Kündigung leitender Angestellter: Rechte, Risiken, Chancen

  • Frank Broer
  • 23. März 2025
  • 22:42
Kündigung leitender Angestellter

Vielfach wird behauptet, dass bei der Kündigung leitender Angestellte kein Kündigungsschutz besteht. Das ist jedoch falsch. Es besteht grundsätzlich Kündigungsschutz, jedoch mit einigen Einschränkungen. Neben dem Inhalt des Kündigungsschutzes stellt sich in der Praxis jedoch häufiger die Frage, ob der Betroffene tatsächlich leitender Angestellter im Sinne der gesetzlichen Regeln ist. In diesem Beitrag klären wir, wer tatsächlich leitender Angestellter ist, welche Besonderheiten sich daraus bei Kündigung und Kündigungsschutzklage ergeben und schließlich ein paar Tipps, wie Nachteile bei einer Beendigung des  Arbeitsverhältnisses vermieden werden können.

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Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Wer tatsächlich leitender Angestellter ist, hängt von der Definition im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ab. Die Definitionen sind nicht identisch und können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
  • Leitender Angestellter im Sinne des KSchG ist eine Person, die Arbeitnehmer selbständig einstellen und entlassen kann. Dies muss einen wesentlichen Teil der Tätigkeit ausmachen und sich auf eine bedeutende Zahl von Arbeitnehmer beziehen.
  • Leitende Angestellte haben Kündigungsschutz nach dem KSchG. Der Arbeitgeber hat die Voraussetzungen einer betriebs-, personen- oder verhaltensbedingten Kündigung nachzuweisen. 
  • Besonderheit: Stellt das Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung fest, so kann der Arbeitgeber ohne Angabe von Gründen einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses stellen. Das Gericht löst das Arbeitsverhältnis auf und setzt eine Abfindung fest.

Begriff des leitenden Angestellten

Leitende Angestellte gelten arbeitsrechtlich grundsätzlich als Arbeitnehmer. Sie sind sozialversicherungspflichtig und können vor dem Arbeitsgericht klagen. Der Begriff des leitenden Angestellten wird in den folgenden zwei Gesetzen definiert:

  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Die beiden Definitionen sind nicht identisch und müssen je nach Zusammenhang verschieden beurteilt werden. Beispiel: Kommt es zur Kündigung leitender Angestellter und der Frage, ob der Betriebsrat nach § 102 BetrVG für eine wirksame Kündigung angehört werden muss, so ist auf die Begriffsbestimmung im BetrVG abzustellen. Geht es aber um die Frage, ob die Kündigung leitender Angestellter sozial gerechtfertigt war, so ist auf das KSchG abzustellen. Hier kann man zu verschiedenen Ergebnissen gelangen. 

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Kündigungsschutzgesetz und leitende Angestellte

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) definiert leitende Angestellte sehr ungenau. 

Es besagt lediglich, dass die Vorschriften des KSchG – mit gewissen Einschränkungen – Anwendung finden auf “Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, die zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind” (§ 14 Absatz 2 KSchG). Dabei ist die Bezeichnung im Arbeitsvertrag nicht ausschlaggebend, sondern die tatsächliche Entscheidungskompetenz.

Die Rechtsprechung bejaht die Eigenschaft eines leitenden Angestellten, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Der Betroffene kann Arbeitnehmer selbständig einstellen und entlassen. Er ist der Leistungs- und Führungsebene im Unternehmen zuzurechnen.  
  • Die Befugnis zur Einstellung und Entlassung muss einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausmachen. Sie muss sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis bestehen.
  • Die Befugnis muss sich nicht auf alle Arbeitnehmer, aber auf eine bedeutende Zahl von Arbeitnehmer beziehen.
  • Bei einer kleinen Anzahl von Arbeitnehmern reicht es aus, wenn es sich um einen bedeutsamen Personenkreis handelt. Entscheidend ist, welche Bedeutung die Tätigkeit der Mitarbeiter, die er einstellt oder entlässt, für das Unternehmen hat. Beispiel: Der Betroffene hatte zwar nur die Befugnis, vier nachgeordnete leitende Angestellte einzustellen oder zu entlassen. Dieser Personenkreis ist aber für das Unternehmen sehr wichtig. Der Betroffene hat daher prägenden Einfluss auf die Besetzung der für das Unternehmen und den Betrieb zu besetzenden Schlüsselpositionen.
  • Die Vergütung spielt keine wesentliche Rolle. Alleine eine Vergütung im außertariflichen Bereich führt nicht automatisch zur Funktion als leitender Angestellter.

Wichtig: Da die Anforderungen der Rechtsprechung sehr hoch sind, sind sehr viele “Leitende” tatsächlich keine im Sinne des Gesetzes. Für sie gilt der uneingeschränkte Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Betriebsverfassungsgesetz und leitende Angestellte 

Die Definition eines leitenden Angestellten im Sinne des BetrVG spielt bei der Kündigung leitender Angestellter eine Rolle bei der Frage, ob eine Betriebsratsanhörung erforderlich ist oder nicht.

Bei einem Arbeitnehmer ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Eine Kündigung ist unwirksam, wenn der Betriebsrat nicht oder nicht ordnungsgemäß angehört wurde (§ 102 BetrVG). Bei einem leitenden Angestellten im Sinne des BetrVG, ist das BetrVG nicht anwendbar. Der Betriebsrat ist vor der Kündigung leitender Angestellter nicht anzuhören.

Leitender Angestellte im Sinne des BetrVG ist, wer

  • nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt ist, oder 
  • Generalvollmacht oder Prokura von bedeutendem Wert hat oder
  • regelmäßig Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung sind und besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzen. Er muss einen Entscheidungsspielraum im Wesentlichen frei von Weisungen oder maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung im Unternehmen haben.
  • Bestehen Zweifel, ob eine Person leitender Angestellter ist, gibt das BetrVG noch weitere Kriterien: (1) gerichtliche Zuordnung zu der Gruppe der leitenden Angestellten bei der letzten Betriebsratswahl. (2) Zugehörigkeit zu einer Leitungsebene, in welcher überwiegend leitende Angestellte vertreten sind. (3) Regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt von derzeit über 134.820 Euro (dreifache Bezugsgröße von 44.940 Euro/Jahr).
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Besonderheiten bei Kündigung leitender Angestellter

Spricht der Arbeitgeber eine Kündigung eines leitenden Angestellten aus, so gelten zunächst die gleichen Grundsätze des KSchG wie bei anderen Arbeitnehmern:

  • Der Arbeitgeber muss die Voraussetzungen einer betriebsbedingten, personen- oder verhaltensbedingten Kündigung nachweisen. 
  • Es gilt auch der besondere Kündigungsschutz (Mutterschutz, Schwerbehinderung etc.).
  • Der leitende Angestellte muss die Klagefrist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung einhalten, wenn er gegen die Kündigung vorgehen möchte.

Es gelten jedoch folgende Besonderheiten:

Gewichtung von Vertrauensverstößen

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung leitender Angestellter können Verstöße im Vertrauensbereich stärker ins Gewicht fallen als bei anderen Arbeitnehmern. Dies ergibt sich aus erhöhten Sorgfaltspflichten des leitenden Angestellten und aufgrund seiner Führungsposition im Unternehmen. 

Auflösungsantrag des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess

Der wichtigste Unterschied bei der Kündigung leitender Angestellter im Kündigungsschutzprozess ist, dass der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag ohne Angabe von Gründen stellen kann. 

Der Arbeitgeber kann diesen Antrag nur für den Fall stellen, dass das Gericht die Kündigung für sozialwidrig (unwirksam) hält und die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Der Antrag scheidet aus, wenn die Kündigung aus anderen Gründen unwirksam ist, z.B. mangels Schriftform, mangels Einhaltung des besonderen Kündigungsschutzes etc.

Auch der leitende Angestellte kann einen Auflösungsantrag stellen. Diesen muss er aber begründen, d.h. er muss vortragen und beweisen, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist.

Die Folge eines solchen Auflösungsantrages ist:

  • Das Gericht löst das Arbeitsverhältnisses (trotz unwirksamer Kündigung) durch Urteil auf und 
  • verurteilt den Arbeitgeber zur Zahlung einer gerichtlich festgesetzten Abfindung.

Das Gericht muss sich bei der Höhe der Abfindung an die gesetzlichen Kriterien halten (§ 10 KSchG):

  • Die Abfindung kann bis zu zwölf Monatsverdienste betragen.
  • Ist der Arbeitnehmer 50 Jahre alt und mindestens fünfzehn Jahre im Unternehmen, kann die Abfindung bis zu fünfzehn Monatsverdienste sein.
  • Ist der Arbeitnehmer 55 Jahre alt und mindestens zwanzig Jahre im Unternehmen, kann die Abfindung bis zu achtzehn Monatsverdienste sein.
  • Bei der Höhe der Abfindung hat das Gericht zugunsten des leitenden Angestellten zu berücksichtigen, dass der Schutz des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses durch den Auflösungsantrag wesentlich geringer ist als bei anderen Arbeitnehmern. 
  • Begründet der Arbeitgeber den Auflösungsantrag eines leitenden Angestellten überhaupt nicht, kann das Gericht den höchstmöglichen Abfindungsbetrag festsetzen.

Abfindung ohne Auflösungsantrag 

Stellt weder der Arbeitgeber noch der leitende Angestellte einen Auflösungsantrag, gelten die allgemeinen Regeln zur Abfindung. Ein gesetzlicher Anspruch besteht nur nach § 1a KSchG bei einer betriebsbedingten Kündigung in Höhe von 0,5 Bruttomonatsgehältern. Hier muss der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung einen Hinweis geben und der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage einreichen. Bei leitenden Angestellten dürfte diese Möglichkeit nicht ausgeschöpft werden, da sie durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber meist wesentlich höhere Abfindungssummen verhandeln können. Unser Brutto-Netto-Abfindungsrechner kann hier helfen.

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Keine Anhörung des Betriebsrates notwendig

Leitende Angestellte unterliegen nicht den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber vor einer Kündigung den Betriebsrat nicht anhören muss. Stattdessen muss, falls vorhanden, der Sprecherausschuss angehört werden. Wird er nicht oder nicht ordnungsgemäß angehört, ist die Kündigung alleine deshalb unwirksam (§ 31 Sprecherausschussgesetz). Ein Sprecherausschuss kann gewählt werden, wenn mindestens 10 leitende Angestellte im Betrieb/Unternehmen beschäftigt sind. 

Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld

Leitende Angestellte sind grundsätzlich Arbeitnehmer und daher auch sozialversicherungspflichtig. Das bedeutet, sie müssen in die Arbeitslosenversicherung einzahlen und haben bei Vorliegen der Voraussetzungen auch Anspruch auf Arbeitslosengeld. Schließen sie daher einen Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber ab, müssen auch sie mit Sperrzeiten rechnen, wenn der Arbeitnehmer sich „versicherungswidrig“ verhält und es hierfür keinenwichtigen Grund“ gibt.

Steuerliche Tipps bei Abfindungen

Informationen rund um das Thema Besteuerung von Abfindungen sind in unserem Beitrag “10 Tipps, wie Sie bei Abfindung Steuern sparen können” zu finden. Unsere Beiträge zu steuerlichen Themen sind:

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

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