Die endgültige Aufgabe eines Betriebs – auch als Betriebsschließung bekannt – markiert das komplette Aussetzen des Geschäftsbetriebs einer Firma. In dieser Lage hat sich der Arbeitgeber dafür entschieden, nicht weiterzumachen, was die Beendigung jeglicher Betriebsvorgänge und Dienste bedeutet. Hintergrund für solch einen gravierenden Schritt können vielfache Gründe sein: finanzielle Engpässe, der Gang in die Insolvenz, eine strategische Neuausrichtung, Veränderungen auf dem Gebiet der Technik oder andere strategische Überlegungen können ausschlaggebend sein für die Entscheidung zur Betriebsschließung. Für Arbeitnehmer hat das natürlich gravierende Folgen die aber zumindest durch eine Abfindung abgefedert werden könnte. Doch hat der Arbeitnehmer überhaupt Anspruch auf eine Abfindung bei Betriebsschließung?
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Kündigungsschutz bei Kündigung wegen Betriebsschließung
Eine auf Betriebsaufgabe basierende Entlassung fällt unter die „betriebsbedingte Kündigung“ laut §1 Abs.2 Satz 1 KSchG. Arbeitgeber berufen sich dabei auf „dringende betriebliche Erfordernisse“, die nach ihrer Auffassung die Entlassung rechtfertigen.
Der Anspruch auf Kündigungsschutz ist abhängig von der Betriebsgröße sowie der Betriebszugehörigkeitsdauer. Beschäftigte in Firmen mit mehr als zehn Angestellten, die länger als sechs Monate tätig sind, fallen unter den Kündigungsschutz des §1 Abs.1 KSchG. Hier ist für eine Kündigung ein legitimer Grund erforderlich. Bei einer Betriebsschließung würde der Arbeitgeber sich auf eine betriebsbedingte Kündigung berufen, die gesetzeskonform sein muss.
In Unternehmen mit höchstens zehn Mitarbeitern ist kein spezifischer Grund für eine Kündigung nötig. Trotzdem müssen soziale Kriterien Berücksichtigung finden, wie zum Beispiel das Lebensalter und Unterhaltsverpflichtungen des Angestellten. Außerdem darf die Kündigung keine Diskriminierung, etwa aufgrund von Alter, Geschlecht oder sexueller Orientierung, darstellen.
Es existiert auch ein besonderer Kündigungsschutz für bestimmte Gruppen, wie Schwangere, Mitglieder des Betriebsrats oder Menschen mit Schwerbehinderung.
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Abfindung bei Betriebsschließung: Sozialplan erhöht Chancen deutlich
Die Zahlung einer Abfindung bei Betriebsschließung ist im Gesetz nicht generell vorgesehen. Allerdings können sich derartige Ansprüche vertraglich ergeben, etwa durch Regelungen im eigenen Arbeitsvertrag, durch kollektive Vereinbarungen wie Tarifverträge oder durch Betriebsvereinbarungen.
Ein wesentlicher Faktor für die Möglichkeit einer Abfindung ist das Vorhandensein eines Sozialplans. Ein solcher Plan kann ausschließlich zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ausgehandelt werden, da einzelne Arbeitnehmer hierzu keine rechtliche Handhabe haben. Fehlt im Unternehmen ein Betriebsrat, besteht demnach auch keine Möglichkeit zur Aushandlung eines Sozialplans, was wiederum die Aussichten auf eine Abfindung deutlich reduziert.
Was regelt ein Sozialplan?
Der Sozialplan findet seine rechtliche Verankerung in §112 Abs. 1 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Dabei handelt es sich um ein schriftlich fixiertes Abkommen, das der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat aushandelt, wenn er wesentliche Veränderungen im Betrieb durchführt, wie zum Beispiel die Schließung oder Umstrukturierung der Firma.
Diese Veränderungen können oft wirtschaftliche Einbußen für die Belegschaft nach sich ziehen. Der Sozialplan dient dazu, diese finanziellen Beeinträchtigungen für die Arbeitnehmer zu lindern oder zu kompensieren.
Relevanz des Sozialplans für die Abfindungshöhe?
In einem Sozialplan wird typischerweise eine “Abfindungsformel” festgelegt, die bestimmte Kriterien wie Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltspflichten berücksichtigt. Dies bedeutet zum Beispiel, dass eine 50-jährige Angestellte mit einer 20-jährigen Firmenzugehörigkeit und der Verantwortung für zwei Kinder im Rahmen des Sozialplans besser gestellt wird als ein 28-jähriger Angestellter ohne Kinder, der erst fünf Jahre im Betrieb arbeitet. Für den jüngeren Mitarbeiter wären die sozialen und finanziellen Folgen einer Entlassung weniger gravierend im Vergleich zur alleinerziehenden Mutter.
Folglich würde die langjährige Mitarbeiterin aufgrund ihrer umfangreicheren Betriebszugehörigkeit und höheren sozialen Verpflichtungen eine größere Abfindung erhalten als der jüngere Kollege mit kürzerer Zugehörigkeit zum Unternehmen.
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Wann ist eine Kündigung bei Betriebssschließung unwirksam?
- Vorübergehende Betriebsschließung: Ein Unternehmer ist nicht berechtigt, einem Mitarbeiter zu kündigen, falls die Geschäftstätigkeit bloß für einen begrenzten Zeitraum eingestellt wird. Zwingend für eine Kündigung ist eine dauerhafte Schließung des Betriebs.
- Schrittweise Einstellung des Betriebs: Bei einer etappenweisen Stilllegung, wie dem sukzessiven Schließen einzelner Abteilungen, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten zu treffen. Dies bedeutet, dass Arbeitnehmer, deren Lebensumstände eine Kündigung am wenigsten schwerwiegend treffen, zuerst entlassen werden. Arbeitnehmer mit einer Schwerbehinderung, in fortgeschrittenem Alter, mit Unterhaltspflichten oder einer langen Betriebszugehörigkeit sind bei Entlassungen prinzipiell als letzte betroffen.
- Kündigung vorab: Es ist Unternehmern nicht gestattet, Kündigungen vor dem tatsächlichen Zeitpunkt der Geschäftsaufgabe auszusprechen.
- Unternehmensverkauf: Kündigungen im Rahmen einer Betriebsschließung sind generell nichtig, falls ein Unternehmensverkauf bevorsteht. Gemäß § 613a BGB werden die bestehenden Arbeitsverhältnisse vom neuen Inhaber übernommen. Ausnahmen können zur Anwendung kommen, falls der Erwerber das Unternehmenskonzept ändert. Allerdings sind hierzu strenge Anforderungen zu erfüllen. Kündigungen sind grundsätzlich nicht zulässig, sofern Gespräche mit eventuellen Interessenten für eine Übernahme noch laufen.
- Beabsichtigte Auflösung des Geschäfts: Es gibt Fälle, in denen Arbeitgeber präventiv kündigen, weil sie den Ausfall eines Hauptkunden prognostizieren. Solch eine Kündigung ist jedoch unzulässig, sollte der Arbeitgeber noch um den Erhalt der Kundenbeziehung kämpfen, da in diesem Szenario eine Geschäftsaufgabe noch nicht hinreichend konkretisiert ist. Erst nach einem definitiven Verlust des Geschäftsverkehrs ist eine solche Kündigung begründet.
- Insolvenzverfahren: Sobald über ein Unternehmen ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, entfällt die Befugnis des Arbeitgebers zu kündigen. Die Entscheidungsgewalt liegt nun beim Insolvenzverwalter, der über Entlassungen bestimmen darf.
Fazit
- Standortschließung: Nicht der komplette Betrieb muss geschlossen werden, für eine betriebsbedingte Kündigung genügt bereits die Stilllegung einer einzelnen Niederlassung.
- Unzulässigkeit der Kündigung möglich: Bestimmte Gründe können eine Kündigung aufgrund von Betriebsschließung unzulässig machen. Lassen Sie das ggf. von einem Anwalt prüfen.
- Schnelles Handeln ist nach einer Kündigung geboten, um die Frist von drei Wochen für mögliche Einsprüche zu wahren.
- Faktoren wie lange Betriebszugehörigkeit, höheres Lebensalter und Unterhaltsverpflichtungen können sich positiv auf die Summe einer Abfindung auswirken.
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