Überstunden bei Kündigung: Was steht Ihnen zu?

  • Frank Broer
  • 5. Juni 2025
  • 19:52

Eine Kündigung kommt für die meisten Arbeitnehmer unerwartet. Daher haben Arbeitnehmer vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber fast nie Gelegenheit, ihre Überstunden komplett durch Freizeit auszugleichen („abzufeiern“). Was passiert also mit Überstunden bei einer Kündigung? Welche Regeln gelten und wann Unterstützung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht Sinn macht, beschreiben wir im folgenden Artikel.

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Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Überstunden sind zu vergüten, wenn (1) Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung über die Normalarbeitszeit hinaus erbringen und (2) der Arbeitgeber die Überstunden ausdrücklich anordnet, duldet oder billigt.
  • Bereits angefallene Überstunden sind bei Kündigung durch Freizeit auszugleichen oder zu vergüten. Der konkrete Inhalt hängt von den vertraglichen Regelungen ab.
  • Wird der Arbeitnehmer nach der Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bezahlt freigestellt, verfallen Überstunden nur, wenn die Freistellungsvereinbarung eine entsprechende Klausel enthält. Gleiches gilt bei Aufhebungsverträgen.
  • Vertragliche Ausschlussfristen verlangen oft eine (schriftliche) Geltendmachung innerhalb kurzer Zeiträume nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Verpasst man diese, kann man den Anspruch auf Überstundenvergütung verlieren. Das Gleiche gilt beim Unterschreiben von  Ausgleichsquittungen.

Anforderungen an Vergütung von Überstunden

Bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses streiten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber oft darüber, ob überhaupt Überstunden entstanden sind. Hier ist es für den Arbeitnehmer wichtig zu wissen, wann zu vergütende Überstunden entstehen: 

  • Der Arbeitnehmer muss zunächst seine Arbeitsleistung über seine Normalarbeitszeit hinaus erbringen. 
  • Der Arbeitgeber muss diese Überstunden ausdrücklich anordnen. 
  • ODER: Der Arbeitgeber hat die Überstunden konkludent angeordnet, d.h. der Arbeitgeber weist diese nicht ausdrücklich an, aber er weist eine Arbeit zu, die nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist. 
  • ODER: Der Arbeitgeber billigt die Überstunden, d.h. er gibt zu erkennen, dass er mit den Überstunden einverstanden war.
  • ODER: Der Arbeitgeber hat die Leistung von Überstunden geduldet. Der Arbeitgeber kennt die Überstundenleistung, nimmt diese hin und trifft keine Vorkehrungen, sie zu stoppen.  

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Im Streitfall muss der Arbeitnehmer die Überstunden nachweisen. Er muss nachweisen, wer wann und auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat. Dies ist in der Praxis äußerst schwierig. Die Anforderungen durch die Gerichte sind sehr hoch. Alleine die elektronische oder manuelle Arbeitszeiterfassung durch den Arbeitnehmer oder Arbeitgeber reicht nicht aus. Auch nicht ausreichend ist die längere Anwesenheit am Arbeitsplatz oder im Betrieb.

Tipp: In der Praxis empfiehlt es sich daher immer, auch wenn es elektronische Erfassungssysteme gibt, sicherzustellen, dass Überstunden ordnungsgemäß dokumentiert sind. Beispiel: Abzeichnen der Überstunden durch den Vorgesetzten, schriftliche Dokumente der Anordnung oder sonstige Nachweise aufbewahren. Auch der Betriebsrat kann hier oft helfen, da der Betriebsrat bei vorübergehender Arbeitszeitverlängerung mehrerer Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht hat, wann und wie Überstunden genehmigt und abzuleisten waren.

Überstunden bei Kündigung: Abfeiern oder auszahlen?

Besteht Einigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, dass Überstunden entstanden sind, verfallen diese nicht automatisch mit Ausspruch der Kündigung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben bei Kündigung zu klären, ob die Überstunden bis zum Ablauf der Kündigungsfrist durch Freizeit ausgeglichen werden (im allgemeinen Sprachgebrauch: “abzufeiern sind”) oder ob die Überstunden bei Beendigung ausgezahlt werden. 

  • Regelung durch Arbeits- bzw. Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung: Meist ist die Frage des Freizeitausgleichs oder der Überstundenvergütung während oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einem Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung (Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber) oder im Arbeitsvertrag geregelt. Der Inhalt dieser Regelungen ist dann ausschlaggebend.
  • Vertragliche Klauseln: Klauseln, wie “Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten”, sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts meist unwirksam. Wirksam sind solche Klauseln nur, wenn sie genau beschreiben, bis zu welcher Anzahl oder welchem Anteil Überstunden mit dem Gehalt ausgeglichen sein sollen. Ein Beispiel hierfür wäre also “Mit der Vergütung sind bis zu zwei Überstunden pro Woche abgegolten.“
  • Keine Regelung: Fehlen solche Regelungen ganz, sind Überstunden auszuzahlen. 

Hinweis: Der Arbeitgeber muss zur Anordnung von Überstunden grundsätzlich berechtigt sein. Dies ergibt sich meist aus dem Arbeitsvertrag (z.B. „Arbeitnehmer verpflichtet sich, bei betrieblicher Notwendigkeit Überstunden zu leisten“). Aber auch Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge enthalten oft Regelungen zu Überstunden. Wenn Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet wurden, ist die entsprechende Vergütung aber unabhängig von dieser Berechtigung.

Ausnahme: nicht vergütungspflichtige Überstunden

Auch wenn es der Regelfall ist, dass Überstunden vergütet werden müssen, gibt es einige Ausnahmefälle. Beispielsweise wird bei Führungskräften (leitende Angestellte, Chefärzte etc.) oder bei angestellten Freiberuflern (Steuerberater, Rechtsanwälte etc.) vereinbart, dass mit der monatlichen Vergütung Überstunden abgegolten sind. Diese Regelungen werden von der Rechtsprechung als wirksam erachtet, einmal aufgrund der höheren Stellung in der betrieblichen Hierarchie und zum anderen wegen der bereits höheren Grundvergütung.

Höhe der Überstundenvergütung

Wie hoch die Überstundenvergütung ist, hängt von den vertraglichen Vereinbarungen im Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag ab. Ist nichts vereinbart, gilt der normale Stundenlohn. Manchmal gibt es jedoch Regelungen, die einen Zuschlag vorsehen (z.B. ein Zuschlag von 15-25 %). 

Um Überstundenvergütung zu berechnen, ist zunächst der Bruttostundenlohn zu ermitteln. Dazu müssen die Wochenstunden mit 52 Wochen multipliziert (Jahresgehalt) und durch 12 (Monatsgehalt) geteilt werden. Danach ist das Bruttomonatsgehalt durch dieses Ergebnis zu teilen. So ergibt sich der  Bruttostundenlohn, der dann nur noch mit den geleisteten Überstunden multipliziert werden muss.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer verdient 5.000 € brutto im Monat. Er arbeitet 40 Stunden pro Woche. Im letzten Monat hatte er zehn Überstunden. Er arbeitet 40 Stunden pro Woche x 52 / 12 = 173,2 Stunden im Monat. Der fiktive Stundenlohn beträgt also 5.000 € (Bruttomonatsgehalt) / 173,2 (Stunden im Monat) = 28,87 € (Bruttostundenlohn). Sie hat damit Anspruch auf 28,87 € (Bruttostundenlohn) × 10 (Überstunden) = 288,70 € (Überstundenvergütung). Ein eventueller Überstundenzuschlag ist hier noch unberücksichtigt und würde hinzukommen.

Auf die Überstundenvergütung entfallen natürlich ganz regulär die Einkommenssteuer und Sozialabgaben. Unter bestimmten Voraussetzungen können Überstundenzuschläge z. T. steuerfrei sein, wenn es sich z.B. um Sonn-, Feiertags- oder Nachtzuschläge handelt. Die neue Bundesregierung will zukünftig Zuschläge für Überstunden steuerfrei stellen. Dies befindet sich aber noch in der Planungsphase.

Kündigung mit Freistellung unter Anrechnung von Überstunden 

Wenn es zu einer Kündigung kommt und der Arbeitgeber kein Interesse mehr an der Arbeitsleistung hat, kann er den Arbeitnehmer freistellen. Bei Freistellung muss der Arbeitnehmer i.d.R. bis zum Ende der Kündigungsfrist nicht mehr arbeiten und trotzdem entlohnt. Die Freistellung kann unter Anrechnung der Überstunden erfolgen. Dann scheidet eine zusätzliche Überstundenvergütung aus. Fehlt eine solche Bestimmung, ist der Arbeitnehmer freigestellt und kann trotzdem noch die Überstundenvergütung verlangen.

Überstunden bei fristloser Kündigung

Bei fristloser Kündigung sind Überstunden zu vergüten, da ein Freizeitausgleich wegen der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Frage kommt. Dies gilt unabhängig von der Wirksamkeit der Kündigung.

Hinweis: Sollte in einem späteren Kündigungsschutzprozess die fristlose Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgewandelt werden, werden üblicherweise entsprechende Regelungen zur Anrechnung von Überstunden getroffen.

Überstunden und Aufhebungsvertrag

Abgesehen von der Kündigung kann ein Arbeitsvertrag auch durch einen Aufhebungsvertrag beendet werden. Dabei sollten Arbeitnehmer auf etwaige Klauseln zu Überstunden achten. Arbeitgeber versuchen oft, sich einen Vorteil zu verschaffen, indem sie in den Aufhebungsvertrag Klauseln aufnehmen, durch die u.a. Ansprüche aus Überstunden erledigt werden (ggf auch im Zusammenhang von Aufhebungsvertrag und Ausgleichsquittung – dazu gleich). Der Arbeitnehmer sollte einen Aufhebungsvertrag nie sofort unterschreiben. Der Arbeitnehmer darf sich nicht unter Druck setzen lassen. Der Vertrag sollte vor Unterschrift in Ruhe genau geprüft werden. Es ist ratsam, sich vor einer Unterschrift von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen.

Achtung: Ausschlussfristen und Ausgleichsquittungen!

Arbeitsverträge können sogenannte “Ausschlussfristen” enthalten. Ansprüche, die der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber hat (z.B. der Anspruch auf Überstundenvergütung) verfallen, wenn sie nicht innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht werden. Da diese Fristen ziemlich kurz sein können, sind Überstunden nach einer Kündigung schnell einzufordern. Sonst besteht die Gefahr, Ausschlussfristen zu verpassen. Werden Ansprüche nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht, verfallen sie.

Gibt es keine vertraglichen Ausschlussfristen, gilt die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren.

Auch sollte der Arbeitnehmer vorsichtig sein, wenn der Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses eine Ausgleichsquittung zur Unterschrift vorlegt. Die Unterzeichnung einer Ausgleichsquittung bedeutet, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis als abgegolten gelten. Auch dann kann der Arbeitnehmer keine Überstundenvergütung mehr verlangen. 

Was tun, wenn der Arbeitgeber Überstunden nach Kündigung nicht zahlt?

Wenn der Arbeitgeber nach einer Kündigung die Überstunden nicht auszahlt, ist es ratsam, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren. Dieser kann genau prüfen, ob ein Anspruch auf Zahlung besteht. In den meisten Fällen ist es sinnvoll, den Arbeitgeber schriftlich um die Auszahlung der Überstunden nach Ihrem Austritt zu bitten. Sollte der Arbeitgeber weiterhin ablehnen, wird der Fachanwalt ein entsprechendes Schreiben verfassen und im Bedarfsfall rechtliche Schritte einleiten.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

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