note 5 (mangelhaft)
Bei welchen Formulierungen ist Vorsicht geboten?
In vielen Formulierungen stecken offene und versteckte Bewertungen. Einige erkennt man an den obigen Ausdrücken. Aber auch in Tätigkeitsbeschreibungen und Schlussformeln können Bewertungen enthalten sein. Hier sehen Sie zehn Beispiele für Formulierungen, die nur auf den ersten Blick wohlwollend klingen, aber von erfahrenen Personalern als Kritik empfunden werden können. Die Liste lässt sich beliebig verlängern und soll vor allem Sensibilität für versteckte Kritik stärken. Ein “geheimes Codebuch” für Zeugnisformulierungen gibt es aber – jedenfalls nach unserer Kenntnis – in Deutschland nicht. Es wäre wohl auch nicht erlaubt. Trotzdem gibt es zahlreiche Formulierungen, bei denen Vorsicht geboten ist. Hier unsere “Top-Ten” von Formulierungen, die Sie in Ihrem Zeugnis nicht lesen wollen:
# | Aussage im Zeugnis | Mögliche Bedeutung/Interpretation |
1 | Sie zeigte stets Verständnis für ihre Arbeit. | Sie war faul und hat nichts geleistet. |
2 | Sie erledigte alle Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß. | Es mangelte ihr jedoch an Eigeninitiative. |
3 | Sein Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war stets vorbildlich. | Er hatte Probleme mit seinen Vorgesetzten (nach den Kollegen erwähnt). |
4 | Sie gab klare Ansagen und verstand es, alle Aufgaben stets mit Erfolg zu delegieren. | Sie drückte sich vor der Arbeit, wo sie nur konnte. |
5 | Er erzielte nicht unerhebliche Verkaufserfolge. | Er hat keine tollen Erfolge erzielt. |
6 | Er war stets ein geschätzter Gesprächspartner. | Er war geschwätzig und führte lange Privatgespräche im Dienst. |
7 | Sie trat sowohl innerhalb als auch außerhalb unseres Unternehmens engagiert für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen ein. | Sie war im Betriebsrat oder in der Gewerkschaft tätig. |
8 | Durch ihre Pünktlichkeit war sie ein gutes Beispiel. | Mehr als Pünktlichkeit war da aber leider nicht. |
9 | Er verfügt über Fachwissen und gesundes Selbstvertrauen. | Arrogant, „Diva“. |
10 | Wir trennten uns am … | Deutet auf fristlose Kündigung hin. |
Schlechtes Zeugnis erhalten: Und nun?
Haben Sie ein Zeugnis mit schlechter Note oder unerlaubten Bewertungen im Text erhalten? Dann sollten Sie handeln und sich mit einem Arbeitsrechtsanwalt oder -anwältin besprechen und entscheiden, ob und wie Sie Ihren Anspruch auf ein wohlwollendes Zeugnis durchsetzen können. Ggf. müssten Sie sogar Klage beim Arbeitsgericht einreichen. Übriges bieten Gewerkschaften für Mitglieder oft kostenlose Zeugnisberatungen an. AbfindungsHero hilft Ihnen ebenfalls bei der Suche nach einem kompetenten Fachanwalt oder einer kompetenten Fachanwältin für Arbeitsrecht.
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