

Eine Kündigung durch den Arbeitgeber kommt für Arbeitnehmer meist unerwartet. Daher haben Arbeitnehmer selten Gelegenheit, ihre “Minusstunden” bei einer Kündigung noch auszugleichen. Genau das aber kann für Arbeitnehmer zum Problem werden. Denn oft ziehen Arbeitgeber die Minusstunden einfach bei der letzten Lohn- oder Gehaltszahlung ab. Wir erklären in unserem Artikel, wie Minusstunden entstehen, wann sie ausgleichspflichtig sind – und vor allem, was mit ihnen bei (ordentlicher oder fristloser) Kündigung passiert.

Kostenlos Erstberatung mit Fachanwalt
- Kostenlose Erstberatung mit Anwalt
- Schneller Rückruf nach 1 bis 2 Stunden
- Strategie zum Verhandeln der Abfindung
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Minusstunden können nur dann entstehen, wenn ein Arbeitszeitkonto durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag vereinbart ist.
- Keine Minusstunden entstehen, wenn zwar keine Arbeit geleistet wird, aber ein gesetzlicher Vergütungsanspruch besteht, z.B. bei Urlaubs-, Krankheits- und Feiertagen oder bei Arbeitsausfällen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat (Stromausfall, Auftragsmangel etc.).
- Bestehen „echte“ Minusstunden bei Kündigung, kann ein Ausgleich durch Nacharbeit der Stunden während der Kündigungsfrist erfolgen. Ist dies nicht möglich, kann eine Verrechnung mit Lohn/Gehalt nur erfolgen, wenn dies vereinbart ist.
- Bei Kündigung oder Aufhebungsvertrag (durch den Arbeitgeber): (1)Minusstunden bei Kündigung können nicht mit Urlaubsansprüchen verrechnet werden. (2) Sollen Plus- oder Minusstunden durch Freistellung verrechnet werden, muss dies ausdrücklich geregelt sein. (3) Minusstunden verfallen zugunsten des Arbeitnehmers bei einer allgemeinen Abgeltungsklausel.
Inhalte
Defintion: Was sind Minusstunden?
Arbeitet ein Arbeitnehmer weniger als vertraglich vereinbart, kommt es zu sogenannten „Minusstunden“ (auch: Minderstunden, Unterstunden). Ist beispielsweise eine wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden vereinbart und hat der Arbeitnehmer nur 35 Stunden gearbeitet, entstehen 3 Minusstunden. Minusstunden sind also das Gegenteil von Überstunden.
Minusstunden entstehen nur dann, wenn ein Arbeitszeitkonto vereinbart wurde. Dies kann durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag erfolgen. Der Inhalt des Arbeitszeitkontos richtet sich dann nach den jeweiligen Regelungen im Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag. Eine Pflicht, ein Arbeitszeitkonto im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, gibt es dagegen nicht. Durch ein Arbeitszeitkonto werden flexible Arbeitszeiten geregelt. Arbeitet der Arbeitnehmer mehr, kommt es zu einem “Plus”, arbeitet er weniger, stellt das ein “Minus” dar. Wenn es aber keine Vereinbarung hinsichtlich eines Arbeitszeitkontos gibt, kann es nicht zu echten Minusstunden kommen. Arbeitet der Arbeitnehmer dann weniger als vertraglich vereinbart, verstößt er eventuell gegen seine arbeitsrechtlichen Pflichten. Der Arbeitgeber kann dann je nach Einzelfall abmahnen. Minusstunden entstehen dabei aber nicht.
Keine Minusstunden: Diese Fälle zählen nicht
“Echte” Minusstunden entstehen nur, wenn der Arbeitnehmer allein darüber entscheiden kann, ob eine Zeitschuld entsteht und er damit einen Vorschuss erhält. Hat der Arbeitnehmer auch ohne tatsächliche Arbeit einen gesetzlichen Vergütungsanspruch, können keine Minusstunden entstehen. Beispiele:
- Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage gelten nicht als Minusstunden. Hier erhält der Arbeitnehmer eine gesetzliche Entgeltfortzahlung, d.h. er erhält seine Vergütung auch ohne Arbeitsleistung.
- Minusstunden fallen auch nicht an, wenn der Arbeitgeber die Minusstunden selbst verursacht hat. Beispiele: Stromausfall, Auftragsmangel oder sonstige Gründe in der Risikosphäre des Arbeitgebers. Hier kommt der Arbeitgeber in Annahmeverzug (§ 615 BGB), d.h. der Arbeitnehmer hat einen gesetzlichen Vergütungsanspruch auch ohne Arbeitsleistung.
Auch wenn der Arbeitgeber eine Fortbildung während der Arbeitszeit anordnet, stellt dies Arbeitszeit dar und es fallen keine Minusstunden an.
Verrechnung von Minusstunden bei Kündigung
Hat der Arbeitnehmer Minusstunden angesammelt und erhält gleichzeitig seine Vergütung, entsteht ein Gehaltsvorschuss. Wird das Arbeitsverhältnis durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag beendet, ist die Vereinbarung zum Arbeitszeitkonto entscheidend, was mit den bis dahin angefallenen Minusstunden bei Kündigung geschieht.
Ausgleich durch Nacharbeit
Abhängig von der jeweiligen Vereinbarung zum Arbeitskonto können die Minusstunden bei Kündigung durch Nacharbeit eingearbeitet werden. Bei einer ordentlichen Kündigung besteht das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Kündigungsfrist weiterhin fort. Innerhalb dieser Frist kann der Arbeitnehmer Überstunden leisten, um die Minusstunden auszugleichen.
Verrechnung mit Lohn/Gehalt
Manchmal ist es jedoch nicht möglich, die Minusstunden durch Überstunden auszugleichen. Beispielsweise wenn die Kündigungsfrist dafür zu kurz ist, es keine Arbeit gibt oder wenn der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist freigestellt wird. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber die Minusstunden bei Kündigung nur mit der Vergütung verrechnen, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- Es muss ein Gehaltsvorschuss entstanden sein, weil der Arbeitnehmer seinen vollen Lohn erhalten hat, obwohl er weniger gearbeitet hat.
- Es muss eine Vereinbarung zum Abzug von Minusstunden bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Diese kann sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag ergeben. Vorsicht: Eine Vereinbarung zum Abzug von Minusstunden bei Kündigung ist bei einer Tätigkeit, die mit dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet wird, nicht erforderlich. Dies ist bereits im Gesetz geregelt (§ 2 Absatz 2 Satz 2 Mindestlohngesetz).
- Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit gehabt haben, die Minusstunden tatsächlich einzuarbeiten.
Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen können Minusstunden bei Kündigung vom Gehalt/Lohn abgezogen werden. Der Arbeitgeber muss jedoch die Pfändungsfreigrenzen beachten.
Berechnen Sie Ihre Abfindungssumme
Jetzt in 2 min für Ihren individuellen Fall Abfindungssumme berechnen!
Minusstunden bei Kurzarbeit
In schwierigen Zeiten können Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen. Die Anrechnung von Minusstunden während der Kurzarbeit ist für Arbeitgeber besonders vorteilhaft. Der Inhalt der Anrechnung von Minusstunden bei Kündigung hängt dann vom Inhalt des Tarifvertrages oder der Betriebsvereinbarung ab.
Minusstunden bei Kündigung durch Arbeitnehmer
Vor Ausspruch einer Kündigung sollte der Arbeitnehmer Folgendes beachten:
- Liegen echte Minusstunden überhaupt vor? Es liegen keine echten Minusstunden vor, wenn es (1) kein Arbeitszeitkonto im Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag gibt oder (2) wenn es zwar Zeiten ohne Arbeitsleistung gibt, der Arbeitnehmer aber dennoch ohne Arbeit einen Vergütungsanspruch hat, so z.B. bei Krankheit, Urlaub etc.
- Gibt es echte Minusstunden, ist ein Abzug der Minusstunden bei Kündigung vom Gehalt nur möglich, wenn keine Nacharbeit möglich ist und es eine Vereinbarung zum Abzug aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag gibt.
Ist ein Abzug echter Minusstunden nicht möglich, spielt dies auch keine Rolle bei den Überlegungen, ob der Arbeitnehmer kündigen soll oder nicht. In der Praxis wird es aber manchmal dazu kommen, dass der Arbeitgeber trotzdem versuchen wird, die Minusstunden durch eine Rückforderung oder eine Verrechnung mit dem Lohn auszugleichen. Vor einer Eigenkündigung, dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder einer Freistellungsvereinbarung ist es deshalb immer wichtig, sich anwaltlich beraten zu lassen. Ist ein Abzug von Minusstunden bei Kündigung aber möglich, muss dies in jedem Fall vor einer Eigenkündigung berücksichtigt werden. Der Arbeitnehmer muss klären, ob er die Minusstunden vor oder während der Kündigungsfrist nacharbeiten, ob er eine andere Regelung mit dem Arbeitgeber verhandeln oder ob er eine Verrechnung mit dem Gehalt finanziell bewältigen kann.
Kostenlos Erstberatung mit Fachanwalt
Schneller Rückruf nach 1 bis 2 Stunden für kostenlose Erstberatung mit Anwalt
Minusstunden als Kündigungsgrund
Hat ein Arbeitnehmer extrem viele Minusstunden angesammelt und kommt er der Aufforderung nicht nach, diese (durch Mehrarbeit) auszugleichen, kann dies eine schwerwiegende Vertragsverletzung sein. Auf ein solches Verhalten kann daher im Einzelfall sogar eine fristlose Kündigung folgen. Das ist in der Regel aber nur nach Abmahnung möglich.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Kostenlos Erstberatung mit Fachanwalt
- Kostenlose Erstberatung mit Anwalt
- Schneller Rückruf nach 1 bis 2 Stunden
- Strategie zum Verhandeln der Abfindung