Kündigung per Mail: Gültig oder nicht?

  • Ceyda Sahin
  • 7. September 2024
  • 10:22

In unserer digitalisierten Welt ist es nicht ungewöhnlich, alltägliche Aufgaben per E-Mail zu erledigen – doch was ist mit der Kündigung per Mail? Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an Ihrem Schreibtisch und erhalten plötzlich eine E-Mail Ihres Chefs, in der steht, dass Ihr Arbeitsverhältnis beendet ist. Oder Sie möchten selbst schnell per Mail kündigen, um einen nahtlosen Übergang zu einem neuen Job sicherzustellen. Allerdings bedarf die Kündigung von Arbeitsverhältnissen laut Bürgerlichem Gesetzbuch der Schriftform; jede Art von “elektronischer Form” ist unwirksam, also E-Mail, aber auch SMS, WhatsApp usw. Das gleiche gilt für die Übermittlung einer Kopie in elektronischer Form.

Kostenlos Erstberatung mit Fachanwalt

Schneller Rückruf nach 1 bis 2 Stunden für kostenlose Erstberatung mit Anwalt

Zur kostenlosen Erstberatung

Das Wichtigste in Kürze:
  • Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bedarf der Schriftform.
  • Kündigungen per Mail, WhatsApp oder auch SMS sind daher unwirksam
  • Wird die Schriftform nicht beachtet, besteht das Arbeitsverhältnis weiter.

Was steht im Gesetz zur Kündigung per Mail?

Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 623 BGB) schreibt die Schriftform für Kündigungen vor. Das heißt, dass eigenhändig auf einem Schriftstück unterschrieben werden muss. Damit ist die Kündigung per Mail unwirksam. Auch ein Dokument, das mit digitaler Unterschrift ausgedruckt wird, genügt diesen Anforderungen nicht. Vielmehr muss ein Kündigungsschreiben immer als Ausdruck und handschriftlich mit einem Stift (“wet ink”) auf Papier unterschrieben werden.

Weitere Beispiele für unwirksame Kündigungen sind:

  • mündliche Kündigungen
  • Kündigungen per soziale Medien
  • Kündigungen per Fax oder SMS

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen also schriftlich kündigen. Wird die Schriftform nicht eingehalten, ist die Kündigung schlichtweg unwirksam. Das gilt übrigens für alle Kündigungen, also für ordentliche und außerordentliche Kündigungen sowie Änderungskündigungen. Auch bei Aufhebungsverträgen muss zwingend die Schriftform beachtet werden.

Ist die Kündigung per WhatsApp zulässig?

Auch elektronische Nachrichtenformen wie WhatsApp, Facebook, E-Mail oder SMS entsprechen den Anforderungen an die Schriftform nicht und sind daher unwirksam. Die bloße Übermittlung einer “Ablichtung” der Unterschrift, z.B. als Foto per WhatsApp, genügt dem gesetzlichen Formerfordernis ebenfalls nicht. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass Kündigungen stets in der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform erfolgen, um rechtliche Probleme zu vermeiden.

Schutz- und Beweisfunktion der Schriftform

Die Schriftform schützt Arbeitnehmer. Sie stellt sicher, dass die Kündigung tatsächlich vom Unterzeichner stammt und nicht irrtümlich oder unüberlegt ausgesprochen wird. Außerdem hat sie Beweisfunktion. Im Fall eines Rechtsstreits kann eindeutig nachgewiesen werden, dass die Kündigung erfolgt ist und unter welchen Bedingungen sie ausgesprochen wurde.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 126a BGB) erlaubt zwar grundsätzlich, die Schriftform durch die elektronische Form zu ersetzen. Dabei muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein, die durch spezielle Software und von einem zertifizierten Anbieter erstellt wird.

Aber: Eine Ausnahme dazu besteht im Arbeitsrecht (§ 623 BGB): Hier wird festgelegt, dass die elektronische Form für Kündigungen nicht zulässig ist. Das bedeutet, dass selbst eine qualifizierte elektronische Signatur nicht ausreicht, um das Schriftformerfordernis für Kündigungen von Arbeitsverhältnissen zu erfüllen. Kündigungen müssen daher weiterhin schriftlich erfolgen und können nicht durch die elektronische Form ersetzt werden.

Wichtig: Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer im Original zugehen, damit sie wirksam wird. Erhält der Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben nicht, bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen. Bestreitet der Arbeitnehmer den Erhalt des Kündigungsschreibens, muss der Arbeitgeber (!) vor Gericht nachweisen, dass der Arbeitnehmer die Kündigung (im Original) erhalten hat.

Kündigung per Mail: Arbeitsverhältnis besteht weiterhin

Eine Kündigung per Mail ist unwirksam. Also besteht das Arbeitsverhältnis rechtlich weiterhin. Wenn beispielsweise ein Arbeitgeber per Mail kündigt und glaubt, das wäre rechtswirksam, könnte dieser sogar in Annahmeverzug kommen, wenn er den Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt. Das bedeutet, dass dem Arbeitnehmer dann auch ohne Arbeit Lohn zusteht. Da das aber von den konkreten Umständen Ihres Falles abhängt, ist es ratsam, einen spezialisierten Anwalt heranzuziehen. Wird dagegen bei einer Änderungskündigung die Schriftform nicht beachtet, bleibt das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen unverändert bestehen. 

Bei einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis, muss übrigens nicht innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben werden. Das heißt, Sie müssen keine Frist beachten, um den Verstoß gegen die Formvorschrift geltend zu machen.

Beispielsweise entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, dass eine Kündigung ungültig ist, wenn sie nicht unterschrieben wurde. Obwohl die Klägerin die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 KSchG verpasst hatte, stellte das Gericht fest, dass die Ungültigkeit einer solchen Kündigung auch nach Ablauf dieser Frist geltend gemacht werden kann. Dies entspricht sowohl dem Wortlaut des Gesetzes als auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung.(LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.04.2010, 12 Ta 363/10).

Sollten Sie eine formunwirksame Kündigung (z. B. Kündigung per E-Mail) erhalten, ist es trotzdem ratsam, sich nicht allzu lange Zeit zu lassen. Beispielsweise hat das LAG Berlin-Brandenburg in einem anderen Fall einen Zeitraum von sechs Wochen als zeitliche Grenze bis zur Verwirkung genannt. Der Kläger hatte sieben Monate gebraucht, um zu klagen. Das Gericht sah sein Recht damit als verwirkt an, sodass er seine Rechte nicht mehr durchsetzen konnte (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.08.2010 – 25 Ta 1628/10). Daher ist es ratsam, umgehend einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen, damit dieser Sie darüber beraten kann, wie Sie auf die formunwirksame Kündigung reagieren sollten.

Sind Kündigungen per Mail zukünftig möglich?

Das Bundesjustizministerium hatte vor einiger Zeit angekündigt, dass Kündigungen von Arbeitsverhältnissen künftig auch per E-Mail möglich sein sollen. Das Ministerium hatte argumentiert, dass die Vorschrift nicht mehr zeitgemäß ist und die Gesetzgebung an die moderne digitale Kommunikation angepasst werden sollte. Daher war der Plan, das Gesetz zu ändern, so dass E-Mails als rechtlich gültige Form der Kündigung anerkannt werden. Kann sein, dass das stimmt. Aber für Arbeitnehmer ist die bestehende Regelung natürlich günstiger. Wir haben daher große Zweifel, dass eine solche Änderung in den nächsten Jahren tatsächlich umgesetzt wird.

Berechnen Sie Ihre Abfindungssumme

Jetzt in 2 min für Ihren individuellen Fall Abfindungssumme berechnen!

Zum Abfindungsrechner

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Kann ein Arbeitsvertrag per E-Mail gekündigt werden?

Die Kündigung eines Arbeitsvertrags per E-Mail ist nicht rechtswirksam, da gesetzlich “Schriftform” erforderlich ist. Das bedeutet, dass die Kündigung eigenhändig unterschrieben und im Original übergeben oder per Post versendet werden muss. Die Kündigung eines Arbeitsvertrags, die diese Form nicht erfüllt – z.B. per E-Mail, Fax, SMS oder in anderer elektronischer Form – ist immer unwirksam.

Welche Formvorschriften gelten für die Kündigung eines Arbeitsvertrags?

Die Kündigung eines Arbeitsvertrags muss in Deutschland immer schriftlich erfolgen. Das bedeutet, dass dem Arbeitnehmer ein Original des Kündigungsschreibens, das von Hand unterschrieben wurde (“wet ink”), physisch “zugeht”. Meist erfolgt dieser Zugang per Einschreiben oder durch persönliche Übergabe (vor Zeugen). Im Zweifelsfall liegt die Beweislast für den Zugang der Kündigung aber beim Kündigenden. Bestreitet also der Arbeitnehmer in einem Arbeitsgerichtsverfahren den Empfang der Kündigung, muss der Arbeitgeber den Zugang nachweisen. 

Was passiert, wenn ich meine Kündigung per E-Mail erhalte?

Eine Kündigung per E-Mail ist unwirksam. Auch dann, wenn ein Scan der unterschriebenen Kündigung  der E-Mail anhängt, denn das ist kein Original einer Kündigung, sondern “nur” eine Kopie.  Zwar wird eine Kündigung manchmal  zu Informationszwecken “vorab per E-Mail”  versendet. Auch dann bleibt aber der Arbeitsvertrag bestehen, bis die formgerechte schriftliche Kündigung  (z.B. beim Arbeitnehmer)  papierhaft und mit Originalunterschriften “zugeht”. Meist erfolgt dieser Zugang per Einschreiben bzw. persönliche Übergabe (vor Zeugen – Siehe auch unseren Artikel zur Kündigung).

Kann ich auf die Schriftform verzichten und eine E-Mail-Kündigung akzeptieren?

Auch wenn Sie eine E-Mail-Kündigung “akzeptieren”, bleibt sie rechtlich unwirksam. Die gesetzliche Schriftform kann nicht durch eine Vereinbarung zwischen den Parteien aufgehoben werden. Auch wenn man das “Akzeptieren” der Kündigung als Auflösungsvertrag ansehen würde, ändert sich nichts an der  rechtlichen Unwirksamkeit. Denn ein Auflösungsvertrag hat die gleichen Formerfordernisse wie die Kündigung (§ 623 BGB). 

Ist eine Kündigung per WhatsApp oder SMS gültig? 

Nein, jegliche elektronische Form der Kündigung ist unwirksam, einschließlich WhatsApp, SMS oder soziale Medien. Die Kündigung eines Arbeitsvertrages muss in Deutschland immer schriftlich erfolgen.

Reicht eine eingescannte Unterschrift unter einer Kündigung aus? 

Nein, auch eine digitale oder eingescannte Unterschrift genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht. Der gekündigte Arbeitnehmer muss ein Original des Kündigungsschreibens, das von Hand unterschrieben ist, erhalten.

Warum ist die Schriftform so wichtig? 

Die Schriftform dient dem Arbeitnehmerschutz und der Beweissicherung. Sie stellt sicher, dass die Kündigung authentisch ist und nicht unüberlegt ausgesprochen wird.

Gilt das auch für Aufhebungsverträge? 

Ja, auch Aufhebungsverträge müssen zwingend die Schriftform einhalten.

Welche Risiken bestehen, wenn ich meinen Arbeitsvertrag per E-Mail kündige?

Keine. Die Kündigung ist unwirksam und das Arbeitsverhältnis besteht fort. Auch wenn Sie eine E-Mail-Kündigung “akzeptieren”, bleibt sie rechtlich unwirksam. Das gesetzliche Schriftformerfordernis kann auch nicht durch Vereinbarungen zwischen den Parteien aufgehoben werden. 

Kann ich die Kündigung per E-Mail ankündigen und später schriftlich nachreichen?

Das geht. Arbeitnehmer (und Arbeitgeber) können eine Kündigung per E-Mail ankündigen. Das hat aber keine rechtliche Bedeutung. Erst der Zugang der schriftlichen Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis.

Alle Informationen auf unserer Website sind redaktioneller Natur und stellen ausdrücklich keine Rechtsberatung dar. Selbstverständlich haben wir uns um die Richtigkeit der auf dieser Website enthaltenen Informationen und Links bemüht. Dennoch können wir keine Gewähr für die Richtigkeit der Informationen übernehmen. Sie ersetzen in keinem Fall eine rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt.