Kündigung im öffentlichen Dienst: Fristen, Kündigungsschutz, Abfindung

  • Tanja Enke
  • 26. Juli 2024
  • 10:03
Kündigung im öffentlichen Dienst

Das Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst weist einige Besonderheiten auf, die insbesondere im Falle einer Kündigung von Relevanz sind. Für Angestellte und Beamte des öffentlichen Sektors gelten andere Regeln als für Arbeitnehmer der Privatwirtschaft. Tarifvertragliche Vereinbarungen wie z.B. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) oder der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) definieren die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst. Gerade bei einer Kündigung im öffentlichen Dienst ist es für Arbeitnehmer von großer Bedeutung, die Besonderheiten im Öffentlichen Dienst zu kennen, um seine Rechte durchzusetzen.

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Das Wichtigste auf einen Blick
  • Keine Kündigung ohne rechtmäßigen Grund: Eine Kündigung im öffentlichen Dienst erfordert stets einen rechtmäßigen Grund, sei es aus verhaltensbedingten, persönlichen oder betrieblichen Gründen.
  • Erweiterter Kündigungsschutz: Mitarbeiter im Tarifgebiet West, die mehr als 15 Jahre im öffentlichen Dienst tätig sind und das 40. Lebensjahr überschritten haben, genießen erweiterten Kündigungsschutz und können nicht ohne Weiteres ordentlich gekündigt werden.
  • Längere Kündigungsfristen: Im öffentlichen Dienst sind die Kündigungsfristen in der Regel länger als in der Privatwirtschaft.
  • Gute Chancen auf Abfindung: Nach einer Kündigung bestehen oft gute Chancen auf eine Abfindung. Fehlt eine entsprechende Regelung im Tarifvertrag, kann eine Abfindung durch Verhandlungen oder eine Kündigungsschutzklage erreicht werden.
  • Aufhebungsvertrag genau prüfen: Ein Aufhebungsvertrag ist meist nur dann vorteilhaft, wenn er mit einer signifikanten Abfindung verbunden ist.

Das öffentliche Dienstrecht

Das “öffentliche Dienstrecht” ist das Arbeitsrecht, das für die Beschäftigten in der Verwaltung von Bund, Ländern und Kommunen gilt. Dieses spezielle Arbeitsrecht unterscheidet sich z.T. erheblich vom allgemeinen Arbeitsrecht:

Tarifverträge: 

  • Es gelten flächendeckend Tarifverträge 
  • Wichtig sind der TVöD und der TV-L, die sehrdetaillierte Regelungen enthalten.

Gewerkschaften: 

  • Viele Beschäftigte sind in Gewerkschaften organisiert, was zu zahlreichen Dienstvereinbarungen führt.

Kündigungsschutz: 

  • Beschäftigte können nur aus wichtigem Grund gekündigt werden, insbesondere nach einer gewissen Dauer der Betriebszugehörigkeit.
  • Zum Beispiel: Im TVöD können Beschäftigte, die über 40 Jahre alt sind und länger als 15 Jahre im Dienst stehen, nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden.

Der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVÖD)

Je nach Ihrem Beschäftigungsverhältnis – ob im Bundesdienst oder im Landesdienst – finden unterschiedliche Tarifverträge Anwendung. Der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVöD) hat den früheren Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) abgelöst und ist primär für Angestellte des Bundes und der Kommunen relevant. Für Mitarbeiter der Länder, einschließlich der kommunalen Einrichtungen, sind die Regelungen des Tarifvertrags der Länder (TV-L) maßgeblich, ausgenommen ist hier Hessen, in dem der TV-H Anwendung findet.

Die Vorschriften und Bedingungen zur Kündigung im öffentlichen Dienst sind in beiden Tarifverträgen nahezu identisch und sind in den §§ 30 ff des TVöD sowie des TV-L verankert.

Besonderheiten des TVöD und TV-L für bestimmte Personengruppen:

  1. Geltungsbereich prüfen: Bestimmte Gruppen, wie beispielsweise leitende Angestellte, Chefärzte oder wissenschaftliche Mitarbeiter an Universitäten sowie Ortskräfte, die bei deutschen Dienststellen im Ausland beschäftigt sind, fallen nicht unter den TVöD (§ 1 TVöD).
  2. Beamtenstatus beachten: Für verbeamtete Beschäftigte gelten abweichende Regelungen. In diesem Fall spricht man von einer “Entlassung” anstelle einer Kündigung. Die Entlassung von Bundesbeamten wird im Bundesbeamtengesetz geregelt, während für Landesbeamte die Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes zur Anwendung kommen.
  3. Arbeitsvertragliche Verweisklauseln: Die Bestimmungen der Tarifverträge im öffentlichen Dienst können auch durch arbeitsvertragliche Verweisklauseln zur Anwendung kommen.

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Kündigungsfrist im öffentlichen Dienst nach TVÖD

Die Kündigung im öffentlichen Dienst unterliegt speziellen gesetzlichen Regelungen, die sich von den Kündigungsfristen in der Privatwirtschaft unterscheiden. Die Kündigungsfristen sind anstelle im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 622 BGB) im § 34 TVöD geregelt und variieren je nach Beschäftigungsart und Dienstalter. Für die Beendigung von unbefristeten Arbeitsverhältnissen gelten die folgenden gesetzlichen Fristen:

Kündigungsfristen im TVÖD nach Betriebszugehörigkeit

Für die Kündigung von befristeten Verträgen im Öffentlichen Dienst bestehen separate Regelungen, die ebenfalls im TVöD bzw. TV-L gesondert aufgeführt sind.

Um das Dienstverhältnis eines Beamten vorzeitig zu beenden, gelten die speziellen Regelungen des Bundesbeamtengesetzes (BBG) und des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG).

Die Kündigungsgründe im öffentlichen Dienst unterscheiden sich nicht von den allgemeingültigen Gründen einer Kündigung. Welche Kündigungsgründe vorliegen können, lesen Sie am besten in unserem gesonderten Artikel zum Thema Kündigungsgründe.

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Berechnung der Beschäftigungszeit

Bei der Berechnung der Beschäftigungszeit stellt sich die Frage, wie Unterbrechungen, Sonderurlaub oder ein Wechsel der Dienststelle zu berücksichtigen sind. Auf Grundlage von § 34 Abs. 3 TVöD sind folgende Punkte zu beachten:

  • Unterbrechungen abziehen: Alle Beschäftigungszeiten unter der Geltung des TVÖD zählen. Jedoch sind Zeiten einer Unterbrechung, wie Sonderurlaub oder befristete Arbeitsverhältnisse, abzuziehen. Die Zeiten davor bleiben erhalten, auch wenn die Unterbrechung selbst nicht angerechnet wird.
  • Sonderurlaub: Wenn vor dem Sonderurlaub ein dienstliches Interesse anerkannt wurde, wird dieser Urlaub ebenfalls als Beschäftigungszeit angerechnet.
  • Unabhängigkeit von Gründen: Es ist unerheblich, warum es zu einer Unterbrechung kam oder ob diese vom Arbeitnehmer selbst verursacht wurde. Dies betrifft sowohl Eigenkündigungen als auch Kündigungen durch den Arbeitgeber.
  • Wechsel der Dienststelle: Bei einem Wechsel zu einer neuen Dienststelle oder einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber werden die vorherigen Beschäftigungszeiten anerkannt.

Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst

Der Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst ist komplex und umfasst sowohl allgemeine als auch spezifische Regelungen.

  1. Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst: 

Angestellte im öffentlichen Dienst, die in Einrichtungen mit mehr als zehn Mitarbeitern tätig sind, fallen unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dies bedeutet, dass Kündigungen nur aus persönlichen, verhaltensbedingten oder betrieblichen Gründen rechtens sind. Die allgemeinen Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes gelten uneingeschränkt und ergänzen die spezifischen Regelungen des § 34 TVöD.

  1. Sonderkündigungsschutz und außerordentliche Kündigung: 

Beim Sonderkündigungsschutz – etwa für werdende Mütter oder Menschen mit Schwerbehinderung – gelten im öffentlichen Dienst dieselben gesetzlichen Rahmenbedingungen wie in der Privatwirtschaft. Dies umfasst unter anderem das Mutterschutzgesetz und das Schwerbehindertenrecht. Das Gleiche gilt für die außerordentliche Kündigung,

  1. Unkündbarkeit bei langer Betriebszugehörigkeit: 

Arbeitnehmer, die älter als 40 Jahre sind und im Tarifgebiet West (den alten Bundesländern) mehr als 15 Jahre beschäftigt waren,  sind vor ordentlichen Kündigungen geschützt, § 34 Abs. 2 TVöD. Diese Regelung bietet einen besonderen Schutzstatus für langjährige Beschäftigte. Beschäftigte, die am 30. September 2005 gemäß dem alten Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) als unkündbar galten, behalten diesen Status bei. Eine Kündigung aus wichtigem Grund (außerordentliche Kündigung) bleibt jedoch möglich. Allerdings unterliegt diese sehr hohen Anforderungen und ist nur innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis möglich, § 626 Abs. 2 BGB.

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Abfindung bei Kündigung im öffentlichen Dienst

Im öffentlichen Dienst kann die Frage der Abfindung besonders bei Stellenabbau , sprich betriebsbedingten Kündigungen, relevant werden. Der Tarifvertrag zur sozialen Absicherung (TVsA) sieht vor, dass bei kollektivem Personalabbau Abfindungen gezahlt werden, die je nach Betriebszugehörigkeit zwischen einem halben und sieben Monatsgehältern liegen. Diese Regelung gilt jedoch nur für Massenentlassungen, nicht für Kündigungen eines einzelnen Arbeitnehmers.

Für individuelle Kündigungen besteht grundsätzlich keine gesetzliche Pflicht zur Abfindung. Laut der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt die Kündigung eines einzelnen Arbeitnehmers auch nicht automatisch zur Zahlung einer  Abfindung. (BAG vom 19.06.2012, Aktenzeichen 1 AZR 137/11)

In der Praxis kann jedoch eine Abfindung angeboten werden, wenn der gekündigte Arbeitnehmer mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht  eine Kündigungsschutzklage einreicht. Um langwierige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, bieten öffentliche Arbeitgeber oft Abfindungen im Rahmen eines Aufhebungsvertrags an. In solchen Verhandlungen kann die Abfindung häufig über den im TVsA festgelegten Betrag hinausgehen, was den Arbeitnehmern ermöglicht, durch geschickte Verhandlungen eine faire Abfindung zu erzielen.

Zusammenfassung

  • Eine Kündigung durch Ihren Arbeitgeber setzt zwingend einen rechtmäßigen Grund voraus – sei es wegen Verhalten, persönlichen Umständen oder aus betrieblichen Erfordernissen. Diese Vorgabe trifft auch auf den öffentlichen Dienst zu.
  • Mitarbeiter, die mehr als 15 Jahre im öffentlichen Dienst tätig sind und das 40. Lebensjahr überschritten haben, genießen im Tarifgebiet West einen erweiterten Kündigungsschutz und können daher nicht ohne Weiteres ordentlich gekündigt werden.
  • Die Kündigungsfristen für Angestellte des öffentlichen Diensts sind in der Regel ausgedehnter als in der freien Wirtschaft.
  • Nach Erhalt einer Kündigung stehen die Chancen für eine Abfindung oft günstig. Sollte keine entsprechende Regelung im Tarifvertrag vorliegen, ist eine Verhandlung über eine Abfindung oder deren gerichtliche Durchsetzung im Rahmen einer Kündigungsschutzklage möglich.
  • Ein Aufhebungsvertrag erweist sich für den Arbeitnehmer meist nur dann als günstig, wenn dieser mit einer signifikanten Abfindung einhergeht.
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