Ist eine Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug rechtlich möglich?

  • Timo Sauer
  • 28. August 2024
  • 16:21
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Arbeitszeitbetrug stellt im Arbeitsrecht einen gravierenden Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar und kann für Arbeitnehmer weitreichende Konsequenzen haben. Dabei handelt es sich um die bewusste Falschangabe der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit, entweder durch Vortäuschung von Arbeitsstunden oder das Verschweigen von Abwesenheiten während der Arbeitszeit. Diese Form des Fehlverhaltens kann nicht nur zu Abmahnungen, sondern in schwerwiegenden Fällen auch zur fristlosen Kündigung führen. Unternehmen betrachten Arbeitszeitbetrug nicht nur als Vertrauensbruch, sondern auch als wirtschaftlichen Schaden, weshalb sie in der Regel konsequent gegen solche Verstöße vorgehen. Für die betroffenen Mitarbeiter kann dies neben dem Jobverlust auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. In dieser Einführung beleuchten wir die verschiedenen Aspekte und Folgen des Arbeitszeitbetrugs im Kontext von Kündigungen – und wie sich Arbeitnehmer sich gegen eine Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug zur Wehr setzen können.

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Das Wichtigste zum Thema: Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug
  • Begriffserklärung Arbeitszeitbetrug: Arbeitszeitbetrug bezeichnet die bewusste Falschangabe der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit durch den Arbeitnehmer. Lediglich Unpünktlichkeit gilt hierbei nicht als Arbeitszeitbetrug.
  • Maßnahmen durch den Arbeitgeber: Der Arbeitgeber ist berechtigt, bei festgestelltem Arbeitszeitbetrug eine Abmahnung auszusprechen. Eine Kündigung nach einer Abmahnung desselben Vorwurfs ist grundsätzlich nicht zulässig. In schwerwiegenden Fällen kann jedoch eine Kündigung erfolgen, wobei auch eine fristlose Kündigung bei besonders schweren Verstößen nicht ausgeschlossen ist.
  • Strafrechtliche Folgen: Arbeitszeitbetrug stellt eine strafbare Handlung dar. Die Staatsanwaltschaft kann in solchen Fällen Ermittlungen einleiten.
  • Empfehlungen für betroffene Arbeitnehmer: Arbeitnehmer, die von einer Kündigung betroffen sind, sollten schnellstmöglich einen Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultieren. Der Anwalt kann die Möglichkeiten prüfen, gegen die Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug vorzugehen oder eine Abfindung auszuhandeln.

Arbeitszeitbetrug – Welche Verhaltensweisen zählen dazu?

Arbeitszeitbetrug ist ein schwerwiegendes Fehlverhalten, das in unterschiedlichsten Formen auftreten kann und sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer betrifft. Es geht dabei um Handlungen, die weniger Arbeitsleistung als vertraglich vereinbart oder falsche Angaben zur geleisteten Arbeitszeit beinhalten. Im folgenden Artikel geben wir einen umfassenden Überblick darüber, was genau unter Arbeitszeitbetrug fällt und welche Konsequenzen dies haben kann.

Was versteht man unter Arbeitszeitbetrug?

Arbeitszeitbetrug umfasst eine Vielzahl von Verstößen gegen die vereinbarte Arbeitszeit, die absichtlich oder absichtsvoll begangen werden. Das Hauptmerkmal ist, dass Arbeitnehmer während ihrer Dienstzeiten weniger arbeiten als vertraglich vorgeschrieben. Dies kann in unterschiedlichen Formen auftreten, wie zum Beispiel durch regelmäßige private Telefonate während der Arbeitszeit oder häufiges Zuspätkommen.

Vertragliche Verpflichtungen zur Arbeitszeit

Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren in der Regel eine bestimmte Arbeitszeit, die oft in Wochenstunden angegeben wird. Diese Arbeitszeiten können in individuellen Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen festgehalten sein. Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihre Arbeitsleistung während dieser festgelegten Zeiten zu erbringen. Tun sie dies nicht im vereinbarten Umfang oder machen falsche Angaben über ihre Arbeitszeiten, handelt es sich um Arbeitszeitbetrug.

Häufige Formen von Arbeitszeitbetrug

  • Unrichtige Angaben zu Überstunden: Arbeitnehmer behaupten, Überstunden gemacht zu haben, obwohl das nicht der Fall ist.
  • Unentschuldigtes Fernbleiben: Arbeitnehmer bleiben ohne vorherige Meldung oder Dokumentation ihrem Arbeitsplatz fern.
  • Verspäteter Arbeitsbeginn: Wiederholtes Zuspätkommen ohne die versäumte Zeit nachzuarbeiten.
  • Private Internetnutzung während der Arbeitszeit: Nutzung des Internets für private Zwecke, auch im Home Office.
  • Private Telefonate während der Arbeitszeit: Häufige private Telefonate während der Arbeitszeit, auch im Home Office.
  • Unangemeldetes Verlassen des Arbeitsplatzes: Arbeitnehmer verlassen ihren Arbeitsplatz ohne vorherige Benachrichtigung oder Dokumentation.
  • Fehlerhafte Angaben bei der Arbeitszeiterfassung: Eintragung von Stunden, in denen tatsächlich nicht gearbeitet wurde.
  • Manipulation von Zeiterfassungssystemen: Technische Manipulation oder Missbrauch von Zeiterfassungsgeräten oder -systemen.
  • Zu lange oder zu häufige Pausen: Übermäßig lange oder häufige Pausenzeiten.
  • Deklarieren von Pausenzeiten als Arbeitszeit: Erfassung von Pausenzeiten als Arbeitszeit.
  • Falsche Fahrtzeiten im Außendienst: Falsche oder überhöhte Angaben zu Fahrtzeiten im Außendienst.
  • Nicht nachgearbeitete Fehlzeiten: Fehlzeiten werden nicht nachgearbeitet, obwohl dies erforderlich wäre.
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Abmahnung wegen Arbeitszeitbetrugs

Stellt ein Arbeitgeber Arbeitszeitbetrug fest, ist er berechtigt, den betroffenen Mitarbeiter abzumahnen. Mit dieser Maßnahme fordert der Arbeitgeber den Mitarbeiter auf, sein Verhalten zu korrigieren und weist zugleich darauf hin, dass im Falle einer Wiederholung eine Kündigung droht.

Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, gegen unberechtigte Abmahnungen vorzugehen, obwohl dies nicht immer empfehlenswert oder notwendig ist. Wenn sie der Ansicht sind, dass die in der Abmahnung gemachten Angaben nicht der Wahrheit entsprechen, können sie eine Gegendarstellung verfassen. Diese Gegendarstellung wird in die Personalakte aufgenommen und erlaubt es den Arbeitnehmern, ihre eigene Perspektive darzustellen. Sollte es später zu einer Kündigung und einem damit verbundenen Gerichtsverfahren kommen, könnte die Gegendarstellung dazu beitragen, den von der ursprünglichen Abmahnung hinterlassenen negativen Eindruck zu mildern.

Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs

Ein Arbeitszeitbetrug kann zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. Ob dabei vorab eine oder mehrere Abmahnungen notwendig sind, hängt stark von den spezifischen Gegebenheiten ab. Gerichte sind in solchen Fällen meist sehr streng und verlangen oft keine vorherige Abmahnung. Der Hintergrund: Bei einem bestätigten Arbeitszeitbetrug sollte der Mitarbeiter wissen, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht akzeptiert.

Zudem kann auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Hierbei wird das Arbeitsverhältnis sofort und ohne Vorwarnung beendet. Arbeitgeber können diese drastische Maßnahme ergreifen, wenn der Mitarbeiter etwa über einen längeren Zeitraum hinweg, hartnäckig oder besonders raffinierte Täuschungsmanöver eingesetzt hat.

Dennoch haben Arbeitnehmer häufig gute Chancen, sich gegen die Kündigung zu verteidigen. Der Arbeitgeber muss den Vorwurf nämlich klar und umfassend nachweisen können. Um das Risiko eines ungewissen und möglicherweise langwierigen Gerichtsprozesses zu vermeiden, entscheiden sich viele Unternehmen daher oft für eine Abfindung.

Arbeitszeitbetrug Beweislast: Wie werden Arbeitszeitverstößen nachgewiesen?

Unabhängig davon, ob der Arbeitgeber eine Abmahnung oder eine Kündigung aussprechen möchte, muss er belegen können, dass der Arbeitnehmer weniger Arbeitszeit geleistet hat als angegeben. Dieser Nachweis ist oft schwierig, besonders bei flexiblen Arbeitszeitmodellen wie Gleitzeit oder Homeoffice. In einem späteren Gerichtsverfahren sind Zeugenaussagen und Dokumente häufig entscheidend. Falsch ausgefüllte Zeiterfassungsbögen können als Beweismittel dienen, und Augenzeugen können belegen, dass der Arbeitnehmer beispielsweise zu spät im Büro eingetroffen ist.

Es gibt auch andere Beweismethoden, bei denen jedoch das Risiko besteht, dass sie in einem Prozess nicht zugelassen werden:

  • Softwareüberwachung: Eine Möglichkeit ist die Installation von Überwachungssoftware auf dem Computer des Arbeitnehmers. Hierbei muss der Arbeitgeber jedoch vorsichtig sein. Je umfangreicher die Überwachung durch die Software ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Gericht diesen Beweis nicht akzeptiert. Die Einführung solcher Überwachungssoftware sollte sorgfältig abgewogen werden, insbesondere unter Hinzuziehung eines Betriebsrats, falls vorhanden.
  • Browserverlauf: Eine Alternative besteht darin, den Verlauf des Browsers mit den Pausenzeiten des Arbeitnehmers zu vergleichen. Liegt ein konkreter Verdacht vor, kann der Arbeitgeber möglicherweise den Browserverlauf untersuchen. Diese Methode ist vor allem dann relevant, wenn keine weniger invasiven Möglichkeiten zur Überprüfung der Arbeitszeit zur Verfügung stehen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat diese Vorgehensweise in einem Urteil (5 SA 657/15) anerkannt.

Insgesamt ist der Nachweis von Arbeitszeitverstößen eine komplexe Herausforderung, die eine sorgfältige Beweissicherung und den rechtlich einwandfreien Umgang mit Überwachungsmethoden erfordert. Arbeitgeber sollten stets die rechtlichen Rahmenbedingungen beachten, um wirksame und rechtlich zulässige Beweise für eine Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug zu sichern.

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