Freiwilligenprogramme können für Unternehmen, die Personalabbau betreiben, eine echte Alternative zu (betriebsbedingten) Kündigungen sein. Sie bringen viele Vorteile mit sich – aber vor allem für die Arbeitgeberseite. Denn ein Arbeitgeber muss bei “Freiwilligen” keine Angst vor Rechtsstreitigkeiten haben. Der Kündigungsschutz – beispielsweise für Schwerbehinderte – kann durch ein Freiwilligenprogramm komplett ausgehebelt werden. Für den Arbeitnehmer macht ein Freiwilligenprogramm dagegen nur dann Sinn, wenn die Konditionen deutlich besser gestaltet sind als sie z.B. auf Grundlage eines Sozialplans wären. Zum Teil deutlich höhere Abfindungen (auch gepaart mit “Sprinterprämien”) machen Freiwilligenprogramme für Arbeitnehmer interessant. Trotzdem ist Vorsicht angezeigt. Wenn man Angebot zur Teilnahme an einem Freiwilligenprogramme erhält, sollte man nicht überstürzt handeln – und sich auf keinen Fall unter Druck setzen lassen. Einerseits mag die Abfindungszahlung attraktiv klingen, andererseits sollten Sie sich auch die Nachteile wie eventuelle Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld vor Augen führen.
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Das Wichtigste auf einen Blick:
- Statt auf betriebsbedingte Kündigungen, können Unternehmen zum Personalabbau auf Freiwilligenprogramme zurückgreifen.
- Im Rahmen von Freiwilligenprogrammen erhalten Arbeitnehmer ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Dabei werden Anreize wie Abfindungen, Sprinterprämien oder positiven Zeugnisregelungen gesetzt.
- In der Regel erhalten Arbeitnehmer im Rahmen von Freiwilligenprogrammen höhere Abfindungen als bei einem Sozialplan.
- Jedoch können Aufhebungsverträge auch Nachteile wie beispielsweise Sperrzeiten zur Folge haben, weshalb man Vor- und Nachteile gut abwägen sollte.
Inhalte
Was ist ein Freiwilligenprogramm?
Wenn ein Arbeitgeber Personal abbauen will, gibt es dafür verschiedene Möglichkeiten. In der Regel erfolgen betriebsbedingte Kündigungen. Der Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmern aber auch ein Freiwilligenprogramm anbieten, um Personal abzubauen. Zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber wird dabei ein Aufhebungsvertrag geschlossen. Während bei der betriebsbedingten Kündigung eine Sozialauswahl durchgeführt werden muss, entfällt eine solche beim Freiwilligenprogramm. Aufhebungsverträge erfolgen nämlich einvernehmlich und sind von der Zustimmung des Arbeitnehmers abhängig. Damit Arbeitnehmer Anreize zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags haben, wird dieser i.d.R. mit hohen finanziellen Anreizen wie höheren Abfindungen, Freistellungsregelungen, positiven Zeugnisregelungen, verlängerten Kündigungsfristen, Freistellungsregelungen oder auch Sprinterprämien angereichert. Bei den Sprinter- bzw. Turboprämien handelt es sich um einen finanziellen Anreiz, den man erhält, wenn man innerhalb eines bestimmten Zeitraums dem Aufhebungsvertrag zustimmt.
Auf diese Weise kann der Arbeitgeber einerseits die Sozialauswahl, die bei betriebsbedingten Kündigungen notwendig ist, und andererseits auch den besonderen Kündigungsschutz (für Schwerbehinderte, Schwangere, Personen in Elternzeit, Auszubildende, Betriebsratsmitgliedern, usw.) aushebeln. Er kann Arbeitnehmer also deutlich “leichter” entlassen.
Der Arbeitgeber kann das Freiwilligenprogramm der gesamten Belegschaft anbieten, aber auch nur einzelnen Arbeitnehmers ein Angebot machen. Wird nur einzelnen Personen ein Angebot gemacht, bringt das für den Arbeitgeber den Vorteil, dass er sich so seine “Wunschmannschaft” zusammenstellen kann.
Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ein solches Angebot hat. Es gilt vielmehr der Grundsatz der doppelten Freiwilligkeit: Weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer sind zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags verpflichtet. Als Arbeitnehmer kann man einen Aufhebungsvertrag also nicht erzwingen. Dasselbe gilt umgekehrt auch für den Arbeitgeber.
Welche Vor- und Nachteile hat ein Freiwilligenprogramm?
Wie bereits erwähnt wird im Rahmen von Freiwilligenprogrammen die Möglichkeit geschaffen, Aufhebungsverträge zu schließen. Auf diese Weise muss der Arbeitgeber nicht auf betriebsbedingte Kündigungen zurückgreifen. Diese haben nämlich strenge Voraussetzungen. Insbesondere muss eine Sozialauswahl durchgeführt werden, die in der Praxis fehleranfällig ist. Das bedeutet für den Arbeitgeber, dass von ihm ausgesprochene betriebsbedingte Kündigungen mithilfe der Kündigungsschutzklage rechtlich angegriffen werden können. Damit geht immer das Risiko von langwierigen und kostspieligen Gerichtsverfahren einher. Der Aufhebungsvertrag ist dagegen rechtlich “sicherer”. Arbeitnehmer können mit Unterschreiben eines Aufhebungsvertrag keine Kündigungsschutzklage mehr einreichen.
Zudem kommt, dass das Unterschreiben eines Aufhebungsvertrag den Verzicht auf den besonderen Kündigungsschutz zur Folge hat. Sind beispielsweise Schwerbehinderte, Personen in Elternzeit, Schwangere oder Betriebsratsmitglieder einverstanden, können sie sich später nicht mehr auf ihren besonderen Schutz berufen. Der ist dann nämlich “futsch”.
Auch verzichten Arbeitnehmer bei Annahme eines Aufhebungsvertrags auf die Anhörung des Betriebsrats. Vor einer Kündigung muss der Betriebsrat angehört werden. Geschieht das nicht, ist die Kündigung unwirksam. Auch hierauf kann sich der Arbeitnehmer bei einem Aufhebungsvertrag nicht berufen.
Zudem kann das Unterzeichnen eines Aufhebungsvertrags zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen. Der Arbeitnehmer ist bei Teilnahme an einem Freiwilligenprogramms nämlich quasi selbst “schuld”, dass das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Dadurch kann die Bundesagentur für Arbeit eine Sperrzeit bis zu zwölf Wochen verhängen, in der kein Arbeitslosengeld gezahlt wird. Wenn man dagegen die Arbeitsagentur davon überzeugt, dass andernfalls eine rechtmäßige betriebsbedingte Kündigung gefolgt wäre, kann man die Sperrzeit umgehen.
Da Sie während der Sperrzeit kein Arbeitslosengeld erhalten, besteht auch kein Anspruch auf Rentenversicherung. In dieser Zeit zahlen Sie nicht ein, sodass Sie bei den Verhandlungen darauf achten sollten, dass Ihnen dieser Nachteil kompensiert wird.
Höhere Abfindungen im Rahmen von Freiwilligenprogrammen
Bietet der Arbeitgeber Aufhebungsverträge im Rahmen von Freiwilligenprogrammen an, hat er das Ziel innerhalb einer bestimmten Zeitspanne eine gewisse Anzahl von Mitarbeitern zu entlassen. Dadurch schaffen Arbeitgeber meist gute finanzielle Konditionen, die in der Regel besser ausgestaltet sind, als sie es bei einem Sozialplan wären. Das hat auch höhere Abfindungen zur Folge.
Für die Berechnung der Abfindung kann der Arbeitgeber ein Punktesystem einführen. Dabei berechnet sich die Höhe der Abfindung nach bestimmten Kriterien wie zum Beispiel die Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, das Alter und auch der besondere Kündigungsschutz. Demnach könnte eine Arbeitnehmerin, die schwerbehindert ist und schon seit vielen Jahren im Betrieb arbeitet, mit einer höheren Abfindung rechnen als ein junger Arbeitnehmer, der keine Unterhaltspflichten hat und nicht dem besonderen Kündigungsschutz unterliegt.
Angebot erhalten: Was tun?
Wenn Sie im Rahmen eines Freiwilligenprogramm ein Angebot erhalten, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und unterschreiben Sie nichts voreilig. Prüfen Sie sorgfältig das Angebot. Es ist ratsam, in solchen Situationen einen Fachanwalt für Arbeitsrecht heranzuziehen. Dieser kann Sie umfassend zu Ihrem konkreten Fall beraten. Insbesondere in Bezug auf die Abfindungshöhe ist eine Beratung durch einen Anwalt empfehlenswert. Dieser kann für Sie eine “faire” Abfindungssumme verhandeln.
Allerdings ist es auch nicht zu empfehlen, ein solche Angebot ungelesen auszuschlagen. Erhalten Sie ein Angebot im Rahmen eines Freiwilligenprogrammes, wissen Sie bereits, dass Ihr Arbeitgeber Maßnahmen zum Personalabbau anstrebt. Damit besteht das Risiko, dass Sie nach Ausschlagen eines Angebots durch den Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung erhalten.
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