

Ein Arbeitsunfall kann schwerwiegende gesundheitliche und berufliche Folgen haben. Viele Betroffene fragen sich: Darf der Arbeitgeber nach einem Arbeitsunfall kündigen? Grundsätzlich ist eine solche Kündigung nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Arbeitgeber müssen prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung oder Wiedereingliederung möglich ist, und eine Interessenabwägung vornehmen. Unser Artikel erklärt, wann eine Kündigung nach einem Arbeitsunfall rechtmäßig ist – und wann Arbeitnehmer Anspruch auf Abfindung haben können.
Berechnen Sie Ihre Abfindungssumme
Jetzt in 2 min für Ihren individuellen Fall Abfindungssumme berechnen!
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall, der bei der Arbeit oder auf dem Weg dorthin passiert und durch die berufliche Tätigkeit verursacht wird.
- Mögliche Kündigungsgründe nach einem Arbeitsunfall sind z.B. lange Fehlzeiten oder grobe Fahrlässigkeit. In jedem Fall ist eine Interessensabwägung erforderlich. Oft sind Kündigungen schon wegen fehlender Eingliederungsmaßnahmen (BEM) unwirksam.
Inhalt
Was ist eigentlich ein Arbeitsunfall?
Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall, der am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dorthin passiert. In solchen Fällen greifen die gesetzliche Unfallversicherung und oft auch die Berufsgenossenschaften. Diese übernehmen die Kosten für Heilbehandlungen, Verletztengeld und gegebenenfalls Anpassungen des Arbeitsplatzes oder Umschulungen.
Arten von Arbeitsunfällen
- Berufliche Tätigkeit: Unfälle während der Ausführung beruflicher Aufgaben.
- Wegeunfälle: Unfälle auf dem direkten Weg zur oder von der Arbeit.
- Betriebsveranstaltungen: Unfälle bei offiziellen betrieblichen Veranstaltungen.
- Kein Eigenverschulden: Unfälle mit grobem Eigenverschulden werden meist nicht anerkannt.
- Unfälle während Pausen: Anerkennung nur bei klarem Arbeitsbezug.
- Unfälle auf dem Betriebsgelände: Ereignisse im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit.
Kündigungsschutz bei Arbeitsunfall
In vielen Ländern, darunter auch Deutschland, besteht nach einem Arbeitsunfall ein besonderer Kündigungsschutz. Sofern das Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz fällt, kann eine Kündigung nach Arbeitsunfall vor allem ein Fall einer krankheitsbedingten Kündigung sein. Die Anforderungen sind hier besonders streng.
Und falls ein Arbeitnehmer nach einem Arbeitsunfall seine ursprüngliche Arbeit nicht (bald) wieder ausüben kann, ist der Arbeitgeber oft verpflichtet, den Rückkehrprozess durch Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) zu unterstützen. Dies kann durch Anpassungen des Arbeitsplatzes oder durch Weiterbildung und Umschulungsmaßnahmen geschehen.
Gründe für eine Kündigung nach einem Arbeitsunfall
Gründe für eine Kündigung nach einem Arbeitsunfall können sein:
Lange Fehlzeiten: Wenn abzusehen ist, dass der Arbeitnehmer infolge der Verletzungen aus dem Arbeitsunfall über einen sehr langen Zeitraum oder dauerhaft nicht mehr seine Arbeit ausüben kann, kann dies unter bestimmten Umständen eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen.
Grobe Fahrlässigkeit: Wurde der Arbeitsunfall durch grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten des Arbeitnehmers verursacht, kann dies ebenfalls einen Kündigungsgrund darstellen. Solche Fälle sind jedoch die Ausnahme.

Jetzt kostenlos Abfindung berechnen
- Potenzielle Abfindungshöhe berechnen
- Strategie zum Verhandeln einer fairen Abfindung
- Passende Anwälte für Arbeitsrecht finden
Interessenabwägung als Voraussetzung für Kündigung nach Arbeitsunfall
Arbeitnehmer stehen nach einem Arbeitsunfall häufig vor großen Herausforderungen, insbesondere wenn eine Kündigung im Raum steht. Vielfach ziehen Arbeitgeber eine Kündigung in Betracht, wenn es unwahrscheinlich ist, dass der Arbeitnehmer bald wieder an den Arbeitsplatz zurückkehrt.
Die Anforderungen an eine Kündigung nach einem Arbeitsunfall sind aber eher streng. U.a. muss der Arbeitgeber eine umfassende Interessenabwägung vornehmen, die von den Arbeitsgerichten überprüft wird. Dabei wird das Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsvertrags abgewogen. Der Arbeitgeber muss prüfen, ob mildere Mittel als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich sind – etwa eine Umsetzung, Anpassung des Arbeitsplatzes oder stufenweise Wiedereingliederung. Nur wenn solche Alternativen ausscheiden, kann eine Kündigung im Rahmen der Interessenabwägung gerechtfertigt sein. Ein wesentlicher Aspekt ist hierbei das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM):
Betriebliches Eingliederungsmanagement als Bestandteil der Interessenabwägung
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist ein wichtiger Bestandteil der Interessenabwägung bei krankheitsbedingten Kündigungen – und damit auch bei Kündigungen nach einem Arbeitsunfall. Der Arbeitgeber muss prüfen, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und einer erneuten Erkrankung vorgebeugt werden kann und ob eine Weiterbeschäftigung – gegebenenfalls auf einem anderen Arbeitsplatz – möglich ist.
Führt der Arbeitgeber kein BEM durch, kann er im Kündigungsschutzprozess in der Regel nicht nachweisen, dass keine milderen Mittel zur Verfügung standen. Die Gerichte werten dies regelmäßig als Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip – und die Interessenabwägung fällt dann zu Lasten des Arbeitgebers aus. Eine Kündigung ist in solchen Fällen meist unwirksam.1
Beispiel: Ein Lagerarbeiter stürzt bei der Arbeit und erleidet einen komplizierten Beinbruch. Nach mehreren Operationen fällt er rund neun Monate aus. Der Arbeitgeber kündigt krankheitsbedingt mit der Begründung, dass eine baldige Rückkehr an den Arbeitsplatz nicht zu erwarten sei. Der Arbeitnehmer wehrt sich, und das Arbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam. Der Arbeitgeber hatte nämlich kein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchgeführt, obwohl er vor der krankheitsbedingten Kündigung hätte prüfen müssen, wie eine Wiedereingliederung möglich ist.2 Da der Arbeitgeber kein BEM angeboten und keine alternativen Einsatzmöglichkeiten geprüft hatte, war die Interessenabwägung unvollständig.
Für Beschäftigte in der Zeitarbeit gilt, dass die Zeitarbeitsfirma das Arbeitsverhältnis beenden kann, wenn Sie einen Arbeitsunfall in dem Unternehmen erlitten haben, an das Sie ausgeliehen wurden. Vor einer Kündigung muss jedoch geprüft werden, ob eine anderweitige Einsatzmöglichkeit besteht.
Finanzielle Implikationen
Ein Arbeitsunfall kann langfristige finanzielle Auswirkungen haben. Bei einer Kündigung nach Arbeitsunfall stellt sich für viele Betroffene zunächst die Frage nach einer möglichen Abfindung – aber auch nach den sonstigen finanziellen Implikationen, wie z.B. Höhe der Verletztenrente und der Gesamtvergütung – und welche Alternativen Sie in Betracht ziehen sollten.
Abfindungsregelungen bei Arbeitsunfällen
- Gesamtvergütung: Innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Arbeitsunfall kann die Berufsgenossenschaft statt einer vorläufigen Rente eine Gesamtvergütung gewähren.
- Dauerschäden: Gesamtvergütung ist ungeeignet bei erheblichem Dauerschaden.
Verletztenrenten
- Kleine Verletztenrenten (< 40% MdE): Werden nach Kapitalwert abgefunden.
- Beispiel: Jahresrente von 25% (DM 5.400) für 17,3 Jahre vorab ergibt eine Abfindungssumme von DM 93.420.
- Achtung: Langfristig kann dies zu einem Rentenverlust führen.
- Große Verletztenrenten (≥ 40% MdE): Nur zur Hälfte für 10 Jahre abgefunden, Auszahlung entspricht dem Neunfachen des Jahresbetrages.
Witwen- oder Witwerrente
- Wiederheirat: Erstattung mit dem 24-fachen Monatsbetrag bei erster Wiederheirat.
Empfehlungen
- Prüfung vor Abfindung: Antrag auf Rentenvorauszahlung oder mögliche Zahlungen aus Berufshilfe erwägen.
- Lebenserwartung: Abfindung bei geringer Lebenserwartung wird tendenziell nicht gewährt.

Kostenlos Erstberatung mit Fachanwalt
- Kostenlose Erstberatung mit Anwalt
- Schneller Rückruf nach 1 bis 2 Stunden
- Strategie zum Verhandeln der Abfindung
Sonderfälle
Andere Grundsätze gelten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt: In kleinen Unternehmen, die weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigen und daher nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterstehen, kann eine Kündigung nach einem Arbeitsunfall häufig einfacher erfolgen. Auch während der Probezeit greift der erweiterte Kündigungsschutz nicht. In dieser Phase kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 14 Tagen beenden, unabhängig davon, ob eine Krankschreibung aufgrund eines Arbeitsunfalls vorliegt.
Im Gegensatz zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ist während der Probezeit keine umfassende Abwägung der Interessen erforderlich. Solange das Arbeitsverhältnis weniger als sechs Monate besteht, kann der Arbeitgeber nach einem Arbeitsunfall eine Kündigung leichter aussprechen. Es ist dabei unerheblich, ob eine formelle Probezeit vereinbart wurde oder nicht.
FAQ

Kostenlos Erstberatung mit Fachanwalt
- Kostenlose Erstberatung mit Anwalt
- Schneller Rückruf nach 1 bis 2 Stunden
- Strategie zum Verhandeln der Abfindung