Zugang einer Kündigung: Wann ist eine Kündigung fristgerecht zugegangen?

Spricht der Arbeitgeber eine Kündigung aus, so muss diese dem Arbeitnehmer zunächst überhaupt „zugehen“. Nur mit dem „Zugang“ einer Kündigung beginnen Kündigungsfrist und Dreiwochenfrist für die Kündigungsschutzklage. Ob und wann eine Kündigung „zugegangen“ ist, kann erhebliche finanzielle Folgen haben. Geht beispielsweise eine Kündigung mit dreimonatiger Frist zum Quartalsende am 30. September zu, endet das Arbeitsverhältnis am 31. Dezember. Geht die Kündigung einen Tag später am 1. Oktober zu, endet das Arbeitsverhältnis erst zum 31. März. Man erhält also für 3 weitere Monate Gehalt! Zugang und Nachweis einer Kündigung verursachen dementsprechend oft Probleme. Unser Beitrag erläutert, wann eine Kündigung ordnungsgemäß zugegangen ist und was Arbeitnehmer beachten sollten.

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Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Die Kündigung ist eine sogenannte “empfangsbedürftige Willenserklärung”. Sie wird erst mit Zugang wirksam.
  • Mit Zugang der Kündigung beginnen der Lauf der Kündigungsfrist und der dreiwöchigen Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage.
  • Bei persönlicher Übergabe geht die Kündigungserklärung sofort zu.
  • Etwas komplizierter wird es, wenn die Kündigung per Post versendet wird. Sie gilt dann als zugegangen, wenn sie in den Briefkasten des Empfängers geworfen wurde und dieser sie auch unter normalen Umständen zu den üblichen Zeiten hätte lesen können, zu denen man mit der Leerung des Briefkastens rechnen kann.
  • Wichtig: Bei einer Arbeitgeberkündigung muss der Arbeitgeber den Zugang und dessen Zeitpunkt beweisen.

Grundsätzliches zum Zugang einer Kündigung

Die Kündigung ist eine sog. “empfangsbedürftige Willenserklärung”. Das bedeutet, sie wird erst wirksam, wenn sie dem zu kündigenden Arbeitnehmer zugeht. Beispiel: Der Arbeitgeber will einem Arbeitnehmer kündigen. Das Kündigungsschreiben liegt seit einer Woche bereits unterschrieben auf seinem Schreibtisch. Solange die Kündigung den Schreibtisch nicht verlässt, ist keine Kündigung ausgesprochen. Der Arbeitgeber muss die Kündigung entweder (1) dem Arbeitnehmer persönlich oder durch eine bevollmächtigte Person übergeben oder (2) die Kündigung per Boten, Post usw. an den Arbeitnehmer übersenden.

Im Allgemeinen ist eine Arbeitgeberkündigung zugegangen, wenn sie den Bereich des Arbeitgebers verlässt und in den “Bereich des Arbeitnehmers” mit einer möglichen Kenntnisnahme gelangt. Zum Bereich des Arbeitnehmers gehören von diesem vorgehaltene Empfangseinrichtungen – wie vor allem der Briefkasten.1 Zur Möglichkeit der Kenntnisnahme gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Folgendes:

Ob die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist nach den „gewöhnlichen Verhältnissen“ und den „Gepflogenheiten des Verkehrs“ zu beurteilen. So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist vielmehr eine generalisierende Betrachtung geboten.2

Dies gilt natürlich umgekehrt bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer genauso. 

Folgen des Zugangs der Kündigung

Der “Zugang” der Kündigung ist vor allem aus 2 Gründen wichtig:

  • Mit dem Zugang der Kündigung beginnt der Lauf der Kündigungsfrist. Beispiel: Der Arbeitnehmer erhält seine Kündigung am 30. April. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat zum Ende des Kalendermonats. Dann endet das Arbeitsverhältnis am 31. Mai. Erhält der Arbeitnehmer die Kündigung einen Tag später, am 1. Mai, endet das Arbeitsverhältnis erst am 30. Juni. Der Arbeitnehmer erhält seine Vergütung einen Monat länger bis zum 30. Juni.
  • Mit dem Zugang der Kündigung beginnt die dreiwöchige Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage. Dies ist von Bedeutung, wenn der Arbeitnehmer sich gegen die Kündigung wehren möchte und Klage erheben will. Wird die Dreiwochenfrist für die Klage versäumt, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam.

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Kündigung muss schriftlich erfolgen 

Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen. Elektronische Kündigungen per Mail, Whatsapp etc. sind unwirksam. Es muss eine Kündigung in Papierform („hardcopy“) mit eigenhändiger Unterschrift (“wet-ink”, also per Kugelschreiber, Füller etc.) zugegangen sein. Da dies mit der heutigen digitalen Kommunikation nicht mehr ganz so zeitgemäß ist, geschehen in der Praxis häufig Fehler. Arbeitgeber, vor allem bei international agierenden Unternehmen, sind sich dieser Formvorschrift oft nicht bewusst. 

Und auch ganz wichtig: Die Unterschrift muss von einer zur Kündigung ermächtigten Person erfolgen, also z.B. dem Geschäftsführer, Vorstand oder Personalchef. Eine zugegangene Kündigung ohne Vollmacht kann unverzüglich zurückgewiesen werden (§ 174 BGB). Eine solche Kündigung ist dann unwirksam.

Hinweis: Arbeitnehmer sollten auf solche vermeintlich “einfache” Fehler besonders achten. Geht eine Kündigung per Mail, mündlich oder ohne Vollmacht zu, ist die Kündigung unwirksam. Ob das der Fall ist – vor allem aber, wie man damit taktisch umgeht – sollte man mit einem spezialisierten Rechtsanwalt besprechen. Zumindest wirkt sich die Unwirksamkeit im Rahmen von Verhandlungen deutlich positiv auf die Abfindunghöhe aus. Auch hinsichtlich des Beendigungszeitpunkts kann man bei unwirksamer Kündigung oft mehrere Monate Gehalt erzielen.

Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung

Allgemeines zum Zugangszeitpunkt

Eine Kündigung gilt nach der Rechtsprechung (s.o.). als zugegangen, wenn sie in den „Einflussbereich” des Empfängers gelangt und er unter üblichen Umständen Kenntnis davon nehmen könnte. Es kommt nicht darauf an, wann der Empfänger die Kündigung tatsächlich gelesen hat. Es gibt folgende Möglichkeiten, wie eine Kündigung zugehen kann:

  • Bei einer persönlichen Übergabe an den Empfänger tritt der Zugang sofort ein.
  • Wird die Kündigung in den Briefkasten eingeworfen, gilt sie als zugegangen, sobald “nach allgemeiner Verkehrsanschauung” mit der nächsten Leerung des Briefkastens zu rechnen ist. Das sorgt vor allem beim Einwurf des Schreibens am Wochenende und am Nachmittag oder Abend für Streit. Über die anzulegenden Maßstäbe gehen die Meinungen auseinander. Dazu im folgenden Kapitel ein Beispiel einer BAG-Entscheidung aus dem Jahr 2024.
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Aktuelle Gerichtsentscheidung zum Zugangszeitpunkt

Eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt, wie wichtig der Zugangszeitpunkt sein kann. In diesem Fall hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmerin eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende vereinbart. Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2021 gekündigt. Das Kündigungsschreiben wurde am 30. September 2021 von einem Postboten in den Briefkasten der Arbeitnehmerin eingeworfen. Die Arbeitnehmerin meinte jedoch, dass das Schreiben erst am 1. Oktober 2021 rechtlich zugestellt wurde, obwohl es bereits am 30. September im Briefkasten war. Sie argumentierte, dass die Zustellung nicht zu den üblichen Postzeiten erfolgte und sie deshalb nicht mehr am gleichen Tag mit Post rechnen konnte. Daher sollte das Arbeitsverhältnis bis zum 31. März 2022 bestehen bleiben.

Das BAG entschied, dass die Kündigung bereits am Abend des 30. Septembers wirksam zugestellt war, da sie in den Briefkasten geworfen wurde und der Empfänger die Möglichkeit hatte, sie zur Kenntnis zu nehmen. Das BAG stellt auf die übliche Zeit der Postzustellung ab. Sie ergibt sich aus der Arbeitszeit der jeweiligen Postbediensteten und ist abhängig von der jeweiligen Menge der Post und der Reihenfolge der Zustellung. Auch wenn die Postzustellzeiten variieren können, muss damit gerechnet werden, dass die Zustellung während der Arbeitszeit der Postbediensteten und somit innerhalb der üblichen Zeiten erfolgt. Daher müssen Empfänger auch am späten Abend mit der Zustellung von Briefen rechnen. Die Arbeitnehmerin hätte die Kündigung noch am 30. September 2021 zur Kenntnis nehmen können. Diese war daher mit Zugang am 30. September – und somit zum 31. Dezember 2021 – wirksam.

Beweislast für den Zugangszeitpunkt

Wer kündigt, muss im Streitfall beweisen, dass die Kündigung tatsächlich zugegangen ist. Wenn der Arbeitgeber kündigt und der Arbeitnehmer den Erhalt der Kündigung bestreitet, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass und wann die Kündigung erfolgt ist. Das bedeutet konkret für die wichtigsten Übermittlungswege:

  • Briefpost: Eine Kündigung mit einfachem Brief bietet keinerlei Nachweis über den Zugang. Wenn der Empfänger behauptet, die Kündigung nicht erhalten zu haben, hat der Arbeitgeber ein Problem.
  • Einschreiben: Ein Einwurf-Einschreiben bietet einen besseren Nachweis, da der Postbote das Schreiben auch zustellt, wenn der Empfänger nicht zu Hause ist. Es wird ein Zustellbeleg erstellt, der als Indiz für den Zugang gilt. Allerdings ist dieser Beleg auch kein endgültiger Beweis. 
  • Einschreiben mit Rückschein: bietet den Nachweis, dass die Kündigung zu einem bestimmten Datum zugestellt wurde. Trifft der Postbote den Empfänger jedoch nicht an, wird auch hier nur ein Benachrichtigungsschein hinterlassen. Die Kündigung gilt erst als zugestellt, wenn der Empfänger den Brief bei der Post abholt. Holt er den Brief nicht ab, ist die Kündigung nicht wirksam zugestellt. Wird die Abholung allerdings bewusst verweigert, kann der Zugang unter Umständen „fingiert“ werden. Auch hier kann aber der Anwalt des Arbeitnehmers gegen den Zugang argumentieren!
  • Zustellung per Boten: Arbeitgeber, die sicherstellen wollen, dass die Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt nachweisbar zugestellt wird, lassen diese oft durch einen – oder besser zwei – Boten zustellen. Da wird es dann für den Empfänger schwierig, den Zugang zu bestreiten.

Tipp: Bewahren Sie beim Einschreiben unbedingt auch den Briefumschlag mit Zustelldatum auf – er kann im Streitfall entscheidend für den Beweis der Fristwahrung sein.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

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  1. BAG v. 22.08.2019, 2 AZR 111/19 ↩︎
  2. BAG v. 22.08.2019, 2 AZR 111/19 ↩︎

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