Was passiert bei Kündigung mit Stock Options (ESOP, VSOP)?

  • Daniel B.
  • 28. September 2024
  • 11:27
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Entlassungswellen bei Startups und Scale Ups treffen die Angestellten hart. Mittlerweile auch oft diejenigen Mitarbeiter, die maßgebend zum Erfolg der Unternehmen beitragen und entsprechend auch oft am Kapital beteiligt wurden. Für viele Leistungsträger ist die anteilsbasierte Vergütung nämlich das eigentliche Anreizsystem – denn auch bei gutem Gehalt wird man ohne “Options” oder “Shares” in der Regel nicht reich. Mit Optionen dagegen schon. Mitarbeiter, die gekündigt werden, können ihre Stock Optionen aber auch wieder verlieren. Der folgende Blog-Artikel erklärt die wichtigsten Leaver- und Vesting-Regelungen und gibt Tipps, wie Sie Nachteile bei einer Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses vermeiden können.  

Stock Options als Anreiz- und Mitarbeiterbindungsmittel 

Stock Options machen das Arbeiten in Startups und Scale Ups erst richtig interessant. Die Tätigkeit ist abwechslungsreich und herausfordernd, das reine Cash-Gehalt aber oft nur “Mittelklasse”. Daher gewähren Startups oft “Anteile” an ihre Mitarbeiter, um sie am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen. Das schont den Cashflow und sorgt dafür, dass die Anreizsysteme für Leistungsträger, Führungskräfte, Investoren und Gründer übereinstimmen. Wird das Unternehmen irgendwann verkauft oder geht es an die Börse (“Exit”), machen die Mitarbeiter Kasse. Geht das Unternehmen allerdings pleite, sind die Anteile/Optionen i.d.R. wertlos. Aber die Upside ist unlimitiert und oft erheblich: Mitarbeiter von Start- und Scale Ups wie z.B. DeliveryHero und Zalando haben mit Stock Options in den letzten Jahren Millionen verdient. Personio würde bei einem Börsengang auf Basis der letzten Bewertung mehr als 100 Mitarbeitende zu Millionären machen.  Im Folgenden wollen wir die wichtigsten Begriffe erklären, den rechtlichen und steuerlichen Rahmen beleuchten und Tipps geben, wie Sie Nachteile vor allem bei einer Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses vermeiden können. 

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ESOPs, VSOPs, Leaver-Klauseln – was ist das?

Es gibt zahlreiche unterschiedliche Mitarbeiterbeteiligungsprogramme. Wir beschränken uns auf die bei Startups und Scale Ups verbreitetsten zwei Varianten: 

  • ESOP (Employee Stock Option Plan):  Ein ESOP ist ein Programm, mit dem Mitarbeiter echte Anteile am eigenen Unternehmen erwerben können. Bei ESOP-Plänen werden also Optionen auf “echte” Gesellschaftsanteilen (Aktien oder GmbH-Anteile) vergeben. Der Mitarbeiter erhält die Option, diese Anteile der Gesellschaft des Arbeitgebers zu einem (meist: verbilligten) Preis zu erwerben. Die Mitarbeiter  können sich das Anrecht auf die Anteile in der Regel durch längere Betriebszugehörigkeit oder durch Erreichung bestimmter “Meilensteine” verdienen. 
  • VSOP (Virtual Stock Option Plan): Ein VSOP ist eine einfachere Form eines ESOPs. Dabei erhalten die Mitarbeiter keine Optionen auf echte Unternehmensanteile, sondern “nur” auf virtuelle Anteile (sog. “Phantom Shares”). Anders als beim ESOP werden beim VSOP also keine Anteile gewährt. Mitarbeiter  erhalten die “virtuellen Anteile” in der Regel kostenlos als Teil Ihres Vergütungspakets und müssen sie nicht “kaufen”. Ein VSOP lässt sich aber ansonsten ähnlich regeln wie ein ESOP.  VSOPs sind heutzutage der einfachste und gängigste Weg zur Mitarbeiterbeteiligung
  • Leaver-Klauseln: Leaver-Klauseln regeln, was mit den Anteilen passiert, wenn der Mitarbeiter  das Unternehmen verlässt. Das werden wir unten noch genauer erklären

Wie funktionieren ESOPs und VSOPs?

Das lässt sich am besten entlang der drei Phasen eines ESOP- oder VSOP-Plans erklären:

  • Angebots/Implementierungsphase: Bei Begründung des Stock Option Plans oder beim Eintritt ins Unternehmen nimmt der Mitarbeiter  im Rahmen ihres Vertrags ein ESOP-Angebot an. Der Plan erhält jeweils eine bestimmte Anzahl an Anteilsoptionen, die aber i.d.R. an Bedingungen geknüpft sind
  • Cliff-Phase: Während ihrer Zeit im Unternehmen erfüllen die Mitarbeiter die Bedingungen für das Anrecht auf die Optionen. Vielfach muss aber erst eine Klippe (“Cliff”) erreicht werden, um überhaupt berechtigt zu sein. In der Regel ist das eine einjährige Betriebszugehörigkeit
  • Vesting-Phase (Ansparphase): Die Vesting-Periode ist die Zeitspanne, in der Mitarbeiter  die Bedingungen für die Anteilsoptionen erfüllen müssen. Meist sind das zeitbasierte Bedingungen, z.B. 25 Prozent der zugesicherten Optionen pro Jahr Betriebszugehörigkeit. Nach 4 Jahren hätte der Mitarbeiter im Beispiel die maximale Menge an Optionen erreicht. Vesting-Perioden betragen meist 3-5 Jahre.
    Das Vesting ist dabei – in weiten Grenzen – gestaltbar. Genau wie die Leaver-Klauseln, zu denen wir gleich nochmal kommen. Es gibt Programme, bei denen selbst bereits “gevestete” Anteile bei Eigenkündigung wieder verfallen sollen. Andererseits gibt es Programme, bei denen nicht gevestete Anteile nur bei einer Arbeitgeberkündigung aus wichtigem Grund verfallen.
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Wie werden ESOPs und VSOPs arbeitsrechtlich behandelt?

Die genauen Bedingungen in ESOP / VSOP sind weitgehend frei gestaltbar, unterliegen aber einer Inhaltskontrolle (AGB-Prüfung). Die Arbeitsgerichte sind bei Optionen aber deutlich weniger streng als bei anderen Entgeltbestandteilen. Denn Optionen stellen nämlich weniger eine Gegenleistung für erbrachte Leistungen, sondern vielmehr nur eine Gewinnchance und Anreiz für zukünftigen Einsatz dar:

Welcher Inhaltskontrolle unterliegen ESOPs und VSOPs?

Die Inhaltskontrolle umfasst zum Beispiel folgende Themen: 

  • ESOP/VSOP müssen als AGB dem Transparenzgebot  genügen, d.h., die Bestimmungen müssen klar, verständlich und eindeutig regeln, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe dem Berechtigten Zahlungsansprüche zustehen. 
  • ESOPs, bspw: Leaver-Klauseln können auch dann unwirksam sein, wenn sie zu einer unangemessenen Benachteiligung der Mitarbeiter führen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn einem Good Leaver alle Beteiligungen entzogen werden oder einem Bad Leaver der Verlust der Beteiligung auch bei geringfügigen Pflichtverstößen droht.
  • Weiterhin dürfen ESOP/VSOP nicht gegen andere gesetzliche Regelungen verstoßen. Z.B. können Leaver-Klauseln gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verstoßen.

Leaver-Klauseln – Was passiert bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses? 

Die große Frage bei ESOP- oder VSOP-Plänen ist natürlich oft: Was passiert, wenn ein beteiligter Mitarbeiter das Unternehmen verlässt? Das regeln die „Bad Leaver“ und „Good Leaver” Klauseln im ESOP oder VSOP:

  • Good Leaver: Ein Good Leaver ist ein Mitarbeiter, der das Unternehmen “im Guten” verlässt, also ohne gegen vertragliche Vereinbarungen oder gesetzliche Bestimmungen verstoßen zu haben. Gründe hierfür können eine ordentliche Kündigung, der Renteneintritt oder persönliche Gründe sein. Der Good Leaver behält normalerweise seine erworbene Beteiligung – und partizipiert am Verkaufserlös (“Exit”). Details regelt der ESOP / VSOP 
  • Bad Leaver: Im Gegensatz dazu ist ein Bad Leaver ein Mitarbeiter, der das Unternehmen “im Schlechten” verlässt. Zum Beispiel aufgrund von vertragswidrigem Verhalten, Kündigung oder einem schwerwiegenden Pflichtverstoß. Details regelt auch hier der ESOP / VSOP

Welche “Steuerfallen” gibt es bei Mitarbeiterbeteiligungsmodellen?

Wie bei vielen anderen Vergütungsbestandteilen werden die steuerlichen Implikationen, z.B. bei der Verhandlung eines Aufhebungsvertrages, oft außer Acht gelassen. Das kann sich rächen, denn hier kann man wirklich teure Fehler machen:

  • Zum einen unterlegen ESOPs,  VSOPs und andere Mitarbeiterbeteiligungsmodellen, höchst unterschiedlichen steuerlichen Regelungen, die zu  unterschiedlichen Steuerbelastungen führen
  • Zum anderen können vor allen Dingen bei ESOPs  sogenanntes “Dry-Income” entstehen. Das bedeutet: (Lohn-)Versteuerung der gewährten Beteiligung im Ausgabezeitpunkt – ohne Zufluss liquider Mittel bei den begünstigten Arbeitnehmern. D.h. kein Zufluss von Geld, aber die Steuer muss man trotzdem schon zahlen 

Seit Mitte 2021 – verstärkt nochmal seit Januar 2024 – gibt es eine Steueraufschubregelung für Mitarbeiterbeteiligungen, die die “Dry-Income” -Steuerbelastung von ESOPs vermeiden soll. Die v.a. für Start-ups / KMU vorgesehene Steueraufschubregelung sollte ESOPs als echte Beteiligung ggü den “nur virtuellen” VSOPs aufwerten. Zum 1.1.2024 wurde die Regelung nochmal verbessert. 

Vollkommen gleichgestellt sind ESOPS und VSOPs damit aber noch nicht. Vor allem bieten ESOPs mit der günstigeren Besteuerung des Exits als Kapitaleinkünfte (Steuerlast i.d.R. 25% zzgl. Solidaritätszuschlag) deutliche Steuervorteile ggü VSOPs, die beim Mitarbeiter der regulären Lohnbesteuerung (Steuerlast bis zu 45% zzgl. Solidaritätszuschlag) unterliegen.

Weitere Informationen rund um das Thema Steuern finden Sie in unseren 10 Tipps, wie Sie bei Abfindung Steuern sparen können.

Wie kann man Nachteile bei Beendigung vermeiden? 

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Kündigung und Aufhebungsvertrag) gilt es zunächst, sich einen Überblick über die Regelungen im ESOP / VSOP des Arbeitgebers zu verschaffen. Lesen Sie die Bedingungen für einen vorzeitigen Austritt gründlich durch und diskutieren Sie diese, sofern Fragen bestehen, mit einem Experten. Achtung: Eine umfassende anwaltliche Überprüfung der entsprechenden Klauseln kann allerdings teuer werden. Und vielleicht brauchen Sie diese (noch) nicht. Sofern nämlich eine einvernehmliche, also Verhandlungslösung, angestrebt wird, kann man das Ergebnis der Beendigung, z.B. das Schicksal der bereits verdienten Optionen, einvernehmlich zum Teil des Aufhebungsvertrages machen.

Stichwort Aufhebungsvertrag: Wichtig, wenn dort eine ”Catch-all”-Klausel vereinbart ist, dass man die Beteiligungsprogramme im Hinterkopf hat. Mit einer solchen “Catch-all” (auch “Generalquittung” oder” Ausgleichsquittung”) will der Arbeitgeber sicherstellen, dass er keine zusätzlichen Ansprüche seitens des Arbeitnehmers zu befürchten hat. Oft wird wie folgt in Aufhebungsverträgen etwa wie folgt formuliert: „Alle Ansprüche zwischen den Parteien gleich aus welchem Rechtsgrund sind mit der Erfüllung dieses Vergleiches/dieser Vereinbarung erledigt“. 

Wenn man da die bereits gevesteten Optionen nicht ausdrücklich ausschließt, könnte die “Catch-all”-Klausel auch die Ansprüche aus den bereits verdienten (vested) Optionen beseitigen. Das könnte ein sehr “teurer Fehler” werden, den man tunlichst vermeiden sollte. Insbesondere, wenn die Optionen erkennbar einen hohen Wert besitzen, zum Beispiel, wenn ein Börsengang in Vorbereitung ist und die Vesting-Phase (fast) abgelaufen ist, lohnt es sich auf jeden Fall, bei Kündigung oder Aufhebungsvertrag einen Experten hinzuzuziehen. Immerhin kann es in diesen Fällen ja auch mal um Millionen von Euro gehen, auf die man durch eine unglückliche Formulierung im Aufhebungsvertrag “versehentlich” verzichtet. Unsere Partneranwälte können helfen, solche Fehler zu vermeiden.

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