Eine Kündigung kommt für Arbeitnehmer oft überraschend und wirft viele Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf den Urlaubsanspruch. Was passiert mit den angesammelten Urlaubstagen, wenn das Arbeitsverhältnis plötzlich endet? Haben Sie Anspruch auf eine Auszahlung der verbleibenden Urlaubstage, und was gilt es bezüglich des Urlaubsgeldes zu beachten? Unser Blogartikel beleuchtet alles Wichtige zum Thema “Urlaubsanspruch bei Kündigung”.
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Das Wichtigste auf einen Blick:
- Nach dem Bundesurlaubsgesetz haben alle Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaub.
- Der Urlaubsanspruch verfällt nicht durch eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag.
- Wie viel Urlaub Ihnen zusteht, hängt davon ab, ob Ihr Arbeitsverhältnis in der ersten oder zweiten Jahreshälfte beendet wurde.
- Grundsätzlich besteht für den Arbeitgeber auch nach einer Kündigung/Aufhebungsvertrag die Pflicht, dem Arbeitnehmer seinen Resturlaub zu gewähren.
- Manchmal ist dies aber nicht möglich (z.B. wenn es betrieblich so erforderlich ist oder auch bei einer fristlosen Kündigung). In solchen Fällen muss der Urlaub abgegolten, also ausgezahlt werden.
- Bei Aufhebungsverträgen sollten Sie vorsichtig bei Abgeltungs- und Erledigungsklauseln sein. Durch solche Klauseln verzichten Sie ggf. auch auf Ihren Urlaubsanspruch.
Inhalte
- Urlaubsanspruch bei Kündigung: Rechtliche Grundlagen
- Was passiert mit dem Urlaubsanspruch bei Kündigung?
- Auszahlen des Urlaubsanspruchs bei Kündigung
- Urlaubsabgeltung und Arbeitsunfähigkeit
- Urlaubsanspruch und Aufhebungsvertrag
- Urlaubsgeld bei Kündigung
- Urlaubsabgeltung und Arbeitslosengeld
- FAQ zum Urlaubsanspruch bei Kündigung
Urlaubsanspruch bei Kündigung: Rechtliche Grundlagen
Nach dem Bundesurlaubsgesetz haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf bezahlten Urlaub. Haben Arbeitnehmer eine 5-Tage-Woche haben sie einen gesetzlichen Anspruch auf 20 Urlaubstage, bei einer 6-Tage-Woche auf 24 Tage im Jahr. Dabei handelt es sich aber nur um den gesetzlichen Mindestanspruch. Vertraglich können mehr Urlaubstage vereinbart werden, nur weniger ist unzulässig. Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben zusätzlich noch einen Anspruch auf Zusatzurlaub.
Urlaubstage aus dem vergangenen Kalenderjahr können nur bei dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen ins nächste Kalenderjahr verschoben werden. In einem solchen Fall kann der Urlaub bis zum 31.03. des Folgejahres genommen, sofern der Arbeitgeber ausdrücklich auf den Urlaubsanspruch hingewiesen hat.
Diese Regelung gilt übrigens für alle Arbeitnehmer, also auch für Praktikanten oder Minijobber.
Übrigens: Urlaubstage kann man sich grundsätzlich nicht auszahlen lassen. Der Urlaub soll der Erholung dienen. Eine Urlaubsabgeltung, also eine Auszahlung der Urlaubstage, ist nur dann möglich, wenn der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht gewährt werden kann (dazu aber später mehr).
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Was passiert mit dem Urlaubsanspruch bei Kündigung?
Wie viele Urlaubstage stehen mir zu?
Wichtig ist zunächst, dass der Urlaub bei Kündigung nicht verfällt. Wie viele Urlaubstage Ihnen zustehen, hängt vom Zeitpunkt der Kündigung ab. Wird das Arbeitsverhältnis in der ersten Hälfte des Jahres (vor dem 30. Juni) beendet, hat der Arbeitnehmer einen anteiligen Anspruch auf seinen Urlaub. Das berechnet sich, indem der ganze Jahresurlaub durch zwölf geteilt wird und dann mit der Anzahl der vollen Monate, in denen das Arbeitsverhältnis noch besteht, multipliziert wird. Dasselbe gilt, wenn Sie sich noch in der Probezeit befinden.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer kündigt zum 30.6. und hat insgesamt einen Anspruch auf 20 Urlaubstage. Daher rechnet man: 20/12 × 6 = 10 Urlaubstage
Wird das Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte (nach dem 1. Juli) beendet, haben Sie dagegen Ihren vollen Urlaubsanspruch.
Wie sieht es aber aus, wenn vertraglich mehr Urlaubstage vereinbart wurden als gesetzlich vorgeschrieben? Dann kommt es auf die vertraglichen Regelungen im Einzelfall an. Ist vertraglich beispielsweise eine “pro rata temporis”-Regelung getroffen worden, wird der Zusatzurlaub nur anteilig gewährt. Das könnte so aussehen: “Im Ein- und Austrittsjahr erhält der Arbeitnehmer für jeden vollen Beschäftigungsmonat ein Zwölftel des vertraglichen Zusatzurlaubs.”
Beispiel: Ein Arbeitnehmer kündigt zum 30.9. und hat insgesamt einen Anspruch auf 30 Urlaubstage (20 Tage gesetzlicher Mindesturlaub und 10 Tage vertraglicher Zusatzurlaub). Dann rechnet man: 30/12 × 9 = 22,5 Urlaubstage
Fehlt eine solche Vereinbarung, werden die oben genannten Regelungen auch auf den vertraglichen Mehrurlaub angewendet. Das heißt, wenn man 30 Urlaubstage (20 Tage gesetzlicher Mindesturlaub und 10 Tage vertraglicher Zusatzurlaub) hat und in der zweiten Jahreshälfte das Arbeitsverhältnis beendet wird, hat man Anspruch auf den vollen Urlaub. In der ersten Jahreshälfte muss man wieder anteilig berechnen.
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Wann wird der Urlaub gewährt, wann abgegolten?
Ganz egal, wie Ihr Arbeitsverhältnis beendet wird (Kündigung oder Aufhebungsvertrag), Ihr Arbeitgeber muss Ihnen grundsätzlich noch Ihren (Rest-)Urlaub gewähren. Wird ordentlich gekündigt, also unter Einhaltung der Kündigungsfrist, kann der Urlaub noch bis zum Ende der Kündigungsfrist genommen werden. In der Praxis kommt es häufig vor, dass kein Interesse mehr an der Arbeitsleistung mehr besteht. Dann kann der Arbeitnehmer bis zum Ende der Kündigungsfrist unter freigestellt werden. Oft erfolgt die Freistellung unter Anrechnung der noch offenen Urlaubstage.
Damit der Urlaub aber wirksam angerechnet werden kann, muss die Freistellung unwiderruflich sein und das Urlaubsentgelt vor Urlaubsantritt gezahlt bzw. vorbehaltlos zugesagt werden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, behält der Arbeitgeber seinen Urlaubsanspruch, der dann in Geld ausgezahlt werden muss.
Wird fristlos gekündigt, kann der Urlaub regelmäßig nicht mehr genommen werden. In diesem Fall muss der Urlaub ausgezahlt werden.
Auszahlen des Urlaubsanspruchs bei Kündigung
Kann der (Rest-)Urlaub nicht mehr genommen werden, muss der Arbeitgeber den Urlaub abgelten, also auszahlen. Grund dafür könnte zum Beispiel sein, dass Sie Ihren Nachfolger einarbeiten müssen und Sie Ihren restlichen Urlaub deswegen nicht in Anspruch nehmen können. Dabei ist es egal, ob Sie selbst gekündigt haben oder gekündigt wurden. Auch spielt es keine Rolle, warum das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Ihr Urlaubsanspruch besteht weiterhin.
Beachten Sie unbedingt, dass vertraglich oft kurze Ausschlussfristen vereinbart werden (z.B. “Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, erlöschen, wenn sie nicht binnen einer Frist von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit in Textform gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden.”). Warten Sie also nicht allzu lange, da ein möglicher Anspruch auf Urlaubsabgeltung so verfallen könnte.
Für die Berechnung der Urlaubsabgeltung wird der durchschnittliche Verdienst der letzten 13 Wochen vor der Kündigung herangezogen. Überstundenzahlungen müssen aber herausgerechnet werden. Sie zählen nicht zum durchschnittlichen Verdienst.
Beispiel: Wenn Sie ein monatliches Bruttogehalt von 3.000 € erhalten, noch acht Urlaubstage und eine 5-Tage-Woche haben, müssen Sie wie folgt rechnen:
(3.000 € × 3) : 13 = 692 € (Wert einer Arbeitswoche)
692 € : 5 = 138 € (Wert eines Arbeitstags)
138 € × 8 = 1.107 € (Auszahlungsbetrag der restlichen Urlaubstage)
Vertragliche Vereinbarungen, die nachteilig auf den Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers wirken, sind oftmals unwirksam. Eine Vereinbarung, durch welche der Urlaubsabgeltungsanspruch ausgeschlossen wird und dadurch eine höhere Abfindungssumme vereinbart, wirkt sich beispielsweise nicht nachteilig dem Arbeitnehmer gegenüber aus, sodass eine solche Regelung wirksam ist (BAG, Urteil vom 14. Mai 2013, Az. 9 AZR 844/11).
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Urlaubsabgeltung und Arbeitsunfähigkeit
Laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts1 hat ein Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf Abgeltung seines Urlaubs, wenn das Arbeitsverhältnis endet, bevor er wieder arbeitsfähig ist. Dieser Anspruch bezieht sich zunächst auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch. Was darüber hinausgeht, wie zum Beispiel vertraglich oder tariflich geregelter zusätzlicher Urlaub, verfällt, soweit dies vertraglich vereinbart ist. Gibt es jedoch keine entsprechende Regelung, hat der Arbeitnehmer auch für diesen zusätzlichen Urlaub einen Anspruch auf Abgeltung.
Urlaubsanspruch und Aufhebungsvertrag
Im Gegensatz zur Kündigung wird das Arbeitsverhältnis bei einem Aufhebungsvertrag einvernehmlich beendet. Der Aufhebungsvertrag wird häufig Klauseln zu Urlaubsansprüchen haben. Wichtig ist, dass auch bei einem Aufhebungsvertrag der Urlaub nicht einfach verfällt. Wie genau mit den (restlichen) Urlaubstagen verfahren werden soll, kann individuell vertraglich vereinbart werden. Arbeitnehmer sollten dabei genau darauf achten, dass mit Ihrem Urlaubsanspruch fair umgegangen wird. Häufig wird eine Freistellung vereinbart. Dabei müssen aber wiederum die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sein (unwiderrufliche Freistellung sowie vorherige Auszahlung bzw. vorbehaltlose Zusage des Urlaubsentgelts). Ansonsten gilt wieder, dass Ihr Urlaubsanspruch weiterhin besteht.
Findet sich im Aufhebungsvertrag keine Regelung oder kann der Urlaub nicht gewährt werden, muss der Urlaub ausgezahlt werden. Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag erhalten, sollten Sie sich daher nicht unter Druck setzen lassen und nicht voreilig unterschreiben. Besonders vorsichtig sollten Sie bei sogenannten Abgeltungs- und Erledigungsklauseln sein, die zur Folge haben, dass die Parteien auf alle Ihre Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag verzichten. Es ist daher ratsam, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht heranzuziehen, der den Aufhebungsvertrag für Sie rechtlich bewerten kann.
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Urlaubsgeld bei Kündigung
Das Urlaubsgeld ist eine freiwillige Sonderzahlung seitens des Arbeitgebers, die in der Regel zur Anerkennung der Loyalität des Arbeitnehmers zum Unternehmen dient. In bestimmten Fällen hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, bereits gezahltes Urlaubsgeld zurückzufordern. Solche Vereinbarungen sind häufig als „Rückzahlungsklausel“ im Arbeitsvertrag verankert.
Eine Rückzahlung wird erforderlich, wenn das Urlaubsgeld als einmalige Zahlung gewährt wird. Beispielsweise muss ein Arbeitnehmer, der das Unternehmen nach neunmonatiger Beschäftigung verlässt, ein Viertel des bereits erhaltenen Urlaubsgeldes zurückzahlen. Diese Rückzahlung erfolgt üblicherweise über die finale Lohnabrechnung.
Wenn das Urlaubsgeld jedoch an die Anzahl der genommenen Urlaubstage gebunden ist, kann der Arbeitgeber das bereits gezahlte Urlaubsgeld nicht zurückverlangen, solange der Urlaub vor der Kündigung genommen wurde. Sollten Rückforderungsansprüche gegen Sie erhoben werden, empfiehlt es sich, diese auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Bei Unsicherheiten kann es ratsam sein, rechtlichen Rat von einem Anwalt einzuholen.
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Urlaubsabgeltung und Arbeitslosengeld
Während der Urlaubsabgeltung wird von der Agentur für Arbeit eine sogenannte Ruhenszeit festgelegt. In dieser Zeit wird kein Arbeitslosengeld I ausgezahlt. Diese Ruhenszeit ist klar von einer Sperrzeit zu unterscheiden. Der Zeitraum für die Auszahlung wird lediglich nach hinten verschoben, während Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld I in seiner Gesamtdauer weiterhin voll besteht.
Die Sperrzeit hingegen betrifft Arbeitnehmer, die ihre Arbeitslosigkeit selbst verursacht haben, beispielsweise durch eine Eigenkündigung. In einem solchen Fall wird der gesamte Auszahlungszeitraum um die Dauer der Sperrzeit verkürzt, die in der Regel 12 Wochen beträgt.
FAQ zum Urlaubsanspruch bei Kündigung
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- Strategie zum Verhandeln Ihrer Abfindung
- BAG, Urteil vom 24. März 2009, 9 AZR 983/07 ↩︎