Kommt es in Unternehmen zu Kündigungen, werden den Mitarbeitern häufig Abfindungen in Aussicht gestellt. Ein rechtlicher Anspruch darauf besteht zwar nicht immer; in den meisten Fällen wird aber vom Arbeitgeber eine Abfindung gezahlt. Entweder “freiwillig”, häufig erst nach entsprechender gerichtlicher Entscheidung. Die kurze Antwort auf die Frage, wie viel Abfindung deutsche Unternehmen bei Kündigung typischerweise zahlen: Die durchschnittliche Abfindungshöhe lag in Deutschland bereits vor einigen Jahren bei circa 12.000 EUR. Aber diese Zahl sagt “an sich” erst mal gar nichts aus. Denn die Höhe der individuellen Abfindung hängt von so vielen Faktoren ab, dass eine pauschale Aussage eigentlich nicht möglich ist.
Wie viel Abfindung bekommt man?
Die Höhe der Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber ist abhängig von verschiedenen Umständen. Beispielsweise Ihrem Alter und Ihrer Betriebszugehörigkeitsdauer und einem evtl. Sonderkündigungsschutz („Unkündbarkeit“, wie z.B. für Betriebsräte, Schwerbehinderte, schwangere Arbeitnehmerinnen oder “Elternzeitler”). Daneben hängt die Höhe auch von der “Qualität der Kündigung, also dem Bestehen von Kündigungsgründen oder dem Einhalten der formalen Anforderungen an eine Kündigung ab. Neben diesen “rechtlichen” gibt es auch zahlreiche praktische Unterschiede. Größere Betriebe zahlen im Durchschnitt mehr als das dreifache wie Kleinbetriebe (siehe unten).
Und wichtig nochmal der Hinweis, das ein rechtlicher Anspruch auf Abfindung nur in Ausnahmefällen besteht:
Anspruch auf Abfindung nur in Sonderfällen
Auch wenn in den meisten Fällen vom Arbeitgeber eine Abfindung gezahlt wird, gibt es einen generellen rechtlichen Anspruch auf eine Abfindung nur in Sonderfällen. Der wichtigste ist der Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung. Arbeitnehmer können nach § 1 a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Einmalzahlung haben. Die Höhe der Abfindung beträgt dann genau einen halben Monatsverdienst für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses (§ 1a Abs. 2 KSchG). Der Abfindungsanspruch entsteht aber auch in diesem Fall nur dann, wenn der Arbeitnehemer keine Klage einreicht und der Arbeitgeber in seiner Kündigung einen Hinweis auf den Anspruch bei Klageverzicht gegeben hat. Nach unserer Erfahrung ist der Abfindungsanspruch von ½ Bruttomonatsverdienst pro Jahr der Beschäftigung auch eher der “untere Rand”. In vielen Fällen wäre eine Abfindung bei Einreichen einer Klage und Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs deutlich höher ausgefallen.
Einflussfaktoren auf Höhe der Abfindung
Die Höhe der Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber ist abhängig von verschiedenen Umständen. Zu den wichtigsten Treibern für die Höhe gehören letztes Gehalt, Dauer de Betriebszugehörigkeit und der Multiplikator, der sog. „Faktor„. Zur Grobschätzung der Abfindungshöhe – insbesondere des „Faktors“ – gibt es einige “Faustformeln”:
- Am weitesten verbreitet ist eine Formel, wonach die “Regelabfindung” basierend auf einem Faktor von ca. 0.5 (mal Monatsgehalt pro Jahr der Beschäftigung) ermittelt wird. Dann würde eine Arbeitnehmerin, die 10 Jahre beschäftigt war und zuletzt monatlich 3.000 € verdiente, eine Abfindung von 15.000 € erhalten (also 0,5 * 3.000 € * 10 Jahre). Die drei zentralen Größen sind also der Faktor (0,5), die Höhe des zuletzt gezahlten Monatsgehalts („brutto“) und die Beschäftigungsdauer im Unternehmen (in Jahren).
- Bei einer anderen “Faustformel” wird das Lebensalter stärker berücksichtigt. Der Faktor von 0,5 kann bei 0,75 oder 1,0 liegen. Im Beispiel oben würde die 52-jährige Arbeitnehmerin danach eine Abfindung von 30.000 € erhalten (also 1,0 * 3.000 € * 10 Jahre).
In der Praxis kommt es nicht nur auf die Umstände des Arbeitnehmers, sondern auch auf zahlreiche weitere Einflussgrößen an, wie beispielsweise:
- Arbeitsgerichtsbezirk
- Unternehmensgröße
- Sonderkündigungsschutz („Unkündbarkeit“, wie z.B. für Betriebsräte, Schwerbehinderte, schwangere Arbeitnehmerinnen oder “Elternzeitler”).
- Wirksamkeit und “Qualität” der Kündigung, also dem Bestehen von Kündigungsgründen oder dem Einhalten der formalen Anforderungen an eine Kündigung ab.
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Was wird momentan „bezahlt“?
Nochmal: Eine pauschale Antwort ist hier nicht möglich. Nach Auskünften unserer Partneranwälte sind die Unterschiede beim „Faktor“ zwischen Branchen und Regionen erheblich. Daneben kommt es auch auf die „Lebenszyklusphase“ des Arbeitgebers an. Beispielsweise haben wir in Berlin im Startup und Scaleupbereich in den letzten Monaten vielfach Abfindungsangebote mit Faktoren von bis zu 1,5 gesehen. Also dreimal höher, als der gesetzliche Anspruch von 0,5 Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Auch in anderen, “älteren” Branchen, sehen wir Faktoren von 1,5. Zum Teil werden Abfindungen von mehreren hunderttausend Euro angeboten und bezahlt, wenn z.B. betriebsbedingte Kündigungen nicht möglich sind.
Ein prominentes Beispiel war in den letzen Monaten die BAYER SE, die im Rahmen eines Programms bis zu 52,5 Monatsgehälter an deutsche Belegschaft auszahlte. Diese Höhe der Abfindung kommt dadurch zu Stande, dass BAYER Stellen abbauen will, obwohl betriebsbedingte Kündigungen bei BAYER in Deutschland bis Ende 2026 ausgeschlossen sind. Da kommen für leitende Mitarbeiter mit langer Betriebszugehörigkeit schnell auch mal eine halbe Million Abfindung zusammen. Die Höhe der Abfindung errechnet sich laut Handelsblatt, indem man die Anzahl der Dienstjahre mit dem Faktor 1,5 multipliziert und verschiedene „Sozialzuschläge“ z.B. für Verheiratete hinzufügt.
Die durchschnittliche Abfindungshöhe lag in Deutschland betrug vor einigen Jahren ca. 12.000 EUR1, wie die folgende Grafik zeigt:
Wie bekommt man eine Abfindung?
Praktisch bekommt man eine Abfindung entweder außergerichtlich, z.B. durch einen Aufhebungsvertrag. Oder gerichtlich, das bedeutet meist: Durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht. In der sog. Güteverhandlung regt das Gericht häufig einen Vergleich an. Der ist normalerweise für beide Parteien – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – von Vorteil.
Erstmal muss der Arbeitgeber natürlich bereit sein, überhaupt über eine Beendigung verhandeln zu wollen. Das lässt sich natürlich nur schwer beeinflussen, weil es ja von der Branche, Konjunktur und vielen persönlichen Faktoren abhängt. Wie viel Abfindung dann letztlich für den Arbeitnehmer rausspringt, hängt auch davon ab, ob man sich mit dem ersten Angebot zufrieden gibt oder gegen die Kündigung klagt. Weitere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Blogartikel zur Abfindungshöhe.
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- IW Köln. (11. Februar, 2009). Durchschnittliche Abfindungshöhe im Kündigungsfall in Euro nach Betriebsgröße [Graph]. In Statista. Zugriff am 13. Juli 2024, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3842/umfrage/durchschnittliche-abfindungshoehe-im-fall-der-kuendigung-nach-betriebsgroesse/ ↩︎