
Häufig erhalten Arbeitnehmer eine Abfindung, wenn ein Arbeitsverhältnis beendet wird. Auch wenn nicht immer ein gerichtlicher Anspruch auf Abfindung bei Kündigung besteht, wird diese trotzdem häufig “einfach gezahlt”. Welche Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber zu zahlen ist, hängt von vielen Punkten ab – auch vom Verhandlungsgeschick der beteiligten Personen. Es gibt aber Erfahrungswerte, mit denen sich der Rahmen der voraussichtlichen Abfindungshöhe grob abschätzen lässt. Die maximale Abfindungshöhe ist u.a. abhängig von der Art und Wirksamkeit der Kündigung, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem letzten Gehalt. Das erste Angebot des Arbeitgebers auf Zahlung einer Abfindung sollten Sie also sehr genau prüfen. Vor allem, wenn die Kündigung unbegründet ist, sollten Sie in Betracht ziehen, einen Anwalt für Arbeitsrecht über eine Abfindung verhandeln lassen.
Wieviel Abfindung bekommt man?
Klare Antwort: Es kommt drauf an! Die maximale Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber ist abhängig von verschiedenen Umständen, wie beispielsweise das Einhalten der formalen Anforderungen an eine Kündigung (mehr unter „Kündigung erhalten? So reagieren Sie richtig!„), Ihr Alter und Ihre Betriebszugehörigkeit und etwaigen Sonderkündigungsschutz (die „Unkündbarkeit“, wie z.B. für Betriebsräte, Schwerbehinderte, schwangere Arbeitnehmerinnen oder Elternzeitler).
Zur ersten Grobschätzung der Abfindungshöhe bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gibt es dennoch einige “Faustformeln”: Am weitesten verbreitet ist eine Formel, wonach die “Regelabfindung” ein halbes Monatsgehalt pro Jahr der Beschäftigung beträgt. Zum Beispiel würde eine Arbeitnehmerin, die 10 Jahre beschäftigt war und zuletzt monatlich 3.000 € verdiente, eine Abfindung von 15.000 € erhalten (also 0,5 * 3.000 € * 10 Jahre). Die drei zentralen Größen sind also der Faktor (0,5), die Höhe des zuletzt gezahlten Monatsgehalts („brutto“) und die Beschäftigungsdauer im Unternehmen (in Jahren).
Bei einer anderen “Faustformel” wird das Lebensalter stärker berücksichtigt. Der Faktor von 0,5 kann bei 0,75 oder 1,0 liegen. Im Beispiel oben würde die 52-jährige Arbeitnehmerin danach eine Abfindung von 30.000 € erhalten (also 1,0 * 3.000 € * 10 Jahre).
In der Praxis kommt es nicht nur auf die Umstände des Arbeitnehmers sondern auch auf viele weitere Einflussgrößen an. Abhängig von Arbeitsgerichtsbezirk und Unternehmensgröße des Arbeitgebers kann auch ein Regelfaktor von 1,0 – nicht 0,5 – unabhängig vom Alter in Betracht kommen. Und je nach den Umständen des Einzelfalls kann der Faktor auch bei 1, 2 oder höher liegen. Die Einzelheiten kennt ein Arbeitsrechtsanwalt genau.
Eine erste Grobprüfung der Bandbreite einer Abfindungszahlung können Sie hier vornehmen:
Was bestimmt die Höhe der Abfindung bei Kündigung?
Für die Höhe der Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber sind die drei Faktoren Gehalt, Betriebszugehörigkeit und “Faktor”wichtig.
- Gehalt: Wichtig für die Berechnung einer Abfindung ist vor allem das aktuelle Gehalt im Zeitpunkt der Kündigung. Es kommt auf das monatliche Bruttogehalt zum Zeitpunkt der Kündigung an. Gibt es Einmalzahlungen, Überstunden und sonstigen Zuschläge, nimmt man meist das “Jahreseinkommen durch zwölf”, um auf den monatlichen Bruttolohn zu kommen
- Betriebszugehörigkeit: Für die Berechnung der Betriebszugehörigkeit ist der Bestand des Arbeitsverhältnisses wichtig. Zur Betriebszugehörigkeit gehören also u.a. Elternzeit, Teilzeit und Ausbildungszeit. Nicht berücksichtigt werden dagegen Zeiten, in denen Sie als Zeitarbeiter oder Freelancer für ein Unternehmen tätig waren. Wenn Sie ein “Sabbatical” genommen haben, kommt es auf die Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an.
- Faktor: Die Höhe des Faktors (z.B. 0,5 lt. „Faustformel“, s.o.) wird u.a. durch das Alter, die Wirksamkeit der Kündigung und die Stärke eines evtl. Kündigungsschutzes bestimmt:
- Wirksamkeit der Kündigung: Ist die Kündigung offensichtlich unwirksam, kann eine (einvernehmliche) Beendigung mit deutlich höherer Abfindung erzielt werden. Aber selbst, wenn die Kündigung wirksam ist und eigentlich kein Abfindungsanspruch (z.B. nach Sozialplan oder Tarifvertrag) besteht, werden Abfindungen oft „freiwillig“ gezahlt. Diese sind allerdings in der Regel niedriger und orientieren sich an der oben dargestellten Faustformel (mit Faktor von 0,5).
- Stärke des Kündigungsschutzes: Auch bei einer unwirksamen Kündigung kommt es bei der Verhandlung einer Aufhebung auf die Stärke des Kündigungsschutzes an. Erhöhend wirken sich hier u.a. rechtliche Hürden wie Sonderkündigungsschutz („Unkündbarkeit“) für bestimmte Arbeitnehmergruppen wie Betriebsräte, Schwerbehinderte, schwangere Arbeitnehmerinnen, Elternzeitler oder auf Grund von Tarifvertrag aus. Wichtig ist auch, ob die “formalen” Voraussetzungen einer Kündigung (wie z.B. die korrekte Betriebsratsanhörung) vor Ausspruch einer Kündigung erfüllt sind.
Abfindung bei Kündigung: Welche Dinge spielen sonst noch eine Rolle?
Es gibt weitere Punkte, die zwar für die Höhe der “Abfindung” nicht wichtig sind, aber die finanzielle Situation des Arbeitnehmers deutlich verbessern können. Dazu gehören:
- Entgangene Gehaltszahlungen für die Zeit der Jobsuche: In der Regel hat man in der Zeit der Jobsuche trotz Arbeitslosengeld erhebliche Gehaltseinbußen. Diese kann man sich aber oft vom alten Arbeitgeber “ersetzen” lassen. Wenn ein Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt und das Gericht etwa ein halbes Jahr nach dem Beendigungszeitpunkt zu dem Ergebnis kommt, dass die Kündigung unwirksam war, muss der Arbeitgeber den Lohn für die gesamte Zeit nachentrichten, während der der Arbeitnehmer infolge der unwirksamen Kündigung nicht gearbeitet hat. Rechtlich gesprochen war der Arbeitgeber im “Annahmeverzug” und muss dem unwirksam gekündigten Arbeitnehmer auch ohne Arbeitsleistung sein Gehalt zahlen. Das bedeutet in etwa “keine Arbeit, trotzdem Geld”. Außerdem kann sich ein kurzes Kündigungsschutzverfahren auf die Höhe der eigentlichen Abfindungszahlung auswirken
- Boni, Provisionen, sonstige Einmalzahlungen: Häufig vergessen Arbeitnehmer das Bestehen von bisher nicht ausbezahlten Boni, Provisionen und sonstigen Einmalzahlungen. Diese sollten natürlich immer zusätzlich zur eigentlichen Abfindung geltend gemacht und nicht durch die Abfindung “abgegolten” werden.
- Sonstiger Arbeitslohn: Nicht bezahlte Überstunden, anteiliges Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld sowie sonstige “offenen” Lohnzahlungen sollten nicht vergessen werden. Diese sollten ebenfalls zusätzlich zur eigentlichen Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber geltend gemacht werden.
Kündigung erhalten: Und nun?
Erfahren Sie hier die 7 wichtigsten Schritte und Verhaltensweisen, sobald Sie eine Kündigung erhalten haben. Außerdem haben wir eine „Checkliste & Verhaltensregeln bei Kündigung durch Arbeitgeber“ zum Download bereitgestellt.
Wenn Sie eine Kündigung erhalten, ist schnelles Handeln gefragt: Sie müssten ggf. innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Sobald Ihr Arbeitgeber Ihnen ein Abfindungsangebot macht, sollten Sie dieses Angebot gut prüfen und sich durch einen Arbeitsrechtsanwalt beraten lassen. AbfindungsHero hilft Ihnen bei der Suche nach einem kompetenten Fachanwalt für Arbeitsrecht, der Sie vor Ort unterstützt. Ihr Anwalt kann hinsichtlich der Abfindung bei Kündigung die Höhe Ihrer Ansprüche detaillierter ermitteln und mit dem Angebot Ihres Arbeitgebers vergleichen. Eine erste Möglichkeit zur Prüfung Ihrer Ansprüche finden Sie gleich hier: