Kündigung wegen Diebstahl: Was Sie wissen sollten

  • Timo Sauer
  • 8. Januar 2025
  • 15:22
Kündigung wegen Diebstahl

Wer am Arbeitsplatz stiehlt, riskiert eine (fristlose) Kündigung wegen Diebstahls. Ein Diebstahl am Arbeitsplatz stellt eine schwere Pflichtverletzung dar. Und das unabhängig vom Wert der gestohlenen Sache. Der Grund dafür ist, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verletzt wurde. Eine Abmahnung wird von den Gerichten daher nur in Ausnahmefällen verlangt. Wer eine Kündigung wegen Diebstahls erhält, riskiert zudem eine Sperrzeit bei der Bundesagentur für Arbeit. In diesem Beitrag erklären wir die Voraussetzungen, wichtige Formalitäten sowie eine mögliche Abfindung bei einer Kündigung wegen Diebstahls.

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Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Eine Kündigung wegen Diebstahls kann fristlos oder als ordentliche verhaltensbedingte Kündigung erfolgen.
  • Der Arbeitgeber muss bei einer fristlosen Kündigung (1) den Diebstahl selbst als wichtigen Grund beweisen können. (2) Vorherige Abmahnungen sind nur in Ausnahmefällen erforderlich. (3) Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses muss bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar sein. 
  • Wer am Arbeitsplatz stiehlt, riskiert eine Sperrzeit von bis zu zwölf Wochen.
  • Kann der Arbeitgeber den Diebstahl nicht beweisen, kann er aber bei Vorliegen eines dringenden Tatverdachts eine Verdachtskündigung aussprechen.

Kündigung wegen Diebstahls möglich

Wenn der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz stiehlt, ist es rechtlich zulässig, dass der Arbeitgeber ordentlich oder außerordentlich kündigt. Die Kündigung ist dann eine verhaltensbedingte Kündigung. In den meisten Fällen von Diebstahl wird der Arbeitgeber fristlos kündigen, also sofort – ohne Einhalten der Kündigungsfrist.

Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung wegen Diebstahls

Die Kündigung wegen Diebstahls kann fristlos oder fristgemäß (ordentlich) ausgesprochen werden. 

Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis (nur) dann fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar machen (§ 626 BGB).

Wichtiger Grund: Diebstahl

Stiehlt der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Arbeit, sei es Eigentum von Kollegen oder dem Arbeitgeber, stellt dies einen wichtigen Grund dar. 

Der Wert der Sache ist unerheblich. Es wird allein auf das verletzte Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgestellt. In einem bekannten Gerichtsverfahren („Emmely„ Fall) hatte eine Kassiererin einen Pfandbon im Wert von 1,30 € an sich genommen, woraufhin ihr fristlos gekündigt wurde. Dabei bejahte das BAG dieses Verhalten als einen schwerwiegenden Pflichtverstoß. Hier sei das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Kassiererin verletzt worden. Auch im sogenannten Bienenstich-Fall wurde einer Buffetkraft eine fristlose Kündigung ausgesprochen, weil sie ohne Wissen ihres Arbeitgebers ein Stück Kuchen verzehrt hatte. Auch hier sah das Gericht die Vertrauensgrundlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verletzt.

Weiter muss der Diebstahl einen konkreten Bezug zum Arbeitsplatz aufweisen. Stiehlt der Arbeitnehmer außerhalb des Unternehmens und seines Arbeitsplatzes, z.B. irgendwo in einem (fremden) Supermarkt, kann das aber grundsätzlich keine Kündigung rechtfertigen.

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Interessenabwägung bei Diebstahl

Bei einer Kündigungsschutzklage muss das Gericht prüfen, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung in Form des Diebstahls jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist.

Dabei sind die Interessen des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Zu berücksichtigen sind alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Schwere und die Auswirkungen der Vertragsverletzung, der Vertrauensverlust, die wirtschaftlichen Folgen, der Grad des Verschuldens beim Arbeitnehmer, die Wiederholungsgefahr, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und der störungsfreie Verlauf.

Weiter dürfen keine milderen Mittel zur fristlosen Kündigung gegeben sein. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber vor Ausspruch einer ordentlichen oder fristlosen Kündigung zum Ausspruch einer Abmahnung verpflichtet, da der Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hingewiesen werden soll, um es zukünftig zu unterlassen. Einer Abmahnung ist nur dann entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten ist oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. 

Beim Diebstahl wird in den meisten Fällen eine Abmahnung für nicht erforderlich gehalten. Im Emmely-Fall hielt das Bundesarbeitsgericht eine Abmahnung trotz Diebstahls aufgrund der besonderen Umstände für erforderlich. Grund: Das Arbeitsverhältnis bestand 30 Jahre beanstandungsfrei. Die ungestörte Vertrauensbeziehung werde nicht schon durch eine erstmalige Enttäuschung des Vertrauens vollständig und unwiederbringlich zerstört. 

Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist 

Außerdem muss die Zwei-Wochen-Frist für fristlose Kündigungen eingehalten werden (§ 626 Abs. 2 BGB). Kündigt der Arbeitgeber fristlos, obwohl ihm der Kündigungsgrund schon mehr als zwei Wochen bekannt ist, ist die Kündigung unwirksam. Das Gesetz geht dann davon aus, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar ist. 

Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer innerhalb dieser 2 Wochen zugegangen sein. Geht die Kündigung nach Ablauf der zwei Wochen zu, ist die Kündigung unwirksam. Wichtig ist also der Zeitpunkt des Zugangs und nicht beispielsweise, wann der Arbeitgeber die Kündigung schreibt. Dabei muss der Arbeitgeber beweisen, dass er nicht länger als zwei Wochen von dem Kündigungsgrund gewusst hat.

Umdeutung der fristlosen in eine ordentliche Kündigung

Ist die fristlose Kündigung unwirksam, kann das Gericht die fristlose Kündigung in eine ordentliche Kündigung umdeuten, wenn dem Kündigenden regelmäßig der Wille unterstellt werden kann, dass er bei Nichtigkeit einer fristlosen Kündigung zumindest auch ordentlich kündigen wollte. Damit wird das Arbeitsverhältnis zwar nicht sofort, aber zumindest unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfristen beendet. 

In der Praxis ist dies meist nicht erforderlich, da Arbeitgeber eine fristlose Kündigung in den meisten Fällen mit einer “hilfsweisen ordentlichen Kündigung” aussprechen.

Ist im Arbeits- oder Tarifvertrag eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen, kann eine unwirksame außerordentliche Kündigung nicht in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Ausnahme: In manchen Fällen erlaubt die Rechtsprechung dann eine Umdeutung in eine außerordentliche Kündigung mit einer sogenannten “Auslauffrist” (d.h. die ansonsten anwendbare ordentliche Kündigungsfrist). Dies ist jedoch bei einer verhaltensbedingten Kündigung wegen Diebstahls nicht erlaubt.

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Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung bei Diebstahl

Spricht der Arbeitgeber trotz Diebstahls nur eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung aus, so muss er auch hier (1) den Diebstahl als vertragswidriges Verhalten nachweisen. (2) Eine Abmahnung ist bei Diebstahl in den meisten Fällen entbehrlich, wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. (3) Die Abwägung der Arbeitgeberinteressen an der ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss die Arbeitnehmerinteressen überwiegen.

Weitere allgemeine Voraussetzungen zur Kündigung wegen Diebstahls

Auch bei einer Kündigung wegen Diebstahls muss der Arbeitgeber neben den Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes

Sonderfall: Verdachtskündigung

Für eine Kündigung wegen Diebstahls muss der Arbeitgeber den Diebstahl selbst beweisen. Reichen die Beweismittel nicht aus, bleibt noch die Möglichkeit einer Verdachtskündigung. Der Arbeitgeber muss aber vor Ausspruch der Kündigung entscheiden, ob er eine Tatkündigung oder Verdachtskündigung ausspricht. Die beiden Kündigungen haben verschiedene Gründe und Voraussetzungen. Für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber zwar nicht die Tat an sich nachweisen, er muss aber konkrete Tatsachen für einen dringenden Tatverdacht eines Diebstahls beweisen. Weiter muss das Vertrauensverhältnis stark beschädigt sein, wodurch eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wird. Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternehmen und den Arbeitnehmer anhören. Für die fristlose Verdachtskündigung gilt auch die 2 Wochenfrist. Diese beginnt jedoch erst, wenn der Arbeitgeber den Sachverhalt – soweit möglich – aufgeklärt und den Arbeitnehmer angehört hat.

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Wie wirkt sich ein Strafverfahren aus?

Die strafrechtliche und arbeitsrechtliche Beurteilung sind grundsätzlich voneinander zu trennen. Ob ein Diebstahl am Arbeitsplatz angezeigt wurde oder ein Strafverfahren gegen den Arbeitnehmer läuft, ist für die Kündigung also nicht relevant. Eine Kündigung wegen Diebstahl kann also unabhängig von strafrechtlichen Konsequenzen wirksam sein. Das Gleiche gilt auch umgekehrt. Wird ein Strafverfahren eingeleitet, was vielleicht sogar mit einer Verurteilung des Arbeitnehmers endet, kann eine Kündigung gleichwohl unwirksam sein. Beispielsweise wenn die Zwei-Wochen-Frist verstrichen ist. Das Arbeitsrecht und das Strafrecht können also zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Arbeitslosengeld bei (fristloser) Kündigung wegen Diebstahl

Grundsätzlich verliert man – wie auch bei jeder anderen Kündigung – seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht. Jedoch kann die Bundesagentur für Arbeit eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld von bis zu zwölf Wochen verhängen. Das hat gleich zwei Folgen: Während der Sperrzeit wird kein Arbeitslosengeld gezahlt. Weiter wird durch die Sperrzeit die Bezugsdauer gekürzt. Der Arbeitnehmer erhält daher später und insgesamt weniger Arbeitslosengeld.

Abfindung bei Kündigung wegen Diebstahl

Grundsätzlich gilt, dass es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt. Wie bei jeder anderen Kündigung gilt auch hier, dass das Ob und die Höhe einer Abfindung von den Erfolgsaussichten der Wirksamkeit der Kündigung abhängt. Ist der Vorwurf des Diebstahls völlig aus der Luft gegriffen, sind die Chancen einer Abfindung hoch. Kann der Arbeitgeber den Vorwurf nachweisen, stehen die Chancen schlecht. Es ist ratsam, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen. Dieser kann den Einzelfall am besten bewerten. Stehen die Chancen gut, dass dem Arbeitnehmer unrechtmäßig gekündigt wurde, muss innerhalb einer Frist von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Mit etwas Verhandlungsgeschick wird der Arbeitgeber dann in der Regel bereit sein, eine faire Abfindung auszuzahlen. Damit vermeidet der Arbeitgeber einen langwierigen und kostspieligen Rechtsstreit.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

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