Unfair gekündigt? So hilft Ihnen das Kündigungsschutzgesetz

  • Timo Sauer
  • 17. Juni 2024
  • 11:43
Kündigungsschutzgesetz

Mitarbeitern einfach kündigen – das geht in Deutschland meist nicht. Denn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schützt Arbeitnehmer vor grundlosen Kündigungen. Nur in drei klar geregelten Fallgruppen sind Kündigungen wirksam möglich. Das Gesetz ist damit das Rückgrat des Arbeitsplatzschutzes in Deutschland. Es greift allerdings erst nach Ablauf der Wartezeit von sechs Monaten. Und auf Kleinbetriebe ist es gar nicht anwendbar. In unserem Blogartikel erfahren Sie alles Wichtige über das Kündigungsschutzgesetz.

Wann ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar?

Der Arbeitnehmerschutz durch das Kündigungsschutzgesetz greift natürlich nur, wenn das Gesetz überhaupt anwendbar ist. Denn das KSchG gilt nicht für alle Arbeitsverhältnisse in Deutschland. Nur wenn die Wartezeit abgelaufen ist, das Arbeitsverhältnis also mindestens sechs Monate ohne Unterbrechung bestanden hat, und kein “Kleinbetrieb” vorliegt, findet das KSchG Anwendung. Früher waren Kleinbetriebe solche mit 5 oder weniger Mitarbeitern. Seit dem 01.01.2004 findet das Kündigungsschutzgesetz nur noch in Betrieben Anwendung, die mehr als 10 Mitarbeiter regelmäßig beschäftigen.

Dabei werden Teilzeitbeschäftigte nur anteilig ihrer wöchentlichen Arbeitszeit mitberechnet. Demnach werden beispielsweise Teilzeitkräfte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden mit dem Faktor 0,5 und Beschäftigte mit bis zu 30 Stunden mit 0,75 berücksichtigt. Zudem gibt es Ausnahmen für leitende Angestellte, Probearbeitsverhältnisse oder auch befristete Arbeitsverhältnisse, bei denen das KSchG keine Anwendung findet.

Lawyer Berlin english speaking
Wie viel Abfindung steht Ihnen zu? Jetzt berechnen!
  • Kostenlos Ihre individuelle Abfindungshöhe berechnen
  • Berechnung der Regelabfindung bis zu sehr hohen Abfindungen
  • Strategie zur Maximierung Ihrer Abfindung erhalten

Zum Abfindungsrechner

Wann darf der Arbeitgeber kündigen?

Das Kündigungsschutzgesetz sieht drei Arten von Kündigungen vor: personen-, verhaltens-, und betriebsbedingte Kündigungen.

1. Personenbedingte Kündigung

Wenn der Arbeitnehmer aus persönlichen, nicht steuerbaren Gründen seine vereinbarte Arbeitsleistung dauerhaft nicht mehr erbringen kann, liegt eine personenbedingte Kündigung vor, wobei darunter insbesondere Krankheiten fallen. Eine solche kann nach dem KSchG nur dann sozial gerechtfertigt, also rechtswirksam sein, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Negativprognose: Mit der Störung muss auch zukünftig zu rechnen sein.
  • Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen: Die fortgesetzte Anstellung des Arbeitnehmers beeinträchtigt die betrieblichen Interessen erheblich.
  • Ultima ratio Prinzip: Der Arbeitgeber muss zuerst mildere Maßnahmen, wie die Versetzung oder Änderung der Arbeitszeit, prüfen, bevor er kündigen darf.
  • Interessenabwägung: Es ist abzuwägen, ob es dem Arbeitgeber zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis fortzuführen. 
2. Verhaltensbedingte Kündigung

Eine andere Form der Kündigung stellt die verhaltensbedingte dar. Diese erfolgt aufgrund eines dem Arbeitnehmer vorwerfbaren, also steuerbaren Verhalten, beispielsweise bei Verweigerung der Arbeitsleistung oder auch Diebstahl. Für die Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung ist auch hierbei eine Negativprognose erforderlich. Zudem gilt wiederum das ultima ratio Prinzip, das sich bei der verhaltensbedingten Kündigung vor allem im Erfordernis einer Abmahnung niederschlägt. Weiterhin wird eine Abwägung der Interessen sowohl des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers vorgenommen.

3. Betriebsbedingte Kündigung

In der Praxis kommt es meist zu betriebsbedingten Kündigungen, der eine unternehmerische Entscheidung zugrunde liegt. Meist erfolgt eine solche infolge von Standortschließungen oder wirtschaftlichen Notlagen. Auch hier gilt das ultima ratio Prinzip, also dem Vorrang milderer Mittel. Als Besonderheit muss zudem eine Sozialauswahl vorgenommen werden, indem die Arbeitnehmer anhand verschiedener Kriterien wie der Dauer der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters, der Unterhaltspflichten und der Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers, miteinander verglichen werden. Daher darf man Menschen, die die genannten Kriterien erfüllen, nicht so leicht kündigen wie anderen.

Sonderfall: Änderungskündigung

Änderungskündigungen ermöglichen es Arbeitgebern, Vertragsbedingungen anzupassen. Dabei wird dem Arbeitnehmer unter Einhaltung der Kündigungsfrist gekündigt und gleichzeitig ein Angebot für einen neuen Arbeitsvertrag mit geänderten Konditionen unterbreitet. Als Arbeitnehmer stehen Ihnen in Bezug auf ein Änderungsangebot drei Möglichkeiten offen: Sie können das Angebot annehmen, es unter Vorbehalt einer gerichtlichen Prüfung annehmen oder es ablehnen. Es ist vorteilhaft, die Änderungskündigung unter Vorbehalt zu akzeptieren. So sichert man sich nämlich seinen Arbeitsplatz und behält sich gleichzeitig sein Recht vor, gerichtlich gegen die Kündigung vorzugehen. Auch hierbei ist die dreiwöchige Frist einzuhalten, da in der Regel nur dann eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden kann.

Kündigung oder Aufhebungsvertrag erhalten?

Prüfen Sie jetzt in unter 2 Minuten Ihre mögliche Abfindung. Kostenlos und unverbindlich!

Abfindung ermitteln

Wann muss der Betriebsrat angehört werden?

Sofern ein Betriebsrat existiert, muss dieser angehört werden. Ohne diese Anhörung ist eine Kündigung unwirksam. Der Betriebsrat prüft die Gründe für die Kündigung und kann Bedenken äußern, hat jedoch nicht das Recht, die Kündigung zu verhindern.

Unterschiede zwischen allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz?

Das Kündigungsschutzgesetz wird als allgemeiner Kündigungsschutz bezeichnet. Daneben gibt es noch den besonderen Kündigungsschutz, der für bestimmte Personengruppen einen zusätzlichen Schutz vor Entlassungen bietet. Dazu zählen Schwangere, Mitglieder des Betriebsrats, Auszubildende oder auch Schwerbehinderte.

Was muss beachtet werden?

Um eine Kündigungsschutzklage geltend zu machen, muss zwingend die Frist beachtet werden. Andernfalls wird eine an sich rechtsunwirksame Kündigung von Anfang an als rechtswirksam behandelt. Das kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer keine Möglichkeit mehr hat, gegen die Entlassung vorzugehen und mögliche Ansprüche einzufordern. Die Frist beträgt drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung. Wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise am 09.05.2023 eine Kündigung erhält, beginnt die Frist am 10.05.2023 und endet am 30.05.2023. Auch für eventuelle Abfindungsverhandlungen ist die Fristwahrung unentbehrlich, da nach Verstreichenlassen der dreiwöchigen Frist der Arbeitgeber regelmäßig keine Abfindung mehr zahlen wird.

Fazit: Welche Vorteile bietet das Kündigungsschutzgesetz für Arbeitnehmer?

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gewährt Arbeitnehmern eine Vielzahl von Vorteilen, darunter insbesondere den Schutz vor ungerechtfertigten Kündigungen. Außerdem hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung, wenn eine Kündigung nicht sozial gerechtfertigt ist, demnach also unwirksam ist. Die Regelungen des KSchG schützen also Arbeitnehmer vor existenziellen Risiken, erhöhen die Arbeitsplatzsicherheit und fördern soziale Gerechtigkeit. Mithilfe der Kündigungsschutzklage, die das wichtigste Instrument des KSchG darstellt, können sich Arbeitnehmer beim zuständigen Arbeitsgericht gegen ungerechtfertigte Kündigungen wehren. Wenn die Unwirksamkeit einer Kündigung festgestellt wurde und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für beide Parteien unzumutbar ist, kann das Gericht in einigen Fällen eine Abfindung anordnen.

AdobeStock_283780955
Kostenlos Erstberatung mit Fachanwalt
  • 15min kostenlose Erstberatung durch einen Anwalt
  • Sofort Online-Termin über Calendly buchen oder schneller Rückruf
  • Strategie zum Verhandeln Ihrer Abfindung

Zur kostenlosen Erstberatung

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was besagt das Kündigungsschutzgesetz?

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) regelt die Voraussetzungen und Bedingungen für die Kündigung von Arbeitsverhältnissen durch den Arbeitgeber. Es schützt Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen und gibt vor, dass Kündigungen durch betriebs-, personen- oder verhaltensbedingte Gründe gerechtfertigt sein müssen.

Was fällt unter das Kündigungsschutzgesetz?

Unter das Kündigungsschutzgesetz fallen alle Regelungen, die die Voraussetzungen, Bedingungen und den Ablauf einer rechtmäßigen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses betreffen. Dazu gehören die ordentliche Kündigung, außerordentliche Kündigung, Kündigungsfristen, und die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen.

Wann ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar?

Das Kündigungsschutzgesetz ist anwendbar, wenn ein Arbeitnehmer länger als sechs Monate in einem Betrieb beschäftigt ist und der Betrieb regelmäßig mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt. Es schützt Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Kündigungen und legt die rechtliche Grundlage für Kündigungsschutzklagen.

Für welche Betriebe gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht?

Das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht für Kleinbetriebe mit zehn oder weniger regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern. In diesen Betrieben ist der Kündigungsschutz geringer, und Kündigungen unterliegen nicht den strengen Regelungen des KSchG.

Welche Mitarbeiter zählen beim Kündigungsschutzgesetz?

Beim Kündigungsschutzgesetz werden alle regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer gezählt, einschließlich Teilzeitbeschäftigter, sofern sie mindestens 10 Wochenstunden arbeiten. Auszubildende werden nicht mitgerechnet. Entscheidend ist die Anzahl der Arbeitskräfte im Betrieb, nicht deren individuelle Arbeitszeiten.

Wie viele Mitarbeiter braucht man für das Kündigungsschutzgesetz?

Für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes braucht ein Betrieb in der Regel mindestens 10 regelmäßig beschäftigte Mitarbeiter. Dabei zählen alle Arbeitnehmer, die eine wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 10 Stunden haben, zur Gesamtzahl der Beschäftigten.

Ist das Kündigungsschutzgesetz auf Kleinbetriebe anwendbar?

Generell ist das Kündigungsschutzgesetz nicht auf Kleinbetriebe mit zehn oder weniger regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern anwendbar. Für diese Betriebe gelten weniger strenge Regelungen bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen.

Wann ist das Kündigungsschutzgesetz in einem Kleinbetrieb anwendbar?

In Kleinbetrieben, die mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen oder wenn ein Arbeitnehmer bereits vor dem 1. Januar 2004 in einem Kleinbetrieb mit mehr als fünf Arbeitnehmern beschäftigt war, kann das Kündigungsschutzgesetz anwendbar sein, sofern alle weiteren gesetzlichen Bedingungen erfüllt sind.

Was bedeutet Paragraph 9 und 10 KSchG?

Die Paragraphen § 9 und § 10 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) regeln die Möglichkeit der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht gegen Zahlung einer Abfindung. Wenn das Gericht feststellt, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint, kann es das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitnehmers auflösen und eine angemessene Abfindung festsetzen.

Sie benötigen arbeitsrechtliche Unterstützung?

Jetzt Termin für Erstberatung mit Arbeitsrechtsexperten vereinbaren

Kostenlose Ersteinschätzung

Alle Informationen auf unserer Website sind redaktioneller Natur und stellen ausdrücklich keine Rechtsberatung dar. Selbstverständlich haben wir uns um die Richtigkeit der auf dieser Website enthaltenen Informationen und Links bemüht. Dennoch können wir keine Gewähr für die Richtigkeit der Informationen übernehmen. Sie ersetzen in keinem Fall eine rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt.