Gekündigt – das kommt für viele Arbeitnehmer unerwartet. Und fast nie hat ein Arbeitnehmer vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber Gelegenheit, seinen Urlaub komplett zu nehmen. Was passiert dann mit den restlichen Urlaubstagen – verfallen diese oder müssen sie ausbezahlt werden? Und was passiert bei Freistellung – ist das mit Urlaub gleichzusetzen? Diese und weitere Fragen zu Kündigung und Urlaubsanspruch beantwortet dieser Blog-Artikel
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Urlaubsanspruch trotz Kündigung?
Spricht ein Arbeitgeber eine (wirksame!) ordentliche Kündigung aus, endet das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist. Sofern eine Abfindungsvereinbarung (z.B. in einem Aufhebungsvertrag) getroffen wird, werden normalerweise auch Regelungen über den Urlaubsanspruch getroffen. Sonst sollte der Arbeitnehmer eigentlich seinen Urlaub vor Ablauf der Kündigungsfrist nehmen können. Es kommt aber leider vor, dass Arbeitgeber versucht, im Fall einer Kündigung den Erholungsurlaub zu verweigern. Legal ist das nicht. Denn weder eine normale noch eine fristlose Kündigung setzen den Urlaubsanspruch außer Kraft. Der Arbeitgeber muss auch einem ausscheidenden Arbeitnehmer grundsätzlich ermöglichen, seinen Resturlaub zu nehmen.
Das ist aber in der Praxis nicht immer möglich, so dass bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Einigung auch der Resturlaub oft Teil eines “Gesamtpakets” wird. Und damit quasi in die Abfindung mit einfließt. Eine Indikation für die Höhe der eigentlichen Abfindungszahlung (ohne Resturlaub) finden Sie übrigens hier:
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Wie wird bei Kündigung Urlaubsanspruch berechnet?
Zunächst mal kommte es darauf an, wie viel Urlaubsanspruch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entstanden ist. Davon zieht man dann den bereits genommenen Urlaub ab (ggf. unter Berücksichtigung von Urlaub aus Vorjahren), um auf den verbleibenden Urlaubsanspruch zu kommen:
1. Bisher entstandener Urlaubsanspruch: Zuerst braucht man den bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entstanden Urlaub. Das hängt von den vertraglichen Vereinbarungen, Tarifvertrag und dem Bundesurlaubsgesetz ab.
- Der Mindest-Urlaubsanspruches wird im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Bei einer Fünftagewoche müssen es mindestens 20 Arbeitstage Urlaub sein. Entsprechend weniger, wenn man nur Teilzeit arbeitet.
- Das ist aber das absolute Minimum. In vielen Tarif- oder Arbeitsverträgen gewähren Arbeitgeber deutlich mehr (z.B. 30 Tage) Urlaub.
- Außerdem darf der Urlaub nach Gesetz eigentlich erst nach 6 Monaten im Unternehmen eingelöst werden. Wenn es während der „Probezeit“ Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt oder eine Kündigung ausgesprochen wird, kann das wichtig werden.
2. Bereits genommener Urlaub: Vom Urlaubsanspruch zieht man dann den bereits genommenen Urlaub ab, um auf den verbleibenden Urlaubsanspruch zu kommen:
3. Berücksichtigung von Urlaub aus Vorjahren: Unter Umständen ist bei Kündigung (genauer: Ablauf der Kündigungsfrist) auch noch Urlaub aus dem Vorjahr “offen”. Das sollte zwar angesichts der in Deutschland geltenden gesetzlichen Bestimmungen eigentlich eine Ausnahme sein. Denn laut Bundesurlaubsgesetz verfällt der Jahresurlaub zum 31. Dezember (unter engen Voraussetzungen ist eine Übertragung ins Folgejahr möglich, aber auch hier nur bis zum 31. März des Folgejahres).
Aber: Das ist nur die halbe Wahrheit. Denn in vielen Fällen wird zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart, dass auch über den 31. März hinaus Urlaub fortgeschrieben werden kann. Einfach, damit ein Arbeitnehmer nicht in wichtigen und arbeitsintensiven Phasen zwingend in Urlaub gehen muss. Hinsichtlich der Berücksichtigung von Urlaub aus Vorjahren kommt es also auf die getroffenen Vereinbarungen an. Im Zweifel nochmal die Emails zum Jahreswechsel aus dem Personalbereich (oder mit Ihrem Vorgesetzten) raussuchen und “sichern”.
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Was passiert mit Resturlaub bei Kündigung?
Bei einer Kündigung muss der Resturlaub grundsätzlich vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses genommen werden. Sofern der Arbeitnehmer “bis zum Ablauf der Kündigungsfrist” arbeiten soll, wird oft vereinbart, dass der Urlaub “im Block” und am Ende der Kündigungsfrist genommen wird. So muss der Arbeitnehmer oft nur noch wenige Tage arbeiten, abhängig von der Dauer der Kündigungsfrist.
Das funktioniert aber nicht immer. Kann der Urlaub nicht mehr gewährt werden, muss der Arbeitgeber ihn grundsätzlich abgelten, in dem das Urlaubsentgelt ausgezahlt wird (Achtung: Urlaubsentgelt ist nicht gleich Urlaubsgeld!). Dabei ist egal, wer das Arbeitsverhältnis und aus welchem Grund beendet hat. Der in der Praxis wichtigste Fall ist allerdings die Freistellung, und da gelten laut Gesetz und Rechtsprechung folgende Grundsätze
Was passiert mit Resturlaub bei Freistellung?
Soll das Arbeitsverhältnis beendet werden, versucht der Arbeitgeber den Arbeitnehmer oft freizustellen. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer nicht mehr zur Arbeit kommen muss und dennoch sein Gehalt bis zum letzten Tag des Arbeitsverhältnisses erhält. An einer Freistellung haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer oft beide Interesse. Und im Rahmen von Aufhebungsverträgen wird i.d.R. vereinbart, dass mit der Freistellung der restliche Urlaubsanspruch abgegolten ist.
Es kommt aber vor, dass ein Arbeitnehmer freigestellt wird und der Arbeitgeber nicht klar macht, dass mit der Freistellung der restliche Urlaubsanspruch abgegolten sein soll. Dann kann der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich zusätzlich zur Abfindung die Abgeltung des nicht verbrauchten Urlaubs in Geld verlangen. Da der freigestellte Arbeitnehmer aber nicht mehr tätig ist, soll er in aller Regel nicht zusätzlich noch das Urlaubsentgelt ausgezahlt bekommen. Eine entsprechende Regelung ist zulässig – aber nur, wenn eine unwiderrufliche Freistellung vorliegt.
Ausdrückliche Vereinbarung zum Urlaubsanspruch bei Kündigung erforderlich
Bei Freistellung bei Kündigung oder Aufhebung sollte grundsätzlich eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen werden. Meistens steht da auch drin, wofür eine Freistellung genau gilt. Und, ob sie “widerruflich” oder unwiderruflich ist. Sofern sie unwiderruflich ist, wird der Urlaub meist angerechnet. Und ist damit erledigt.
Sofern dazu aber keine ausdrückliche Regelung getroffen worden sein, gibt es ein Problem. Denn wenn der Arbeitgeber nur erklärt, er “stelle den Arbeitnehmer frei” (oder: beurlaube oder suspendiere ihn bis zum Ablauf der Kündigungsfrist), ist damit im Zweifel eine widerrufliche Freistellung gemeint. Das gilt bei Beendigung durch Aufhebungsvertrag als auch bei Kündigung.
Der Urlaubsanspruch besteht aber dann in beiden Fällen fort. Denn eine widerrufliche Freistellung ist nicht gleich Urlaub. Bei der widerruflichen Freistellung könnte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wieder zur Arbeitsleistung auffordern. Und dieser müsste dann an seinen Arbeitsplatz zurückkehren, hat also keine ausreichende Sicherheit (z.B. um eine Reise anzutreten).
Nur wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich “unwiderruflich” (und unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche) freistellt, verzichtet der Arbeitgeber auf sein Recht, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Und dann werden die noch verbleibenden Urlaubstage angerechnet.
(Wann) Kann man Resturlaub einfach auszahlen lassen?
Eigentlich nicht. Ein ,,Abkaufen” des Urlaubsanspruchs während des Arbeitsverhältnisses ist ausgeschlossen. Ein Anspruch auf Auszahlung des Resturlaubs besteht nur dann, wenn der Resturlaub bei Kündigung nicht mehr oder nur noch teilweise gewährt werden kann, da die verbleibende Arbeitszeit dafür nicht ausreicht. Dann sieht das Bundesurlaubsgesetz die Möglichkeit vor, dass Arbeitnehmer sich ihren Urlaub auszahlen lassen können. Voraussetzung ist, dass bei einem endenden Arbeitsverhältnis noch Resturlaub besteht und dieser gleichzeitig nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag mit sofortiger Wirkung abschließen, das Arbeitsverhältnis sofort endet, und damit kein Urlaub mehr möglich ist. Wie hoch der auszuzahlende Betrag des Urlaubsentgeltes ist, regelt § 11 Bundesurlaubsgesetz. Die Berechnung richtet sich dabei nach dem durchschnittlichen Verdienst der letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs. Überstunden-Auszahlungen zählen z.B. in diese Berechnung nicht hinein, Provisionen aber schon. Aber in der Regel finden sich entsprechende Regeln dann im Aufhebungsvertrag.
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