Kündigung wegen psychischer Erkrankung oder Burnout möglich?

Kündigung wegen psychischer Erkrankung

Eine Kündigung wegen psychischer Erkrankung oder Burnout ist keine Seltenheit. Laut Gesundheitsreport der Krankenkassen haben sich die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten mehr als verdreifacht. Eine Kündigung wegen psychischer Erkrankung oder Burnout folgt den gleichen Regeln wie eine krankheitsbedingte Kündigung aufgrund körperlicher Erkrankungen. Dieser Beitrag informiert Sie über die Voraussetzungen einer solchen Kündigung.

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Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Eine Kündigung wegen einer psychischen Erkrankung ist eine krankheitsbedingte Kündigung. Der Arbeitgeber muss nachweisen: (1) Eine “negative Gesundheitsprognose”, (2) erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Abläufe oder wirtschaftlicher Interessen, (3) die Kündigung muss das “mildeste Mittel” sein und eine Interessenabwägung fällt zugunsten des Arbeitgebers aus.
  • Es besteht keine rechtliche Verpflichtung, den Krankheitsgrund gegenüber dem Arbeitgeber offenzulegen. 
  • Vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder Ausspruch einer Eigenkündigung wegen einer psychischen Erkrankung ist zu klären, ob die Agentur für Arbeit Sperrzeiten verhängt.
  • Nach Erhalt einer Kündigung wegen psychischer Erkrankung kann der Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage erheben.

Voraussetzungen einer Kündigung wegen psychischer Erkrankung

Psychische Erkrankungen stehen laut Information der Krankenkassen an dritter Stelle der Gründe für eine Arbeitsunfähigkeit. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Depressionen, Angststörungen, Belastungs- und Anpassungsstörungen. Der sogenannte Burnout (Erschöpfung) ist in der Medizin keine “anerkannte” Krankheit, sondern vielmehr die Ursache für psychische Erkrankungen.

Der Arbeitgeber kann aufgrund einer psychischen Erkrankung eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen. Diese muss folgende Voraussetzungen erfüllen:  

1. Voraussetzung: Negative Gesundheitsprognose

Der Arbeitgeber muss bei Ausspruch einer Kündigung aufgrund einer psychischen Erkrankung eine “negative Gesundheitsprognose” nachweisen. Dies bedeutet: Es muss abzusehen sein, dass der Arbeitnehmer aufgrund der psychischen Erkrankung auch in Zukunft länger als 6 Wochen pro Jahr arbeitsunfähig sein wird.

Die Absehbarkeit künftiger Fehlzeiten kann sich durch einen Blick auf vergangene Fehlzeiten ergeben: Hat ein Arbeitnehmer z. B. seit Beginn des Arbeitsverhältnisses oder zumindest über die letzten drei Jahre jedes Jahr überdurchschnittlich hohe Krankheitszeiten, so muss der Arbeitgeber die Häufigkeit der vergangenen Fehlzeiten und die entstandenen Entgeltfortzahlungskosten vortragen und beweisen. Aus diesen Krankheitszeiten und Kosten kann je nach individueller Situation eine negative Zukunftsprognose abgeleitet werden. 

Neben den Fehlzeiten können auch weitere Umstände des Einzelfalls für oder gegen eine negative Zukunftsprognose sprechen:

  • Verlauf von Therapien: Gehen Fehlzeiten nach erfolgter Therapie nach unten, kann dies gegen eine negative Prognose sprechen. Oder umgekehrt!
  • Eine positive gesundheitliche Beurteilung des medizinischen Dienstes kann gegen eine negative Prognose sprechen.
  • Ärztliche Stellungnahmen oder Gutachten können ebenso gegen eine negative Prognose sprechen. Solche Stellungnahmen sind nur möglich, wenn der Arbeitnehmer den Arzt von seiner Schweigepflicht entbindet.

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2. Voraussetzung: Betriebsablaufstörungen oder Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen

Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Fehlzeiten aufgrund der psychischen Erkrankung zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Belastungen führen  (z. B. Lohnfortzahlung, Ersatzkräfte, Überlastung der Kollegen etc.).

Hier ist im Einzelfall zu unterscheiden, ob die psychische Erkrankung zu häufigen Kurzerkrankungen oder einer langanhaltenden Fehlzeit führt. Entsprechend können die betrieblichen Abläufe gestört und der Arbeitgeber wirtschaftlich belastet sein:

  • Beispiel: Führt eine Depression zu kurzen, aber häufigen Fehlzeiten, ist es für den Arbeitgeber schwieriger, den Betriebsablauf zu planen. Es treten Fragen auf: Wie lange fehlt der Arbeitnehmer, wer übernimmt kurzfristig die Arbeit, bleibt die Arbeit liegen oder wird sie auf Kollegen übertragen? Wie sieht die Entgeltfortzahlung aus? 
  • Fällt ein Arbeitnehmer aufgrund einer psychischen Erkrankung länger als 6 Wochen aus, so ist die wirtschaftliche Belastung nach 6 Wochen wegen Wegfalls der Lohnfortzahlung geringer, die Planung für einen Ersatz ist oft einfacher und langfristig planbarer. 

All dies sind Umstände, die der Arbeitgeber darlegen und beweisen muss. 

3. Voraussetzung: Kündigung ist das mildeste Mittel

Es darf kein milderes Mittel wie die Kündigung geben. Diese können je nach Einzelfall sein:

  • Prüfung, ob andere zumutbare Arbeitsplätze vorhanden sind, die auch für den Arbeitgeber wirtschaftlich vertretbar sind. Gerade bei Depressionen, die im Zusammenhang mit der Arbeit stehen, stellen die Arbeitsgerichte höhere Anforderungen an die Frage der alternativen und milderen Maßnahmen, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden darf. Viele Kündigungen können hieran scheitern.
  • Anpassung der Arbeitszeit (vorübergehende Teilzeit zur Entlastung, Wegfall von Schichtarbeit etc.)
  • Ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) kommt regelmäßig als milderes Mittel in Betracht. Der Arbeitgeber ist zur Einladung eines BEM verpflichtet, wenn der Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank war. Unterlässt er ein solches, wird die Kündigung aber nicht automatisch unwirksam. Es wird jedoch bei der Interessenabwägung negativ für den Arbeitgeber berücksichtigt. Hinweis: Lehnt der Arbeitnehmer die Teilnahme an einer solchen Maßnahme ab, kann sich dies nicht negativ auf die Interessenabwägung zu Lasten des Arbeitgebers auswirken.

4. Voraussetzung: Interessenabwägung 

Am Ende muss noch eine sorgfältige Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers erfolgen. Ergibt die Abwägung, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist, ist die Kündigung rechtmäßig. Und umgekehrt!

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Darf der Arbeitgeber nach Gesundheitszustand fragen?

Der Arbeitgeber kann im laufenden Arbeitsverhältnis zwar nach dem Krankheitsgrund fragen. Der Arbeitnehmer muss die Frage jedoch nicht beantworten. Es besteht keine rechtliche Verpflichtung, den Krankheitsgrund offenzulegen.  

Der Arbeitnehmer kann dem Arbeitgeber jedoch auf freiwilliger Basis Informationen zu seinem Gesundheitszustand mitteilen. Ein Vorteil kann sein, dass der Arbeitgeber aufgrund der Information den Arbeitsplatz oder das Arbeitsumfeld ändern kann und keine Kündigung ausspricht. Hinweis: Dies sollte der Arbeitnehmer immer mit seinem Rechtsanwalt und Arzt im Vorfeld klären.

Nach Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber in einem späteren Kündigungsschutzprozess eine negative Gesundheitsprognose aufgrund der Fehlzeiten nachweisen. Gelingt ihm dies alleine aufgrund der Fehlzeiten, kann der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess seinen Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Dies ist aber nur empfehlenswert, wenn der Arzt eine positive Gesundheitsprognose bestätigen kann. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Auch dies muss im Vorfeld mit dem Anwalt und Arzt geklärt werden. 

Fristlose Kündigung wegen psychischer Erkrankung

Eine fristlose Kündigung wegen einer körperlichen oder psychischen Erkrankung ist in den meisten Fällen nicht möglich, da die Gerichte meist davon ausgehen, dass es dem Arbeitgeber zumutbar ist, bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu warten. Eine Ausnahme gibt es jedoch bei Arbeitnehmern, die aufgrund eines Arbeits- oder Tarifvertrages ordentlich unkündbar sind. Hier ist nur eine außerordentliche Kündigung mit einer sozialen Auslauffrist (entspricht der ordentlichen Kündigungsfrist) möglich. Aber auch hier sind die Voraussetzungen sehr hoch, da ansonsten der Schutz des betroffenen Arbeitnehmers, nicht mehr ordentlich gekündigt werden zu können, ins Leere ginge. 

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Sperrzeiten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses 

Kündigt der Arbeitgeber aufgrund einer psychischen Erkrankung, wird die Agentur für Arbeit keine Sperrzeiten verhängen.

Neben der Arbeitgeberkündigung kann das Arbeitsverhältnis aber auch durch Aufhebungsvertrag oder Eigenkündigung des Arbeitnehmers beendet werden. Beide Alternativen sind jedoch vorher genau zu prüfen, wenn der Arbeitnehmer keine neue Arbeitsstelle hat und Arbeitslosengeld beantragen muss. Die Agentur für Arbeit kann Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld verhängen, wenn es keinen wichtigen Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gibt. Sperrzeiten können bis zu 12 Wochen dauern. Sie kürzen den Anspruch auf Arbeitslosengeld und führen zu einer späteren Auszahlung. Wurden bei der Eigenkündigung oder beim Aufhebungsvertrag die Kündigungsfristen nicht eingehalten, ruht das Arbeitslosengeld, d. h. es wird später ausgezahlt.

Bei einer Eigenkündigung oder einem Aufhebungsvertrag wegen psychischer Erkrankung ist es wichtig, die Situation mit einem ärztlichen Attest zu belegen, um der Agentur für Arbeit nachweisen zu können, dass die Kündigung aus gesundheitlichen Gründen erfolgt. In solchen Fällen kann die Sperrzeit eventuell vermieden werden. 

Wichtig: Der Arbeitnehmer sollte die Frage der Sperrzeiten vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder vor Ausspruch einer Eigenkündigung aufgrund einer psychischen Erkrankung mit seinem Arzt und/oder Anwalt klären. Diese können dann im Einzelfall entscheiden, ob die Agentur für Arbeit zuvor mit einbezogen werden soll. 

Erste Schritte nach Erhalt der Kündigung

Erhält der Arbeitnehmer eine Arbeitgeberkündigung, so sind immer einige wichtige Schritte zu beachten. 

Zunächst sollte man sich aber bei einem im Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt oder einer Gewerkschaft rechtlichen Rat einholen, welche Erfolgsaussichten eine eventuelle Kündigungsschutzklage im Einzelfall hat. Dabei muss unbedingt die dreiwöchige Frist eingehalten werden. Besonders die Prognose der weiteren gesundheitlichen Entwicklung stellt bei psychischen Erkrankungen eine schwierige Aufgabe für den Arbeitgeber dar. Ein Arbeitnehmer hat daher meist eine starke Verhandlungsposition. Je höher die Prozessrisiken für den Arbeitgeber, je höher die Bereitschaft des Arbeitgebers, eine höhere Abfindung zu zahlen.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

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