

Eine Insolvenz ist für Unternehmen und Beschäftigte eine besondere Situation, die verschiedene arbeitsrechtliche Fragen aufwirft: Was bedeutet die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens für bestehende Arbeitsverhältnisse? Unter welchen Voraussetzungen ist eine Kündigung bei Insolvenz möglich und welche Fristen gelten? Zudem stellt sich die Frage nach den Rollen von Insolvenzverwalter und Betriebsrat. Auch wenn eine Insolvenz nicht automatisch zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, können sich die „Spielregeln“ dramatisch verändern. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Regelungen, sowie Rechte und Handlungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer.
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Das Wichtigste auf einen Blick:
- Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet bestehende Arbeitsverhältnisse nicht.
- Der Insolvenzverwalter kann eine ordentliche und außerordentliche Kündigung aussprechen.
- Bei einer Kündigung bei Insolvenz gilt weitestgehend der allgemeine und besondere Kündigungsschutz. Die Insolvenz an sich ist kein Kündigungsgrund. Einschränkungen gibt es, wenn der Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich abschließt und Arbeitnehmer namentlich benennt.
- Die Kündigungsfrist beträgt 3 Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist im Vertrag gilt.
- Will der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage einreichen, gelten die allgemeinen Regelungen der Dreiwochenfrist etc.
Inhalt
Arbeitgeberseitige Kündigung bei Insolvenz
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet bestehende Arbeitsverhältnisse nicht. Die Insolvenz des Arbeitgebers an sich ist auch kein Kündigungsgrund. Grundsätzlich kann der Insolvenzverwalter auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ordentliche und außerordentliche Kündigungen aussprechen.
Der allgemeine und besondere Kündigungsschutz bleibt weitestgehend auch im Insolvenzverfahren bestehen. So müssen personen-, verhaltens– oder betriebsbedingte Gründe im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes nachgewiesen sowie allgemeine Vorschriften (Kündigungsbefugnis, Fristen, Schriftform etc.) eingehalten werden.
Kündigungsfrist in der Insolvenz
Kündigt der Insolvenzverwalter, beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist im Vertrag gilt. Ist eine kürzere arbeits- oder tarifvertragliche Frist im Vertrag vereinbart, so gilt die kürzere Frist. Ist eine längere Frist vereinbart, so gilt die 3 Monatsfrist (§ 113 Insolvenzordnung (InsO)). Dies gilt auch für eine Kündigung durch den Arbeitnehmer.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist grundsätzlich der Insolvenzverwalter kündigungsberechtigt. Er tritt an die Stelle des Arbeitgebers. Ausnahme: Ordnet das Gericht eine Eigenverwaltung an, führt der Arbeitgeber unter Aufsicht eines gerichtlich bestellten Sachwalters die Geschäfte weiter und spricht auch Kündigungen aus.
Besonderheiten bei Kündigung in der Insolvenz
Der allgemeine und besondere Kündigungsschutz bleibt grundsätzlich bestehen. Dennoch gibt es Kündigungserleichterungen (§ 113 InsO):
- Ist in einem Arbeitsverhältnis die ordentliche Kündigung ausgeschlossen, z.B. aufgrund langjähriger Betriebszugehörigkeit etc., erlaubt die Insolvenzordnung eine ordentliche Kündigung mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende.
- Ist ein Arbeitsverhältnis befristet (ohne ausdrückliche Kündigungsmöglichkeit), kann dieses mit 3 Monaten Kündigungsfrist vom Insolvenzverwalter gekündigt werden. Läuft die Befristung bereits vor diesen 3 Monaten aus, so bedarf es keiner Kündigung, sondern es kann dann automatisch mit Befristungsablauf beendet werden.
- Gilt in einem Arbeitsverhältnis eine länger als 3 monatige Kündigungsfrist durch Arbeits- oder Tarifvertrag, so wird diese in der Insolvenz auf 3 Monate reduziert.
Dies gilt für Kündigungen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Rolle des Betriebsrats bei Kündigung in der Insolvenz
Der Betriebsrat behält auch im Insolvenzverfahren seine Mitbestimmungsrechte.
- Der Betriebsrat muss vor jeder Kündigung angehört werden. Unterbleibt dies, ist die Kündigung bereits deshalb unwirksam.
- Bei geplanten Massenentlassungen ist der Betriebsrat zu unterrichten. Der Insolvenzverwalter hat mit ihm zu beraten.
Interessensausgleich zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat
Eine weitere Erleichterung bei der Kündigung ergibt sich beim Abschluss eines Interessenausgleichs zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat (§ 125 InsO). Dieser kann die Chancen der Arbeitnehmer auf eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage reduzieren. Sind die zu kündigenden Arbeitnehmer im Interessenausgleich namentlich benannt, so gilt der Kündigungsschutz nach dem KSchG nur mit Einschränkungen:
- Es wird vermutet, dass die erste Wirksamkeitsvoraussetzung erfüllt ist, nämlich dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen.
- Weiter darf die weitere Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung, die soziale Auswahl, nur im Hinblick auf die Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch nur auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft werden.
Sozialplan durch Insolvenzverwalter und Betriebsrat
Der Insolvenzverwalter kann mit dem Betriebsrat einen Sozialplan abschließen. Jedoch gelten auch hier Einschränkungen:
- Der individuelle Betrag einer Abfindungen ist auf einen Gesamtbetrag von bis zu zweieinhalb Monatsverdiensten begrenzt.
- Abfindungen sind zwar Masseverbindlichkeiten, d.h. sie sind in vollem Umfang zu zahlen, wenn ausreichende Mittel gegeben sind. Sie dürfen jedoch nicht mehr als ein Drittel der Masse in Anspruch nehmen.
- Bei Barmittel darf der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gerichts Abschlagszahlungen auf die Sozialplanforderungen leisten.
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Aufhebungsvertrag und Abfindung bei Insolvenz
Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, während der Insolvenz einem Aufhebungsvertrag zuzustimmen und das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Diese können zwar Vereinbarungen zu einer Abfindung für Arbeitnehmer enthalten. Jedoch ist Vorsicht geboten, da dies Auswirkungen auf den Bezug von Arbeitslosengeld haben kann, insbesondere durch die Verhängung einer Sperrzeit.
Abfindungen sind in einem Insolvenzverfahren oft wesentlich niedriger. Betriebsbedingte Kündigungen sind oft gerechtfertigt und schon deswegen fallen Abfindungen geringer aus. Sozialpläne werden aufgrund fehlender Zahlungsmittel und gesetzlicher Begrenzungen oft mit niedrigen Abfindungen abgeschlossen.
Kündigungsschutzklage in der Insolvenz
Auch während eines Insolvenzverfahrens können Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage einreichen. Die Frist für die Kündigungsschutzklage beträgt drei Wochen nach Erhalt der Kündigung. Eine Klage kann insbesondere dann Erfolg versprechen, wenn die Sozialauswahl fehlerhaft durchgeführt wurde oder besonderer Kündigungsschutz besteht, etwa bei Schwerbehinderten oder Schwangeren. In vielen Fällen kann eine erfolgreiche Klage zu einer Abfindung oder Weiterbeschäftigung führen. Aufgrund der Komplexität solcher Verfahren ist es ratsam, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen, um die individuellen Erfolgsaussichten zu bewerten und eine geeignete Strategie zu entwickeln.

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