Das Management von Tesla in Grünheide führt unangekündigte Hausbesuche bei kranken Tesla-Mitarbeitern durch – sog. Kontrollbesuche. Grund ist der angeblich hohe Krankenstand in der Gigafabrik in Grünheide. Tesla Chef Elon Musk selber hatte den Krankenstand im Tesla-Werk in Grünheide als „verrückt“ bezeichnet. Auf X (ex Twitter) schreibt Musk: “This sounds crazy. Looking into it.” Chefsache also. Aber was ist da los?
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Grünheide: Tesla macht rund um die Gigafabrik in Grünheide Kontrollbesuche bei kranken Mitarbeitern. Das scheint bei Tesla normal zu sein. In Deutschland ist es das aber auf keinen Fall. Ursache für diese in Deutschland ungewöhnliche Vorgehensweise scheint ein extrem hoher Krankenstand in Grünheide zu sein. Laut Zahlen aus einer Betriebsversammlung vom 19. September, die das Handelsblatt zitiert, lag im August der Krankenstand bei 17%. Das Tesla-Management bezeichnete das als „inakzeptabel“. Hoch ist das auf alle Fälle.
Hoher Krankenstand und problematische Arbeitsbedingungen bei Tesla
Über die Ursachen können wir noch nicht mal spekulieren. Doch wer gelegentlich mal in die internationale Presse reinschaut, erinnert sich vielleicht, dass Tesla wegen der Arbeitsbedingungen in seinen Werken immer mal wieder in der Diskussion war. In letzter Zeit unter anderem das Werk in Austin. Texas fiel dort in den letzten Monaten wegen problematischer Arbeitsbedingungen und Schwierigkeiten mit der Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen auf. Ob es auch in Grünheide solche Probleme gibt, wissen wir nicht. Gerüchte gibt es allerdings. Die Rede ist von hoher Arbeitsbelastung und stressigem Mehrschichtbetrieb. Eigentlich nichts, was in der Automobilindustrie so komplett neu wäre. Das Tesla-Management verfolgt aber eine andere Fährte, nämlich die der Mitarbeiter. Und zwar mit den unangekündigten Hausbesuchen. Bisher sind offensichtlich 30 Mitarbeiter besucht worden, die laut Einschätzung des Tesla-Managements “Auffälligkeiten” hatten.
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Darf der Arbeitgeber unangekündigte Krankenbesuche abstatten?
Sowas ist in Deutschland ungewöhnlich, aber so nicht grundsätzlich verboten. Zumindest haben wir keine entsprechende gesetzliche Bestimmung gefunden. Außerdem haben verschiedene Arbeitsrechtler bestätigt, dass man zumindest in begründeten Fällen auch Besuche bei Beschäftigten machen darf. Denn auch der Arbeitgeber (oder ein Vertreter) dürfen – wie alle anderen Menschen auch – bei einem Mitarbeiter auf den Klingelknopf drücken. Die Tür öffnen müsse der Arbeitnehmer aber nicht. Er ist also nicht verpflichtet, die Tür aufzumachen oder zu zeigen, dass er zu Hause ist. Natürlich gehen da Hausrecht und Privatsphäre des Mitarbeiters vor. Und Fragen zur Krankheit und zum Gesundheitszustand muss er erst recht nicht beantworten. Aber auch Anrufe sind in Einzelfällen wohl zulässig. Zwar müssen Arbeitnehmer nicht telefonisch erreichbar sein oder Anrufe entgegennehmen, während sie krank sind. Verboten sind Anrufe zu Kontrollzwecken aber nicht.
Was gilt als „AU“ also Arbeitsunfähigkeit?
Erlaubt, heißt aber nicht gleich sinnvoll. Denn auch, wenn man den Arbeitnehmer zu Hause antrifft und der für medizinische Laien gesund aussieht, heißt das nicht, dass keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Arbeitsunfähigkeit (AU) bedeute also nicht Bettlägerigkeit. Der Arbeitgeber kenne die genaue Diagnose nicht, weshalb es ihm wenig bringe, den Arbeitnehmer aufzusuchen. Die AU-Bescheinigung hat einen hohen Beweiswert. Bei Zweifeln an der AU kann der Arbeitgeber unter anderem den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einschalten. Ein Vertrauensbeweis sieht im übrigen anders aus. Und vielleicht muss man die Hausbesuche auch genauso verstehen – als Maßnahme, die Hürden für eine Krankmeldung zu erhöhen. Es bleibt also abzuwarten, wie das Thema bei Tesla weitergeht.
Welche Konsequenzen kann das haben?
Wirksam kündigen kann man den Betroffenen Mitarbeitern wegen Krankheit aber mit hoher Wahrscheinlichkeit so nicht. Nur, wer sich wirklich nachweislich beim “Blaumachen” erwischen lässt, droht Abmahnung oder Kündigung wegen Krankheit. Dann wird es natürlich interessant. Mahnt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur ab, geht dieser oft nicht gegen die Abmahnung vor. Kündigt der Arbeitgeber aber, werden anwaltliche beratene Arbeitnehmer praktisch immer dagegen klagen. Es kommt also zum Kündigungsschutzprozess. Dort muss der Arbeitgeber den Beweiswert der AU zu erschüttern. Dass der Arzt selbst aussagt – und dann auch noch, dass er die AU “nur so” ausgestellt hat – ist mehr als unwahrscheinlich.
Arbeitgeber können also nur Indizien dafür zu sammeln, dass die AU-Bescheinigung zu Unrecht ausgestellt wurde. Das ist sehr schwer, denn im Regelfall weiß der Arbeitgeber nichts über die Art der Erkrankung oder deren Ursachen. Lesen Sie mehr über die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung hier.
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