Minusstunden bei Kündigung: Das müssen Sie wissen

  • Ceyda Sahin
  • 28. November 2024
  • 16:06
Minusstunden bei Kündigung

Eine Kündigung durch den Arbeitgeber kommt für Arbeitnehmer meist unerwartet. Daher haben Arbeitnehmer vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber auch fast nie Gelegenheit, ihre “Minusstunden” auszugleichen. Was passiert also mit Minusstunden bei einer Kündigung? Wie entstehen “echte” Minusstunden, wann sind sie überhaupt ausgleichspflichtig, und was passiert bei ordentlicher oder bei fristloser Kündigung? Kann der Arbeitgeber Minusstunden mit dem letzten Gehalt “verrechnen”, also das Gehalt einfach kürzen? Diese Fragen beantwortet der folgende Blog-Artikel:

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Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Minusstunden können überhaupt nur dann entstehen, wenn ein Arbeitszeitkonto vereinbart ist.
  • Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage gelten nicht als Minusstunden.
  • Es entstehen keine Minusstunden, wenn dieser die Minusstunden selbst verursacht hat.
  • Bestehen “echte” Minusstunden bei Kündigung, kann ein Ausgleich entweder durch Mehrarbeit oder durch Verrechnung mit Lohn/Gehalt erfolgen.
  • Bei Kündigung oder Aufhebungsvertrag (durch den Arbeitgeber) kann man Minusstunden in ein Gesamtpaket von Abfindung und Beendigung einbinden
  • Ob es für Arbeitnehmer mit Minusstunden sinnvoll ist, zu kündigen, hängt vom Einzelfall ab.

Was sind Minusstunden?

Wenn weniger gearbeitet wird als vertraglich vereinbart, kommt es zu sogenannten “Minusstunden” (auch: Minderstunden, Unterstunden). Ist beispielsweise eine wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden vereinbart worden und haben Sie aber nur 35 Stunden gearbeitet, entstehen 3 Minusstunden. Minusstunden sind also das Gegenteil von Überstunden.

Wichtig zu wissen ist, dass Minusstunden nur dann entstehen können, wenn ein Arbeitszeitkonto vertraglich vereinbart wurde. Das Führen eines Arbeitszeitkontos hängt also maßgeblich von der Zustimmung des Arbeitnehmers ab. Das bloße Fehlen eines Widerspruchs kann dabei nicht als Zustimmung angesehen werden. Zwar gibt es seit dem “Stechuhr-Urteil” des EuGH von 2019 die Pflicht zur umfassenden Arbeitszeiterfassung, doch bedeutet das nur, dass Anfang, Ende und Dauer der Arbeitszeit erfasst werden müssen. Eine Pflicht, ein Arbeitszeitkonto zu führen, gibt es dagegen nicht.

Durch ein Arbeitszeitkonto können z.B. flexible Arbeitszeiten sichergestellt werden. Wird mehr gearbeitet, kommt es zu einem “Plus”, wird dagegen weniger gearbeitet, stellt das ein “Minus” dar. Wenn es aber gar keine Vereinbarung hinsichtlich eines Arbeitszeitkontos gibt, kann es also auch nicht zu echten Minusstunden kommen. Arbeitet der Arbeitnehmer dann weniger als vertraglich vereinbart, verstößt er eventuell gegen seinen arbeitsrechtlichen Pflichten und kann dafür im Einzelfall abgemahnt werden. Minusstunden entstehen dabei aber nicht.

Keine Minusstunden: Diese Fälle zählen nicht

Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage gelten nicht als Minusstunden. Vielmehr sollen diese “freien” Tage der Erholung bzw. der Genesung dienen. 

Auch wenn der Arbeitgeber eine Fortbildung während der Arbeitszeit anordnet, fallen dabei keine Minusstunden an.

Außerdem entstehen dann keine Minusstunden, wenn der Arbeitgeber die Minusstunden selbst verursacht hat. Wenn es zum Beispiel zu einem Stromausfall im Betrieb kommt, es einen Mangel an Aufträgen gibt oder der Arbeitgeber aus sonstigen Gründen, die seine Risikosphäre betreffen, keine Arbeit anbieten will oder kann, kommt dieser in Annahmeverzug (§ 615 BGB). Das bedeutet, dass dafür keine Minusstunden anfallen. Vielmehr steht dem Arbeitnehmer “Lohn ohne Arbeit” zu.

Kündigung bei Minusstunden

Haben Sie als Arbeitnehmer Minusstunden angesammelt, geht Ihr Arbeitgeber dafür in den Gehaltsvorschuss. Das heißt, Sie erhalten Ihr volles Gehalt, obwohl Sie weniger gearbeitet haben als vertraglich vorgesehen (und es entstehen Minussstunden). Doch was passiert mit den Minusstunden bei einer Kündigung? Ob Sie selbst kündigen oder gekündigt werden, ist dabei egal.

Ausgleich durch Nacharbeit

Ein Ausgleich der Minusstunden kann zunächst durch Nacharbeit geschehen. Bei einer ordentlichen Kündigung besteht das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Kündigungsfrist weiterhin fort. Innerhalb dieser Frist können Überstunden geleistet werden, um die Minusstunden auszugleichen. 

Manche Arbeitgeber greifen zu eigenwilligen Methoden, um Minusstunden auszugleichen, indem sie zum Beispiel Urlaubsansprüche anrechnen. Das ist jedoch nicht zulässig! Mit Urlaub darf nicht verrechnet werden.

Verrechnung mit dem Lohn/Gehalt

Manchmal ist es jedoch nicht möglich, die Minusstunden durch Überstunden auszugleichen. Beispielsweise wenn die Kündigungsfrist dafür zu kurz ist, es keine Arbeit gibt oder auch wenn der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist freigestellt wird. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber dann die Minusstunden mit dem Lohn verrechnen. Dafür gelten aber strenge Voraussetzungen:

  • Der Arbeitgeber ist in Gehaltsvorschuss gegangen, weil der Arbeitnehmer seinen vollen Lohn erhalten hat, obwohl er weniger gearbeitet hat.
  • Dem Arbeitnehmer muss die Chance gegeben worden sein, die Minusstunden abzubauen.
  • Es liegt eine Vereinbarung vor, die besagt, dass Minusstunden am Ende des Arbeitsverhältnisses ausgeglichen werden können. Das bloße Führen eines Arbeitszeitkontos reicht dafür jedoch nicht aus.

Das Verrechnen mit dem Lohn ist für den Arbeitgeber also nicht so einfach möglich. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, müssen ferner noch die Pfändungsfreigrenzen beachtet werden. 

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Minusstunden bei Kurzarbeit, Ausbildung und Mutterschutz

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten können Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen. Die Anrechnung von Minusstunden während der Kurzarbeit ist für Arbeitgeber besonders vorteilhaft. Jedoch müssen Arbeitnehmer das nicht hinnehmen! Minusstunden, die aufgrund von Corona entstanden sind, waren beispielsweise unzulässig, da der Arbeitnehmer nicht für die reduzierte Arbeitszeit verantwortlich ist. Er war bereit zu arbeiten und hat seine Arbeitskraft angeboten. Die Verantwortung für die Minusstunden lag beim Arbeitgeber, der nicht in der Lage war, Arbeit bereitzustellen.

Darüber hinaus sind auch Minusstunden während der Ausbildung nicht zulässig. Auszubildende befinden sich rechtlich nicht in einem regulären Arbeitsverhältnis, weshalb der Arbeitgeber verpflichtet ist, die vereinbarte Arbeitszeit zu gewährleisten. Wenn ein Auszubildender vorzeitig nach Hause geschickt wird, weil nicht genügend Arbeit vorhanden ist, gilt dies als bezahlte Freistellung – Minusstunden entstehen also nicht.

Bei Schwangeren gelten im Grunde die gleichen Regelungen wie für andere Arbeitnehmer. Vorsorgeuntersuchungen bilden jedoch eine Ausnahme. Zwar sind Schwangere verpflichtet, die Treuepflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber einzuhalten, was bedeutet, dass sie versuchen sollten, Arzttermine in ihrer Freizeit zu legen. Wenn dies jedoch nicht möglich ist, haben Schwangere Anspruch auf eine bezahlte Freistellung.

Gehen Schwangere mit Minusstunden in den Mutterschutz, werden sie ähnlich wie bei einer Kündigung behandelt. Bei einem wirksam vereinbarten Arbeitszeitkonto können diese Minusstunden mit dem Gehalt verrechnet werden.

Sollten Arbeitnehmer mit Minusstunden kündigen?

Ob es ratsam für Arbeitnehmer mit Minusstunden ist, zu kündigen, hängt vom Einzelfall ab.

Wenn es kein Arbeitszeitkonto gibt bzw. Sie einem solchen nicht zugestimmt haben, liegen keine “echten” Minusstunden vor. Insofern gibt es also keinen Grund, nicht zu kündigen.

Gibt es keine vertragliche Vereinbarung hinsichtlich des Ausgleichs von Minusstunden, gilt grundsätzlich dasselbe. In der Praxis wird es aber manchmal dazu kommen, dass der Arbeitgeber trotzdem versuchen wird, die Minusstunden durch eine Rückforderung oder eine Verrechnung mit dem Lohn auszugleichen. Hier besteht die Gefahr, dass es zu einem Rechtsstreit kommen kann. Es kann also sinnvoll sein, sich vor einer Eigenkündigung anwaltlich beraten zu lassen.

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Liegt hingegen eine gültige Vereinbarung zum Ausgleich von Minusstunden vor, sollte dies vor einer Kündigung beachtet werden. Eine Eigenkündigung ist nur dann sinnvoll, wenn es möglich ist, die Minusstunden während der Kündigungsfrist nachzuholen oder wenn man in der Lage ist, eine Verrechnung mit Lohn/Gehalt finanziell zu bewältigen.

Kündigung wegen Minusstunden möglich?

Im Einzelfall kann es vorkommen, dass ein Arbeitnehmer extrem viele Minusstunden angesammelt hat und der Aufforderung nicht nachkommen, diese (durch Mehrarbeit) auszugleichen. Darin wird von der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte eine schwerwiegende Vertragsverletzung gesehen (LAG Hamburg, Urteil vom 02.11.2016 – 5 Sa 19/16). Auf ein solches Verhalten kann daher im Einzelfall sogar eine fristlose Kündigung folgen. Das ist aber u.a. nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer vorher abgemahnt wurde.

FAQ zu Minusstunden bei Kündigung

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