

Mercedes-Benz befindet sich in der Krise. Die Ursachen sind zahlreich, u.a. das schwache Geschäft in China. Durch ein neues Kostensenkungs- und Strategieprogramm (“Next Level Performance”) sollen rund fünf Milliarden Euro Kosten eingespart werden. U.a. streicht das Unternehmen ab 2025 Gehaltserhöhungen für Führungskräfte – und schafft das Home-Office für seine Manager ab. Beide Maßnahmen sollen Kosten senken. Die Verschärfung der Home-Office Regeln soll laut Insidern (auch) Mitarbeiter zur Eigenkündigung motivieren. Zwischenzeitlich hat Mercedes ein Abfindungsprogramm mit Abfindungszahlungen von bis zu einer halben Million Euro pro Mitarbeiter aufgelegt.
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Home Office (und Hybridarbeit) stehen unter Druck
Home Office (und „Hybridarbeit“) liegen in Deutschland nach wie vor im Trend. Auch zwei Jahre nach dem Ende der Covid-bedingten Home-Office-Pflicht gehen viele Arbeitnehmer (ca 40%) nur an 3 Tagen pro Woche ins Büro. Viele würden gerne noch weiter gehen und die Büroarbeit auf zwei Tage reduzieren. Denn zwei Tage Büroanwesenheit und drei Tage Homeoffice sind das beliebteste Modell. Freiwillig fünf Tage die Woche ins Büro kommen wollen laut aktueller Umfragen die wenigsten.1
Allerdings haben laut Studien ca ein Drittel der Unternehmen in Deutschland innerhalb des letzten Jahres die Richtlinien für Remote- oder Hybridarbeit verschärft. Im Fokus stehen dabei Rückkehr ins Büro-Richtlinien (“Return-to-office” oder RTO) und die Verpflichtung zu einem “Anwesenheitsminimum”. Zahlreiche Arbeitgeber, wie Amazon, SAP, DB und viele weitere, haben durch strengere Return-to-office-Regelungen in letzter Zeit für Schlagzeilen gesorgt.2
Auch Mercedes streicht Home-Office weitgehend
Jetzt auch Mercedes: Ein Sprecher erklärte, dass alle Führungskräfte in Deutschland ihre Arbeit wieder im Büro erledigen müssen. Ab Januar 2025 wird von Führungskräften ab E3 (Abteilungsleiter) eine grundsätzliche Präsenz von fünf Tagen pro Woche im Büro erwartet. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei kranken Kindern, soll Homeoffice weiterhin möglich sein. Außerdem werden Führungskräfte keine Gehaltserhöhung erhalten.
Als offizieller Grund für das “Return-to-office” führt das Unternehmen den “persönlichen Austausch vor Ort” an. Der sei laut Unternehmen wichtig, um “schneller auf Probleme reagieren zu können”. Ach so.
Geht es bei der Return-to-office Richtlinie um mehr?
Ein Schuft, wer Böses dabei denkt. Denn Unternehmensinsider berichten, dass es um mehr geht als den “persönlichen Austausch vor Ort”. Aus der Konzernzentrale hört man als inoffizielle Begründungen für das “Return-to-office” unterschiedliche Varianten zu Performanceproblemen im Home Office. Zum Beispiel, dass Mitarbeiter ihren Freitag im Home Office v.a. zur Haus- und Gartenarbeit nutzen würden. Als “Evidenz” dafür wurden u.a. die höheren Umsätze der Baumärkte “rund um Stuttgart-Untertürkheim“ am Donnerstagabend zitiert. Also kaufen alle Mercedes-Mitarbeiter am Donnerstagabend Material für ihr Heimwerker- und Gartenprojekt, das am Freitag umgesetzt wird, während man offiziell im Home Office arbeitet? Steile These. Zumindest Deutschlandweit liefert der HDE keine Daten, die diese These stützen würden.3 Nur am Rande: Ein starker Vertrauensbeweis an die eigene Belegschaft sieht anders aus.
Kontext: Kostensenkungsprogramm “Next Level Performance”
Dass es bei der Return-to-office Richtlinie um mehr geht als nur Geschwindigkeit in der Problembewältigung scheint uns zumindest plausibel. Der Vorstand, insbesondere CEO Ola Källenius, steht massiv unter Druck, Kosten zu senken. Das schwache Geschäft mit Elektromobilität und das schwache China-Geschäft belasten das Ergebnis.
Offenbar rückt dadurch vor allem das Thema Kostenreduktion in den Fokus. Bis 2027 sollen durch ein Programm namens “Next Level Performance” (NLP) rund fünf Milliarden Euro Kosten eingespart werden. NLP ist offiziell die umfassende Initiative zur Performance-Steigerung für alle Geschäftsbereiche. Ziel des Programms ist es, das Unternehmen insgesamt erfolgreicher und wettbewerbsfähiger zu machen. Mit “kreativen Ansätzen” und “ohne Tabus”, so die Erklärungen zum NLP-Programm. In der Zentrale in Stuttgart kursiert eine Zahl von 20.000 Stellen, die bis 2027 wegfallen sollen. Die Stimmung in Stuttgart-Untertürkheim ist also auf dem Nullpunkt, wie Insider berichten.
Abbau trotz Beschäftigungsgarantie
Gleichzeitig will Mercedes aber an einer Beschäftigungssicherung, die für den Großteil der Mitarbeiterschaft in Deutschland gilt, festhalten. Diese Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung, intern „Zusi 2030“ genannt, gilt für den Großteil der rund 115.000 Beschäftigten in Deutschland und schließt betriebsbedingte Beendigungskündigungen grds. bis Ende 2029 aus. Wenn das Unternehmen also Stellen abbauen will, geht das vor allem durch:
- Freiwilligen–/Abfindungsprogramme: Diese sind teuer, denn die Mitarbeiter lassen sich die Beschäftigungsgarantie natürlich nur durch eine hohe Abfindung abkaufen
- Alterszeitregelungen: Ergänzungen der Altersteilzeit können die Beschäftigtenzahlen senken – aber auch das hat für den Arbeitgeber einen (hohen) Preis
- Nichtbesetzung frei werdender Stellen: Zum Beispiel, wenn Mitarbeiter in Rente gehen – oder selbst kündigen.
Sollte die RTO-Richtlinie Mitarbeiter dazu bringen, selbst zu kündigen?
Eigenkündigungen sind also grundsätzlich erwünscht. Allerdings sind die Zeiten schlecht und die wenigsten Mitarbeiter kündigen selber, ohne vorher einen neuen Job zu haben. Es sei denn natürlich, dass sie durch neue Regeln, wie z.B. zum Home Office, zur Kündigung gedrängt wurden.
Denn zahlreiche Mitarbeiter, die zuvor von zu Hause aus gearbeitet haben, stehen bei der kurzfristigen Return-to-Office Anordnung vor massiven Problemen. Vor allem, wenn sie weiter weg vom vertraglich vereinbarten Arbeitsplatz wohnen und eine tägliche Fahrt ins Büro nicht dauerhaft praktikabel ist. Wer den Verkehr in und um Stuttgart kennt, versteht das sofort. Stuttgart ist eine Autostadt, und da steht man morgens (nicht nur in Stuttgart) easy mal 1 bis 2 Stunden im Stau, bis man „auf Arbeit“ ist.
Arbeitszeiten verschärfen Situation für Beschäftigte
Das Problem wird bei Mercedes dadurch nochmal verschärft, dass auch in den Zentralbereichen Termine häufig sehr früh beginnen. Erste Meetings um 7:30 Uhr sind keine Seltenheit. Das schafft man also nur, wenn man spätestens um 6:30 Uhr im Auto sitzt. Kinder vor der Arbeit in die Kita oder Schule bringen, wird also schwierig. Das Problem für die Beschäftigten wird durch die extrem kurze Ankündigungsfrist vergrößert. Viele Mitarbeiter werden größte Schwierigkeiten haben, ihr Leben in kürzester Zeit komplett umzuorganisieren. Und das wird mal wieder besonders Frauen betreffen, denn diese werden durch das Ende einer Home-Office Richtlinie oft besonders belastet.
Details “Next Level Performance”
Das Programm, mit dem bis 2027 rund fünf Milliarden Euro eingespart werden sollen, läuft bereits und gilt bis März 2026. Im Fokus stehen mehr als 30.000 Mitarbeitende, vor allem aus indirekten Bereichen wie Verwaltung und Management. Ihnen werden freiwillige Aufhebungsverträge angeboten – mit zum Teil sehr hohen Abfindungssummen. Je nach Alter, Gehalt und Dauer der Betriebszugehörigkeit sind also Zahlungen von bis zu 500.000 Euro möglich.
- So könnte ein 55-jähriger Teamleiter mit einem monatlichen Bruttogehalt von 9.000 Euro und 30 Jahren im Unternehmen eine halbe Million Euro erhalten.
- Eine 45-jährige Sachbearbeiterin mit 20 Jahren Betriebszugehörigkeit und 7.500 Euro brutto monatlich würde laut Berechnungen rund 300.000 Euro bekommen.
Das Programm ist auf freiwilliger Basis angelegt und läuft bis März 2026. Wer sich früh entscheidet, kann mit besonders hohen Abfindungen rechnen. Allerdings gilt das Prinzip der doppelten Freiwilligkeit: Auch das Unternehmen muss zustimmen. Leistungsträger oder besonders qualifizierte Beschäftigte sollen gehalten werden und bekommen unter Umständen kein Angebot.

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- Vgl. Owl labs, state of hybrid work( 2023) ↩︎
- Rückkehr ins Büro – wirklich nur zur Produktivitätssteigerung? ↩︎
- EHI Handelsdaten (2023 ) zur Verteilung der Umsätze im deutschen Einzelhandel auf die Wochentage im Jahr 2013 nach Branchen ↩︎