Überstunden bei Kündigung: Was steht Ihnen zu?

  • Ceyda Sahin
  • 28. November 2024
  • 16:12

Eine Kündigung kommt für die meisten Arbeitnehmer unerwartet. Daher haben Arbeitnehmer vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber fast nie Gelegenheit, ihre Überstunden komplett durch Freizeit auszugleichen (“abzufeiern”). Was passiert also mit Überstunden bei einer Kündigung? Welche Regeln gelten und wann Unterstützung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht Sinn macht, beschreiben wir im folgenden Blog-Artikel:

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Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Überstunden entstehen dann, wenn mehr gearbeitet wird als vertraglich vorgesehen.
  • Mit der Kündigung verfallen Überstunden grundsätzlich nicht.
  • Es gibt zwei Optionen wie der Ausgleich von Überstunden erfolgen kann: Freizeit oder Geld.
  • Klauseln wie “Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten” sind häufig unwirksam – Sie haben also trotzdem Anspruch auf Ausgleich in Geld oder Freizeit.
  • Um evtl. Ansprüche auf Überstundenvergütung nicht zu verlieren, sollten Sie eventuelle Ausschlussfristen beachten und extrem vorsichtig bei sog. Ausgleichsquittungen sein.
  • Wenn der Arbeitgeber Überstunden nach der Kündigung nicht zahlt, sollten Sie den Arbeitgeber schriftlich um die Auszahlung der Überstunden nach Ihrem Austritt zu bitten. Es empfiehlt sich, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu Rate zu ziehen.

Überstunden bei Kündigung: abfeiern oder auszahlen?

Überstunden entstehen, wenn der Arbeitnehmer mehr arbeitet als er eigentlich vertraglich verpflichtet wäre. Arbeitnehmer können Überstunden aber nur ausgleichen, wenn der Arbeitgeber diese angeordnet hat (oder mindestens davon wusste). Arbeitnehmer, die einfach immer etwas länger für ihre Aufgaben brauchen (oder dies absichtlich tun), ihre Zeiten heimlich aufzeichen und hoffen, sich so ein schönes Überstundenkonto aufzubauen (und sich das später auszahlen zu lassen), gehen daher meist leer aus (ja, sowas gibt es!).

Wenn Sie also mit einem Überstundensaldo (ordentlich) gekündigt werden oder selbst kündigen, verfallen die Überstunden grundsätzlich erst mal nicht. Vielmehr ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Überstunden entweder durch Freizeit (“Abfeiern”) oder durch Geld auszugleichen. Der Regelfall ist dabei das Auszahlen, während das Abfeiern i.d.R. nur dann zulässig ist, wenn das entsprechend vertraglich geregelt ist. Wenn vertraglich vereinbart wurde, dass der Ausgleich sowohl durch das Abfeiern als auch durch das Auszahlen erfolgen kann, steht dem Arbeitgeber also grundsätzlich ein Wahlrecht zu.

Übrigens: Der Arbeitgeber muss zur Anordnung von Überstunden grundsätzlich berechtigt sein. Dies ergibt sich meist aus dem Arbeitsvertrag (z.B. „AN verpflichtet sich, bei betrieblicher Notwendigkeit Überstunden zu leisten“). Aber auch Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge enthalten oft Regelungen zu Überstunden. Wenn Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet wurden, ist die entsprechende Vergütung aber unabhängig von dieser Berechtigung.

Gibt es keine vertragliche Regelung hinsichtlich des Überstundenausgleichs, steht dem Arbeitnehmer i.d.R. eine Vergütung zu. Wichtig ist, dass Klauseln wie “Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten” nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes meist unwirksam sind. Wirksam sind solche Klauseln nur, wenn sie genau beschreiben, bis zu welcher Anzahl oder welchem Anteil Überstunden mit dem Gehalt ausgeglichen sein sollen. Ein Beispiel hierfür wäre also “Mit der Vergütung sind bis zu zwei Überstunden pro Woche abgegolten.“

Wann werden Überstunden ausnahmsweise nicht vergütet?

Auch wenn es der Regelfall ist, dass Überstunden vergütet werden müssen, gibt es einige Ausnahmefälle. Beispielsweise können Führungskräfte und Berufe “höherer Art” keine Vergütung für geleistete Überstunden verlangen. Dazu gehören Chefärzte, Steuerberater, Steuerberater und Rechtsanwälte.

Außerdem müssen Arbeitnehmer beweisen können, dass tatsächlich Überstunden geleistet wurden. Der Arbeitnehmer braucht also eine umfassende Dokumentation – vor allem, wenn der Arbeitgeber wie so oft kein Arbeitszeiterfassungssystem eingerichtet hat. Vor allem im Homeoffice arbeiten viele Beschäftigte über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinaus und müssen also ihre eigene Dokumentation schafffen.

Außerdem muss der Arbeitnehmer beweisen können, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet wurden (oder er davon wusste). Entsprechende Emails dazu also unbedingt ausdrucken! 

Wie viel Überstundenvergütung nach Kündigung?

Wie hoch die Überstundenvergütung nach einer Kündigung ist, hängt von den vertraglichen Vereinbarungen ab. Ist nichts vereinbart, gilt der normale Stundenlohn. Manchmal gibt es jedoch Regelungen, die einen Zuschlag vorsehen (z.B. ein Zuschlag von 15-25 %). 

Um Ihre Überstundenvergütung zu berechnen, müssen Sie zunächst Ihren Bruttostundenlohn ermitteln. Dazu müssen Sie Ihre Wochenstunden mit 52 Wochen multiplizieren (um aufs Jahr zu kommen) und durch 12 teilen (um auf den Monat runter zu brechen). Danach müssen Sie Ihr Bruttomonatsgehalt durch dieses Ergebnis teilen. So erhalten Sie Ihren Bruttostundenlohn, den Sie dann nur noch mit Ihren geleisteten Überstunden multiplizieren müssen.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer verdient 5.000 € Brutto im Monat. Sie arbeitet 40 Stunden pro Woche. Im letzten Monat hatte sie zehn Überstunden. Sie arbeitet 40 Stunden pro Woche x 52 / 12 = 173,2 Stunden im Monat. Ihr “fiktiver Stundenlohn beträgt also 5.000 € (Bruttomonatsgehalt) : 173,2 (Stunden im Monat) = 28,87 € (Bruttostundenlohn). Sie hat damit Anspruch auf 28,87 € (Bruttostundenlohn) x 10 (Überstunden) = 288,70 € (Überstundenvergütung). Ein eventueller Überstundenzuschlag geht dabei noch “on top”.

Auf die Überstundenvergütung entfallen natürlich ganz regulär die Einkommenssteuer und Sozialabgaben. Unter bestimmten Voraussetzungen können Überstundenzuschläge z.T. steuerfrei sein, wenn es sich z.B. um Sonn-, Feiertags- oder Nachtzuschläge handelt.

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Kündigung mit Freistellung unter Anrechnung von Überstunden 

Wenn es zu einer Kündigung kommt und der Arbeitgeber kein Interesse mehr an Ihrer Arbeitsleistung hat, kann er Sie freistellen. Werden Sie freigestellt, müssen Sie i.d.R. bis zum Ende der Kündigungsfrist nicht mehr arbeiten, werden aber für diese Dauer trotzdem entlohnt. Ob Sie dann noch Ansprüche auf eine Überstundenvergütung (das Abfeiern der Überstunden geht dann ja wegen der Freistellung nicht mehr) haben, hängt davon ab, ob die Freistellung “unter Anrechnung von Überstunden” erfolgen soll. Ist das der Fall, entfallen Ihre Ansprüche auf eine Überstundenvergütung. Fehlt eine solche Bestimmung, sind Sie freigestellt und können dann trotzdem noch Ihre Überstundenvergütung verlangen.

Überstunden bei fristloser Kündigung

Liegt der Fall der fristlosen Kündigung vor, gibt es für den Arbeitgeber nur noch die Option, die Überstunden mit Geld auszugleichen. Denn bei der fristlosen Kündigung wird das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet. Es kann also kein Freizeitausgleich mehr gewährt werden, da es keine Kündigungsfrist gibt. Im Fall der fristlosen Kündigung sind Überstunden daher i.d.R. immer zu vergüten. Übrigens unabhängig davon, ob die fristlosen Kündigung berechtigt war oder nicht.

Überstunden und Aufhebungsvertrag

Abgesehen von der Kündigung kann ein Arbeitsvertrag auch durch einen Aufhebungsvertrag beendet werden. Dabei sollten Arbeitnehmer auf etwaige Klauseln zu Überstunden achten. Arbeitgeber versuchen oft, sich einen Vorteil zu verschaffen, indem sie in den Aufhebungsvertrag Klauseln aufnehmen, durch die u.a. Ansprüche aus Überstunden erledigt werden (ggf auch im Zusammenhang von Aufhebungsvertrag und Ausgleichsquittung – dazu gleich). Sie sollten einen Aufhebungsvertrag nie sofort unterschreiben. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und nehmen Sie sich Zeit den Vertrag genau durchzulesen und sich zu entscheiden. Es ist ratsam, sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen, bevor Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben.

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Achtung: Ausschlussfristen und Ausgleichsquittungen!

Arbeitsverträge können sogenannte “Ausschlussfristen” enthalten. Ansprüche, die der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber hat (z.B. der Anspruch auf Überstundenvergütung) verfallen, wenn sie nicht innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht werden. Da diese Fristen ziemlich kurz sein können, sollten Sie Ihre Überstunden nach einer Kündigung schnell einfordern, da Sie sonst Gefahr laufen könnten, die Ausschlussfrist zu verpassen. Machen Sie Ihre Ansprüche nicht innerhalb dieser Frist gelten, verfallen Ihre Ansprüche. Gibt es keine vertraglichen Ausschlussfristen, gilt die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren.

Auch sollten Sie vorsichtig sein, wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses eine Ausgleichsquittung gibt, die Sie unterschreiben sollen. Die Wirkung ist ähnlich wie die der Ausschlussfrist. Unterschreiben Sie eine Ausgleichsquittung, bedeutet das, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis als abgegolten gelten. Auch dann können Sie keine Überstundenvergütung mehr verlangen. 

Was tun, wenn der Arbeitgeber Überstunden nach Kündigung nicht zahlt?

Wenn der Arbeitgeber nach einer Kündigung die Überstunden nicht auszahlt, ist es ratsam, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren. Dieser kann genau prüfen, ob ein Anspruch auf Zahlung besteht.

In den meisten Fällen ist es sinnvoll, den Arbeitgeber schriftlich um die Auszahlung der Überstunden nach Ihrem Austritt zu bitten. Sollte der Arbeitgeber weiterhin ablehnen, wird der Fachanwalt ein entsprechendes Schreiben verfassen und im schlimmsten Fall rechtliche Schritte einleiten.

FAQ zu Überstunden bei Kündigung

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