Arbeitslosengeld bei Aufhebungsvertrag – Sperrzeiten vermeiden!

Arbeitslosengeld bei Aufhebungsvertrag: Wie ist die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu umgehen

Arbeitnehmer, die einen Aufhebungsvertrag abschließen wollen, sollten sich vor Vertragsschluss auch über mögliche Konsequenzen für ihr Arbeitslosengeld informieren. Denn der Abschluss eines Aufhebungsvertrages ohne „wichtigen Grund“ kann zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen. Details zum Katalog der „wichtigen Gründe“ und generell zum Arbeitslosengeld bei Aufhebungsvertrag erfahren Sie im folgenden Artikel.

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Das Wichtigste im Überblick
  • Vor Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrag sollte der Arbeitnehmer die Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld mit dem Anwalt oder der Agentur für Arbeit klären. 
  • Voraussetzungen: Eine Sperrzeit wird verhängt, wenn (1) der Arbeitnehmer sich „versicherungswidrig“ verhält und (2) es keinen „wichtigen Grund“ gibt. 
  • Ein versicherungswidriges Verhalten liegt vor, da der Arbeitnehmer durch seine Zustimmung zum Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnisses beendet.
  • Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerordentlich kündigen dürfte. Weitere Gründe ergeben sich aus einer Geschäftsanweisung der Agentur für Arbeit.
  • Folgen: Die Sperrzeit führt zu einer späteren und gekürzten Auszahlung des Arbeitslosengeldes.

Aufhebungsvertrag als Alternative zur Kündigung

Wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden will, kann er einen Aufhebungsvertrag anbieten, anstatt zu kündigen. Auf den ersten Blick erscheint das attraktiv. Bei näherer Betrachtung können sich hinter diesem Angebot aber unerwartete Nachteile verbergen. In diesem Artikel zeigen wir auf, welche Punkte ein Arbeitnehmer bei einem Aufhebungsvertrag unbedingt beachten sollte. Und wie man eine Sperrfrist nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags verhindern kann.

Voraussetzungen einer Sperrzeit

Wenn ein Arbeitnehmer in Deutschland den Job verliert, besteht in den meisten Fällen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Es gibt jedoch Situationen, in denen der Arbeitnehmer zwar arbeitslos ist, jedoch von der Agentur für Arbeit zunächst kein Geld erhält, da er in diesem Fall „gesperrt“ ist.  Der Anspruch auf Arbeitslosengeld “ruht” für die Dauer einer Sperrzeit, wenn deren Voraussetzungen1 vorliegen, nämlich dass: 

  • der Arbeitnehmer sich „versicherungswidrig“ verhält und
  • es hierfür keinenwichtigen Grund“ gibt. 

Das „und“ sagt es schon: Beide Voraussetzungen müssen gleichzeitig vorliegen, damit die Agentur für Arbeit eine Sperre verhängen kann. Zweck dieser Regelungen ist es, die Gemeinschaft der Versicherten gegen Risikofälle (Arbeitslosigkeit) zu schützen, wenn der versicherte Arbeitnehmer den Eintritt der Arbeitslosigkeit selbst zu vertreten hat. Was oft dazu führt, dass es für den Arbeitnehmer zunächst kein Arbeitslosengeld beim Aufhebungsvertrag gibt.

Dabei ist die Sperre ein häufig von der Agentur für Arbeit genutztes Instrument: Allein im November 2024 hat die BA fast 70.000 Sperren verhängt.

1. Voraussetzung: Versicherungswidriges Verhalten

Die erste Voraussetzung eines „versicherungswidrigen Verhaltens“ ist meist erfüllt, wenn der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag abschließt. Denn in diesem Fall setzt er durch sein Verhalten (Zustimmung zum Aufhebungsvertrag) die Ursache zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Es ist hier unerheblich, wer die Initiative zum Abschluss des Aufhebungsvertrages ergriffen hat. 

2. Voraussetzung: “Wichtiger Grund“ für das Verhalten liegt vor

Ein versicherungswidriges Verhalten allein reicht für die Verhängung einer Sperrzeit nicht aus. Hatte der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für sein Verhalten, muss Arbeitslosengeld bei Aufhebungsvertrag gezahlt werden. Fehlt ein wichtiger Grund, wird eine Sperrzeit verhängt.

Allgemein gilt: Ein wichtiger Grund liegt immer dann vor, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung seiner Interessen kein anderes Verhalten zugemutet werden kann.

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Wichtiger Grund: Arbeitnehmer dürfte fristlos kündigen 

Ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages liegt vor, wenn der Arbeitnehmer zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigt wäre und ihm eine zukünftige Weiterbeschäftigung unzumutbar ist. Beispiele für “wichtige Gründe” aus der Rechtsprechung, die gegen eine Sperrzeit sprechen: 

  • Arbeitnehmer ist ein Mobbingopfer: Das Bundessozialgericht2 hat hier entschieden, dass bei berechtigten Mobbingvorwürfen keine Sperrzeit verhängt werden kann. Einem Arbeitnehmer kann nicht zugemutet werden, auf Kosten seiner Gesundheit zu arbeiten. Es müssen jedoch ausreichende Tatsachen vorliegen, die die Beschäftigung aufgrund des Mobbings unzumutbar machen. Allgemeine Behauptungen reichen hier nicht aus. 
  • Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
  • Unrechtmäßiges oder sozial inadäquates Verhalten des Vorgesetzten
  • Zusage für neue Stelle: Arbeitsloser hatte eine Zusage für eine neue Stelle, der Arbeitsvertrag kam aber unverschuldet tatsächlich nicht zustande.
  • Überforderung: Der Arbeitslose war im Arbeitsverhältnis überfordert. Hier ist ein ärztliches Attest erforderlich.
  • Familiäre Gründe: Eigenkündigung erfolgt aufgrund familiärer Gründe, wie z.B. Familienzusammenführung. Das kann das Zusammenleben von Ehepartnern sowie das Zusammenziehen von Partnern zur gemeinsamen Sorge um Kinder betreffen.3
  • Pflege von Familienangehörigen: Aufgabe des Arbeitsplatzes wegen der Pflege eines Familienangehörigen.

Tipp: Zwar muss die Agentur für Arbeit ermitteln, ob die Voraussetzungen für eine Sperrzeit vorliegen. Behauptet der Arbeitnehmer jedoch Gründe, die eine Sperrzeit vermeiden, sollte er dies auch belegen. Für den Nachweis dieser Gründe sind Dokumente erforderlich, wie z.B. ein ärztliches Attest, Nachweise über belastende Gespräche oder Zustände am Arbeitsplatz, ausführliche Schilderungen der Situation, Lohnabrechnungen oder Kontoauszüge etc.

Wichtiger Grund: Anweisung der Arbeitsagentur

Daneben regelt die Agentur für Arbeit in einer Geschäftsanweisung (eine interne verbindliche Regelung) konkrete Richtlinien, wann ein „wichtiger Grund“ bei einem Aufhebungsvertrag vorliegt und deshalb auch Arbeitslosengeld bei Aufhebungsvertrag gezahlt werden muss:  

  • Der Arbeitnehmer hat zur Vermeidung einer personenbedingten Kündigung (z.B. krankheitsbedingt) einen Aufhebungsvertrag ohne Abfindung abgeschlossen. Der Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis zum gleichen Zeitpunkt wie die Kündigung.
  • Der Arbeitnehmer schließt einen Aufhebungsvertrag ab, um im Rahmen eines Sozialplans in eine Transfergesellschaft zu wechseln.
  • Der Arbeitnehmer schließt einen Aufhebungsvertrag ab, um aus einer Transfergesellschaft in eine selbständige Tätigkeit zu wechseln.
  • Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer (1) eine betriebsbedingte oder personenbedingte  Kündigung mit Bestimmtheit in Aussicht. (2) Der Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis nicht früher, wie die in Aussicht gestellte Arbeitgeberkündigung. (3) Es wird eine Abfindung von maximal 0,5 Monatsgehältern gezahlt. Hier kommt es auf die Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung nicht an.
  • Der Arbeitnehmer vermeidet durch den Aufhebungsvertrag objektive Nachteile für sein berufliches Fortkommen (z.B. keine Aufstiegschancen). 
  • Der Arbeitnehmer befürchtet andere objektive Nachteile wegen der angedrohten Arbeitgeberkündigung: z.B. der Verlust einer höheren Abfindungen über 0,5 Monatsgehälter/Beschäftigungsjahr. Hier muss die angedrohte Arbeitgeberkündigung rechtmäßig sein.

Tipp: Es gibt also zahlreiche Ausnahmen, bei denen Arbeitslosengeld bei Aufhebungsverträgen gezahlt werden muss:  Bevor der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag ohne Anschlussbeschäftigung unterzeichnet, sollte er die Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld mit dem Anwalt oder der Agentur für Arbeit klären. Der Arbeitnehmer soll sich vom Arbeitgeber einen Entwurf des Aufhebungsvertrags geben lassen. Der Anwalt oder der zuständige Sachbearbeiter bei der Arbeitsagentur sollte den Entwurf prüfen und mitteilen, ob mit einer Sperrzeit zu rechnen ist. Würde die Arbeitsagentur aufgrund des vorgelegten Entwurfs zu Recht eine Sperrzeit verhängen, sollte der Arbeitnehmer in jedem Fall den Aufhebungsvertrag vor Unterzeichnung neu verhandeln oder auf eine Kündigung durch den Arbeitgeber warten.

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Praxistipp: Formulierungen im Aufhebungsvertrag

Um Sperrzeiten zu vermeiden, sollte der Aufhebungsvertrag bereits den Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beinhalten, so z. B.:

“Aufhebungsvertrag zwischen …

Es besteht ein Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom … Der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers … entfällt aufgrund der betrieblichen  Umstrukturierung … ersatzlos. Zur Vermeidung einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber schließen die Arbeitsvertragsparteien folgenden Aufhebungsvertrag ab:

§ 1 Beendigungstermin

(1) Das Arbeitsverhältnis wird auf Veranlassung des Arbeitgebers unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist mit dem Ablauf vom …   [Beendigungstermin] enden….”

Oder bei krankheitsbedingten Kündigungen:

“§1 … Der Arbeitnehmer… ist aufgrund seiner gesundheitlichen Situation nicht mehr in der Lage, seine bisherige Tätigkeit auszuüben. Andere geeignete Arbeitsplätze im Unternehmen sind nicht gegeben, sodass das Arbeitsverhältnis zur Vermeidung einer ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung und unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum xxx beendet wird .”

Die Agentur für Arbeit prüft neben der Formulierung im Aufhebungsvertrag natürlich auch den tatsächlichen Hintergrund. Deshalb sollten entsprechende Nachweise, wie ein Arbeitsvertrag (für die Kündigungsfrist) oder ärztliche Atteste (bei krankheitsbedingter Kündigung) etc. im Vorfeld organisiert werden.

Musterwiderspruch gegen Sperrzeit

Einen Musterwiderspruch – dessen Begründung (vor allem die Teile in [eckigen Klammern]) Sie aber unbedingt noch anpassen müssten – können Sie hier übernehmen oder weiter unten als PDF herunterladen: 

Per Einschreiben

Bundesagentur für Arbeit 

 _____________ (Ort)

_____________ (Anschrift)

Arbeitslosengeld (Geschäftszeichen: _____________)

Widerspruch gegen Bewilligungs- und Sperrzeitbescheid vom _____________

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der oben genannten Angelegenheit legen wir gegen den Bescheid vom _____________ (Geschäftszeichen: _____________, Bewilligungs- sowie Sperrzeitbescheid)

Widerspruch ein.

Begründung:

Der Sperrzeitbescheid ist rechtswidrig und aufzuheben, da die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III nicht gegeben sind. Damit fehlt es auch an einer Grundlage für die Kürzung der Anspruchsdauer.

Die Verhängung einer Sperrzeit durfte vorliegend nicht erfolgen, da ich für die Beteiligung an der Lösung meines Beschäftigungsverhältnisses einen wichtigen Grund i.S.d. § 159 Abs. 1 S. 1 SGB III hatte:

[▪ Die Kündigung ist durch die Arbeitgeberin mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden und wäre auch aus betriebsbedingten Gründen erfolgt (siehe § 1 des als Anlage Ast. 1 beigefügten Aufhebungsvertrages).]

[▪ Die Kündigung hätte das Arbeitsverhältnis zum gleichen Zeitpunkt beendet und die dabei einzuhaltende Kündigungsfrist wurde auch durch den Aufhebungsvertrag eingehalten (siehe ebenfalls § 1 des bereits als Anlage Ast. 1 beigefügten Aufhebungsvertrages sowie § 12 des als Anlage Ast. 2 beigefügten Arbeitsvertrages i.V.m. § 622 BGB).]

Für die Verhängung einer Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III sowie für die Kürzung der Anspruchsdauer ist demnach kein Raum. Der Sperrzeitbescheid ist dementsprechend aufzuheben und der Bewilligungsbescheid entsprechend abzuändern, da ich Anspruch auf ungekürzte Gewährung von Arbeitslosengeld habe.

Mit freundlichen Grüßen

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

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  1. § 159 SGB III ↩︎
  2. BSG 21.10.2003, B 7 AL 92/02 R ↩︎
  3. BSG 17.10.2007, B 11a/7a AL 52/06 R ↩︎

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