Kündigung wegen Beleidigung – welche Optionen haben Arbeitnehmer

  • Timo Sauer
  • 28. August 2024
  • 13:26

Im Idealfall agieren Arbeitnehmer stets respektvoll, freundlich und professionell. Doch die Realität ist oft anders: Zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, Kollegen oder im Umgang mit Kunden können Spannungen und Streitigkeiten entstehen. In hitzigen Momenten kann dann auch schnell eine Beleidigung ausgesprochen werden – doch führt dies tatsächlich zur Kündigung? In diesem Beitrag untersuchen wir, unter welchen Umständen eine Kündigung wegen Beleidigung gerechtfertigt ist und welche gesetzlichen Bestimmungen dabei relevant sind.

Das Wichtigste zum Thema:
  • Verletzung der Nebenpflichten: Beleidigungen verletzen die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses bestehenden Nebenpflichten, die auf gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt basieren.
  • Verhaltensbedingte Kündigung: Unter bestimmten Umständen kann eine gravierende Beleidigung am Arbeitsplatz als Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung herangezogen werden, da sie das Vertrauensverhältnis stark beeinträchtigen kann.
  • Arbeitgeberinteresse: Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, ein respektvolles und vertrauenswürdiges Arbeitsumfeld zu gewährleisten und zu schützen.
  • Fürsorgepflicht des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Mitarbeiter vor beleidigenden Äußerungen und einem giftigen Arbeitsklima zu schützen, um ein respektvolles Arbeitsumfeld zu sichern.
  • Außerberufliche Beleidigungen: Beleidigende Äußerungen mit Bezug zur Arbeit sind auch nach Dienstschluss unzulässig, da der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, nicht in seiner persönlichen Integrität oder seinem Ruf geschädigt zu werden.

Wann spricht man von einer Beleidigung?

Im Strafrecht bezeichnet man eine Beleidigung als einen rechtswidrigen Angriff auf die Ehre einer Person, der durch die Kundgabe von Miss- oder Nichtachtung erfolgt. Ehre umfasst den Anspruch jedes Menschen auf Respekt und Anerkennung seiner Persönlichkeit. Dieses Interesse schützt die Person davor, in ihrer Würde verletzt oder unter ihrem tatsächlichen Wert behandelt zu werden. Diese Definition wurde bereits am 1. Februar 1940 vom Reichsgericht festgelegt und später durch den Bundesgerichtshof am 29. Mai 1951 bestätigt (Az.: 2 St R 153/51 Rn. 4).

Beleidigungen können auf verschiedene Weise auftreten – verbal, durch bildliche Darstellungen oder Handlungen wie Anspucken oder das Zeigen des Mittelfingers. Entscheidend sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls. In einem Handwerksbetrieb herrscht typischerweise ein rauerer Umgangston als in einem Büro, wodurch die Schwelle für das, was als Beleidigung gilt, auf einer Baustelle tendenziell höher angesetzt werden kann.

Da die Meinungsfreiheit in Deutschland grundrechtlich geschützt ist, ist es wichtig, klar zwischen zulässiger Kritik und einer Beleidigung zu unterscheiden.

Die Abgrenzung ist jedoch oft nicht einfach, da auch berechtigte Kritik in einer Weise geäußert werden kann, die als Beleidigung wahrgenommen wird. Daher müssen bei der Beurteilung von Beleidigungen immer die spezifischen Umstände des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt werden.

Voraussetzungen für eine Kündigung wegen Beleidigung

Im Arbeitsverhältnis ist der Arbeitnehmer nicht nur zur Erbringung seiner Hauptleistungspflicht gemäß § 611a Absatz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) verpflichtet – also der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung – sondern auch zur Einhaltung bestimmter Nebenpflichten. Diese Nebenpflichten sind in § 241 Absatz 2 BGB festgelegt.

Beleidigungen, sei es gegenüber Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden, können das Vertrauen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erheblich beschädigen. Unter spezifischen Umständen kann eine Beleidigung am Arbeitsplatz eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn die Beleidigung das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an einem respektvollen und vertrauensvollen Umgang stört.

Der Arbeitgeber ist außerdem verpflichtet, die Arbeitsumgebung seiner Mitarbeiter zu schützen und sicherzustellen, dass ein respektvolles Miteinander herrscht. Auch nach Ende der Arbeitszeit sind beleidigende Äußerungen, die einen Bezug zur Arbeit haben, unzulässig. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, sowohl während als auch außerhalb der Arbeitszeit vor persönlichen Angriffen und rufschädigenden Äußerungen geschützt zu sein.

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Beleidigung vs. sachliche Kritik – Wo verläuft die Grenze?

Zunächst muss festgestellt werden, ob eine bestimmte Aussage überhaupt als Beleidigung angesehen werden kann. Hierbei ist es wichtig, eine klare Unterscheidung zwischen Beleidigung und sachlicher Kritik zu treffen. Grundsätzlich stellt das Äußern von Kritik keinen Kündigungsgrund dar. Juristisch gesehen wird eine Aussage als Beleidigung betrachtet, wenn sie darauf abzielt, die persönliche Ehre einer Person zu schädigen. Kritisches Feedback, das höflich und respektvoll formuliert ist, wird daher nicht als Beleidigung eingestuft.

Der Übergang von Kritik zu Beleidigung hängt in der Praxis oft vom üblichen Kommunikationsstil in der jeweiligen Branche ab. In Bereichen, in denen eine robustere Sprache die Norm ist, könnte eine bestimmte Aussage nicht als Beleidigung aufgefasst werden, während die gleiche Aussage in einer anderen Branche als beleidigend angesehen werden könnte.

Abfindung: Sind Abfindungszahlungen bei einer Kündigung wegen Beleidigung üblich?

Nach einer Kündigung hoffen manche Arbeitnehmer auf eine Abfindungszahlung und träumen schon von einem netten Geldbetrag. Doch Vorsicht – hierbei handelt es sich häufig um ein Missverständnis. Arbeitgeber sind grundsätzlich nicht verpflichtet, rechtmäßig gekündigten Arbeitnehmern eine Abfindung zu zahlen. Insbesondere bei einer Kündigung aufgrund schwerwiegender Beleidigungen ist eine Abfindung eher unwahrscheinlich.

Jedoch kann ein erfahrener Anwalt möglicherweise eine Abfindung verhandeln. Besonders dann, wenn ein Kündigungsschutzprozess Aussicht auf Erfolg hat, stehen die Chancen für eine Abfindungszahlung besser.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Abfindungszahlungen häufig als Teil einer einvernehmlichen Einigung im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens angeboten werden. In solchen Fällen geht es darum, einen langwierigen und kostenintensiven Rechtsstreit zu vermeiden. Arbeitgeber könnten bereit sein, eine Abfindung zu zahlen, um die Angelegenheit schnell und ohne weitere Komplikationen zu klären.

Neben der Schwere der Beleidigung spielt auch die bisherige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers eine Rolle. Wenn ein langjähriger und sonst tadelloser Mitarbeiter ausnahmsweise eine unbedachte Äußerung macht, könnte das Einfluss auf die Entscheidung des Arbeitgebers haben, eine Abfindung anzubieten. Es ist also ratsam, die individuelle Situation sorgfältig zu prüfen und professionellen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen.

Ist eine Abmahnung durch den Arbeitgeber notwendig?

Das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern kann gelegentlich von Spannungen geprägt sein. Ein besonderes Thema, das hierbei oft zu Unsicherheiten führt, ist die Frage nach möglichen Konsequenzen bei Beleidigungen am Arbeitsplatz. Insbesondere Arbeitnehmer fragen sich, ob sie im Falle einer Beleidigung durch den Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung erhalten müssen, bevor es zur Kündigung kommen kann. Die Antwort auf diese Frage ist nicht immer einfach und hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Die Rolle der Abmahnung bei Beleidigungen

Grundsätzlich gilt: Eine Abmahnung ist dazu gedacht, einem Arbeitnehmer eine “letzte Warnung” auszusprechen und ihm damit die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu ändern. Doch nicht bei jeder Art von Fehlverhalten ist eine Abmahnung erforderlich, bevor der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen kann. Insbesondere bei schwerwiegenden Verstößen gilt eine Abmahnung oft als entbehrlich.

Schweregrad der Beleidigung

Ob eine Abmahnung vor der Kündigung erforderlich ist, hängt maßgeblich davon ab, wie schwerwiegend die Beleidigung einzustufen ist. Hierbei kommt es auf die genaue Formulierung der Beleidigung und die Umstände, unter denen sie gefallen ist, an. Begriffe wie “Formalbeleidigungen” oder “Schmähkritik” spielen dabei eine wichtige Rolle:

  • Formalbeleidigungen und Schmähkritik: Solche Beleidigungen gelten in der Regel als besonders schwerwiegend und können eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Häufig stellt sich dann nur noch die Frage, ob eine fristlose Kündigung möglich ist oder eine ordentliche Kündigung ausreicht.
  • Leichtere Beleidigungen: In weniger gravierenden Fällen ist oft eine genaue Prüfung notwendig. Hier kann eine Abmahnung vor der Kündigung erforderlich sein, um dem Arbeitnehmer die Chance zur Verhaltensänderung zu geben.

Rechtlicher Rat und Unterstützung

Da die Abgrenzung zwischen verschiedenen Arten von Beleidigungen und die Frage der Abmahnung oft komplex sind, ist es wichtig, sich rechtzeitig rechtlichen Rat einzuholen. Unsere Plattform bei Abfindungshero.de bietet Ihnen die Möglichkeit, eine kostenlose telefonische Erstberatung zu erhalten. Unsere erfahrenen Partneranwälte, die auf Arbeitsrecht spezialisiert sind, können Sie individuell und kompetent beraten und unterstützen Sie dabei, die besten Schritte in Ihrer spezifischen Situation zu ergreifen.

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