Sperrzeit beim Arbeitslosengeld: Welche Regeln gelten bei Kündigung?

Sperrzeit Arbeitslosengeld

Wer nach einer Kündigung oder auch einem Aufhebungsvertrag Arbeitslosengeld beantragen möchte, erlebt häufig eine unangenehme Überraschung: Die Agentur für Arbeit verhängt eine Sperrzeit – mit der Folge, dass die Auszahlung später beginnt und sich die Anspruchsdauer verkürzt. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit einer solchen Sperrzeit sind zwei Fragen: Gab es ein „versicherungswidriges Verhalten“ – und lag dafür (k)ein „wichtiger Grund“ vor? Dieser Beitrag zeigt die häufigsten Gründe für eine Sperrzeit nach einer Kündigung, erklärt Dauer und Folgen – und wie Sie eine Sperrzeit vermeiden oder dagegen vorgehen können.

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Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Voraussetzungen: Die Agentur für Arbeit kann eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängen, wenn sich der Arbeitslose “versicherungswidrig” verhalten hat und dafür “kein wichtiger Grund” vorliegt.
  • Typische Auslöser für eine Sperrzeit sind verhaltensbedingte oder fristlose Kündigungen.
  • Ein „wichtiger Grund“ liegt z.B. vor, wenn dem Arbeitnehmer ein Verbleib im Job nicht zugemutet werden kann, etwa bei Mobbing, Belästigung oder familiären Pflegepflichten. Dann gibt es keine Sperrzeit. 
  • Die Folgen einer Sperrzeit sind erheblich: Das Arbeitslosengeld wird erst nach Ablauf der Sperrzeit gezahlt. Die Anspruchsdauer verkürzt sich deutlich, je nach Grund bis zu 12 Wochen.
  • Gegen eine Sperrzeit kann man sich mit Widerspruch und Klage wehren (Muster unten im Artikel)

Sperrzeiten nach Kündigung

Nach Ausspruch einer Kündigung muss sich ein Arbeitnehmer bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden. Ist das Arbeitsverhältnis dann nach Ablauf der ordentlichen Kündigung tatsächlich beendet, muss er sich bei der Agentur für Arbeit spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit arbeitslos melden.  

Besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld, wird eine Sperrzeit verhängt, wenn der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten und dafür keinen wichtigen Grund hatte. (§ 159 SGB III)

1. Voraussetzung: Versicherungswidriges Verhalten

Ein versicherungswidriges Verhalten nach Ausspruch einer Kündigung liegt in folgenden Fällen vor:

Arbeitsaufgabe

Hat der Arbeitslose das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beendet, ohne eine neue Anschlussbeschäftigung zu haben, verhält er sich versicherungswidrig. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer aktiv zu seiner eigenen Arbeitslosigkeit beigetragen. Dazu gehört auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Hier verweisen wir auf unseren separaten Beitrag Aufhebungsvertrag und Sperrzeiten.

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Arbeitsvertragswidriges Verhalten

Wenn der Arbeitslose durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Beendigung gegeben hat und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, wird eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängt.

Vertragswidriges Verhalten:
  • Erhält ein Arbeitnehmer eine verhaltensbedingte Kündigung, stützt sich diese auf die Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten. Das Gesetz geht davon aus, dass der Arbeitnehmer zu seiner eigenen Arbeitslosigkeit beigetragen hat. Beispiel: Ein Arbeitnehmer kommt wiederholt zu spät, verweigert die Arbeit, beleidigt Vorgesetzte oder Kollegen etc. 
  • Eine fristlose Kündigung beruht auf einer schweren Pflichtverletzung (Betrug, Vortäuschen einer Erkrankung etc.) des Arbeitnehmers, die dem Arbeitgeber das Abwarten bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar macht. Dieses vertragswidrige Verhalten ist die Grundlage für die Sperrzeit.
Kein Vertragswidriges Verhalten:
  • bei einer betriebsbedingten Kündigung, d.h. keine Sperrzeit.
  • bei einer krankheitsbedingten Kündigung, d.h. auch hier keine Sperrzeit. 
  • bei einer personenbedingten Kündigung. Nur ausnahmsweise können hier Sperrzeiten verhängt werden. Beispiel: Verliert ein Berufskraftfahrer aufgrund eines verschuldeten schweren Verkehrsverstoßes seine Fahrerlaubnis, kann der Arbeitgeber eine personenbedingte Kündigung aussprechen. Die Agentur für Arbeit entscheidet bei Sperrzeiten, ob ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges vertragswidriges Verhalten zur Arbeitslosigkeit führt. Hier sind immer die Umstände im Einzelfall (z.B. Verstoß in der Freizeit/Arbeitszeit ; Schwere des Verstoßes, Trunkenheitsfahrt etc.) entscheidend:
Beispiele 1: Sperrzeit nach Kündigung rechtskräftig

Ein Omnibusfahrer fuhr in seinem Privat-Pkw mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,95 Promille. In einer Polizeikontrolle wurde der Führerschein beschlagnahmt. Er wurde wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis. Hier wurde wegen vertragswidrigem Verhalten eine Sperrzeit verhängt.

Beispiele 2: Sperrzeit nach Kündigung wurde aufgehoben

Der Arbeitnehmer war LKW-Fahrer und hatte bereits vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses wiederholt Verkehrsverstöße begangen. Während einer Privatfahrt benutzte er verbotswidrig ein Mobiltelefon. Er erhielt dafür ein Bußgeld, einen weiteren Punkt und ein 6 monatiges Fahrverbot. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis. Das Landessozialgericht hat die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld aufgehoben, da sie nur eintritt, wenn das vertragswidrige Verhalten Anlass für den Verlust des Arbeitsplatzes war. In diesem Fall war es aber nicht das Verwenden des Mobiltelefons bei einer Privatfahrt,  sondern das „Überziehen des Punktekontos“ und das Fahrverbot.

Hinweis: Da es hier viele Entscheidungen der Sozialgerichte gibt, ist es empfehlenswert, dass sich der Betroffene rechtlichen Rat bei einem Anwalt einholt, der auf Arbeitsrecht oder Sozialrecht spezialisiert ist.

Versäumte Meldung als “arbeitssuchend”

Nach Ausspruch einer Kündigung muss sich ein Arbeitnehmer bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden. Auch im Jahr 2023 war die versäumte Meldung als “arbeitssuchend” wieder der häufigste Grund für eine Sperrzeit. Mindestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses müssen sich Arbeitnehmer arbeitssuchend melden. Erfährt der Arbeitnehmer jedoch erst später vom Ende des Vertrages, ist die Meldung spätestens drei Tage nach Kenntniserlangung vorzunehmen. Um eine Sperrzeit zu umgehen, sollten Arbeitnehmer Meldepflichten fristgerecht erfüllen.

Meldeversäumnis

Arbeitssuchende müssen sich bei der Agentur für Arbeit melden und nach Aufforderung bei ärztlichen oder psychologischen Untersuchungsterminen erscheinen. Wird dem nicht nachgekommen, kann es zur Verhängung einer Sperre beim Arbeitslosengeld kommen.

Sonstige Gründe

Weitere Gründe können die Arbeitsablehnung, das Ablehnen einer Eingliederungsmaßnahme oder eines Integrationskurses sowie unzureichende Eigenbemühungen sein. 

2. Voraussetzung: “ohne wichtigen Grund”

Ein versicherungswidriges Verhalten allein reicht für die Verhängung einer Sperrzeit nicht aus. Hatte der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für sein Verhalten, erfolgt keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Fehlt ein wichtiger Grund, wird eine Sperrzeit verhängt.

Allgemein gilt: Ein wichtiger Grund liegt immer dann vor, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung seiner Interessen kein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Wann ein wichtiger Grund in Einzelfällen vorliegt, können Sie in unserem Beitrag „Arbeitslosengeld und Aufhebungsvertrag” lesen.

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Folgen einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld

Bei einer Sperrzeit ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dies bedeutet: Der Arbeitnehmer erhält erst nach Ablauf der Sperrzeit sein Arbeitslosengeld. Wesentlich einschneidender ist aber, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld mindestens um die Dauer der Sperrzeit gekürzt wird. Bei einer Sperrzeit von 12 Wochen verliert der Arbeitnehmer mindestens ein Viertel seiner Anspruchsdauer. 

Beispiel: Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von 18 Monaten. Er kündigt den Arbeitsplatz ohne wichtigen Grund. Die Arbeitsagentur verhängt eine Sperrzeit von 12 Wochen. Die Anspruchsdauer verkürzt sich nicht nur um 12 Wochen (3 Monate), sondern von 18 Monaten um ein Viertel (4,5 Monate) auf 13,5 Monate. 

Dauer der Sperrzeit

Die Dauer der Sperrzeit liegt – je nach Grund – zwischen einer und zwölf Wochen. Hier eine Übersicht:

SperrgrundDauerBeispiele
Arbeitsaufgabe12 Wochen– Eigenkündigung
– Aufhebungsvertrag
– verhaltensbedingte Kündigung
Arbeitsablehnung
– 3 Wochen (1. Verstoß)
– 6 Wochen (2. Verstoß)
– 12 Wochen (ab 3. Verstoß)
– Geeigneten Stelle ablehnen
– Vorstellungsgespräch verhindern
Ablehnung / Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme– 3 Wochen (1. Verstoß)
– 6 Wochen (2. Verstoß)
– 12 Wochen (ab 3. Verstoß)
– Maßnahme verweigert
– Nichterscheinen
Unzureichende
Eigenbemühung
2 Wochen– keine Bewerbungen
– keine Stellensuche
Meldeversäumnis (Termin)1 WocheTermin verpasst
verspätete Meldung als “arbeitssuchend“1 WocheVerspätete Meldung einer künftigen Arbeitslosigkeit

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Was tun bei einer Sperrzeit?

Hat die Arbeitsagentur eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängt, kann der Arbeitnehmer innerhalb eines Monats schriftlich Widerspruch einlegen:

  • Ist der Widerspruch erfolgreich, muss die Behörde dem Widerspruch abhelfen (d. h. Sperrzeit aufheben oder den Inhalt der Sperrzeit ändern). 
  • Ist der Widerspruch erfolglos, wird ein Widerspruchsbescheid erlassen. Gegen diesen kann man beim Sozialgericht Klage erheben. Hier ist jedoch die Hinzuziehung eines Anwalts empfehlenswert.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

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