

Erhält ein Arbeitnehmer eine betriebsbedingte Kündigung wegen Betriebsschließung, kann er die Kündigung dennoch durch das Arbeitsgericht überprüfen lassen. Der Arbeitgeber ist in seiner Entscheidung, den Betrieb zu schließen, zwar völlig frei. Die Gerichte prüfen aber unter anderem, ob eine Betriebsschließung vorliegt und der Arbeitgeber den Betrieb auch tatsächlich schließt. Eine Abfindung bei Betriebsschließung ergibt sich für den Arbeitnehmer in diesen Fällen oft aus Sozialplänen. Mehr dazu in unserem folgenden Beitrag.
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Das Wichtigste auf einen Blick:
- Will der Arbeitgeber seinen Betrieb schließen, muss er betriebsbedingte Kündigungen aussprechen.
- Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass der Betrieb tatsächlich geschlossen wird, d.h. die betriebliche Tätigkeit wird dauerhaft eingestellt, wodurch alle Arbeitsplätze dauerhaft wegfallen. Es darf keine Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder freie Arbeitsplätze in einem anderen Betrieb des Arbeitgebers geben.
- Bei einer Betriebsschließung und Entlassung aller Arbeitnehmer ist eine Sozialauswahl grundsätzlich nicht erforderlich. Ausnahme: bei schrittweiser Schließung über einen längeren Zeitraum.
- Ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung bei Betriebsschließung kann sich aus § 1a KSchG ergeben. Weiter können sich Abfindungsansprüche aus Sozialplan, Tarifvertrag oder individuellen Verhandlungen mit dem Arbeitgeber ergeben.
Inhalte
Kündigungsschutz bei Betriebsschließung
Will ein Arbeitgeber einen Betrieb schließen, wird er im Regelfall auch die Mitarbeiter entlassen, also Kündigungen aussprechen.
Grundsätzlich sind das betriebsbedingte Kündigungen, sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist (mehr als 10 Arbeitnehmer und Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate). In diesem Fall muss der Arbeitgeber nachweisen, dass:
- eine Betriebsschließung tatsächlich erfolgt und zum Wegfall des Arbeitsplatzes führt,
- es keine Weiterbeschäftigung im Betrieb oder einem anderen Betrieb des Arbeitgebers gibt (kein milderes Mittel) und
- im Falle einer ausnahmsweise erforderlichen Sozialauswahl, diese ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
Diese Voraussetzungen erläutern wir in den nächsten Kapiteln speziell für die Betriebsschließung. Allgemeine Informationen finden sich in unserem Artikel zur betriebsbedingten Kündigung.
Ist dagegen das Kündigungsschutzgesetz ausnahmsweise nicht anwendbar, weil der Betrieb ein Kleinbetrieb ist oder das gekündigte Arbeitsverhältnis noch keine 6 Monate besteht, so kann der Arbeitgeber auch bei Betriebsschließung – unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist und ohne besondere Kündigungsgründe – kündigen.

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Betriebsschließung führt zum Wegfall des Arbeitsplatzes
Will der Arbeitgeber seinen Betrieb schließen, so ist dies seine freie unternehmerische Entscheidung. Die Arbeitsgerichte dürfen diese Entscheidung nicht darauf prüfen, ob sie Sinn macht oder nicht. Jedoch prüft das Arbeitsgericht, ob der Arbeitgeber seinen Betrieb auch tatsächlich schließt. Der Arbeitgeber muss deshalb nachweisen, dass
- eine Betriebsschließung tatsächlich erfolgt und alle Arbeitsplätze dadurch entfallen, d. h. es muss eine endgültige Einstellung der betrieblichen Tätigkeit und eine dauerhafte Auflösung der betrieblichen Gemeinschaft erfolgen.
- ein endgültiger Entschluss zur Betriebsschließung vorliegt, der bereits bei Kündigungsausspruch “greifbar” ist. Beispiele: Bekanntmachung in Betriebsversammlung, Verhandlung mit Betriebsrat für einen Sozialplan, Kündigung sämtlicher Arbeitnehmer, Kündigung von Mietverträgen, Verkauf von Betriebsmitteln (wie Maschinen, Fahrzeuge) etc.
Keine Betriebsschließung liegt vor:
- bei einem Betriebsübergang: Verkauft der Arbeitgeber seinen Betrieb und wird dieser ganz oder zum Teil fortgeführt, liegt ein Betriebsübergang vor. Eine betriebsbedingte Kündigung ist unwirksam, da das Arbeitsverhältnis automatisch auf den neuen Erwerber übergeht.
- bei einer nur vorübergehenden Betriebsschließung: Wird die Geschäftstätigkeit nur vorübergehend für einen begrenzten Zeitraum eingestellt, liegt keine Betriebsstilllegung vor. Eine betriebsbedingte Kündigung wäre unwirksam.
- wenn eine Schließung nur beabsichtigt ist, aber nicht umgesetzt wird. Der Arbeitgeber darf daher nicht nur “präventiv” oder “vorsorglich” kündigen, für den Fall, dass der Betrieb eventuell später stillgelegt werden soll. Eine solche Kündigung wäre unwirksam.
- nur weil das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Der Betrieb kann auch nach der Insolvenzeröffnung weitergeführt werden. Eine solche betriebsbedingte Kündigung alleine wegen Insolvenzeröffnung ist unwirksam.
Betriebsschließung und mildere Mittel
Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass es keine milderen Mittel wie die Beendigung der Arbeitsverhältnisse gibt. Dazu gehört, dass es keine weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb gibt. Bei Betriebsschließung ist dies der Fall.
Jedoch könnte eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb des Unternehmens möglich sein, sofern es dort freie und gleichwertige Arbeitsplätze gibt. Beispiel: Ein Arbeitgeber hat mehrere Bäckereifilialen in einer Stadt und schließt davon nur eine Filiale. Der Arbeitnehmer könnte sich dann auf einen freien und gleichwertigen Arbeitsplatz in einer anderen Filiale berufen. Kann er dies nachweisen, wäre die betriebsbedingte Kündigung unwirksam.
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Sozialauswahl bei Betriebsschließung nur ausnahmsweise
Der Arbeitgeber muss bei betriebsbedingten Kündigungen grundsätzlich eine Sozialauswahl durchführen, wenn er nur einen Teil seiner Belegschaft kündigt.
Da bei einer Betriebsschließung alle Arbeitnehmer gekündigt werden, ist eine Sozialauswahl nicht erforderlich. Ausnahme: Der Betrieb wird nur schrittweise über eine längere Zeit geschlossen und Teile der Belegschaft erhalten mit der schrittweisen Schließung ihre betriebsbedingten Kündigungen zu verschiedenen Zeiten. Bei einer etappenweisen Stilllegung, wie dem sukzessiven Schließen einzelner Abteilungen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine Sozialauswahl durchzuführen. Dabei sind die sozial Schwächeren später zu kündigen, wie die sozial Stärkeren. Hier entscheiden die Kriterien der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten sowie eventuelle Schwerbehinderungen. Gibt es einen Sozialplan (siehe nächstes Kapitel) hat der Arbeitgeber die Auswahlkriterien und ihre dortige Gewichtung zueinander zu berücksichtigen.
Sonderkündigungsschutz gilt auch bei Betriebsschließung
Der Sonderkündigungsschutz (für schwangere Frauen, Mütter in den Schutzfristen, Eltern in Elternzeit, Schwerbehinderte, Amtsträger etc.) gilt auch bei Betriebsschließungen. Der Arbeitgeber muss hier sämtliche besonderen Voraussetzungen, wie die Zustimmung der Behörden etc., einhalten. Gibt es hier Fehler, ist die Kündigung trotz Betriebsschließung unwirksam.

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Abfindung bei Betriebsschließung
Eine Abfindung bei Betriebsschließung kann sich aus unterschiedlichen Gründen ergeben. Es kann ein gesetzlicher Abfindungsanspruch bestehen (§ 1a KSchG). Weiter können sich Abfindungsansprüche aus Sozialplan, Tarifvertrag oder individuelle Verhandlungen mit dem Arbeitgeber ergeben:
Gesetzlicher Abfindungsanspruch bei Betriebsschließung
Ein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung bei Betriebsschließung ergibt sich, wenn ein Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt und der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben einen entsprechenden Hinweis gegeben hat.
In diesem Fall besteht ein in der Höhe festgelegter Anspruch von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.
Abfindungsanspruch aus Sozialplan
Ein deutlich besserer Abfindungsanspruch bei Betriebsschließung kann sich aus einem Sozialplan ergeben. Dies ist eine verbindliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile aufgrund der Betriebsschließung. Ist ein Abfindungsanspruch im Sozialplan festgelegt, hat der Arbeitnehmer einen unmittelbaren Anspruch aus dem Sozialplan. Der Arbeitnehmer muss keine weiteren vertraglichen Vereinbarungen schließen oder Verhandlungen mit dem Arbeitgeber aufnehmen. Fehlt im Unternehmen ein Betriebsrat, besteht keine Möglichkeit eines Sozialplans, was die Aussichten auf eine Abfindung bei Betriebsschließung deutlich reduziert.
In einem Sozialplan wird eine „Abfindungsformel“ festgelegt, die bestimmte Kriterien wie Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltspflichten berücksichtigt. Dies bedeutet zum Beispiel, dass eine 50-jährige Angestellte mit einer 20-jährigen Firmenzugehörigkeit und der Verantwortung für zwei Kinder im Rahmen des Sozialplans besser gestellt wird als ein 28-jähriger Angestellter ohne Kinder, der erst fünf Jahre im Betrieb arbeitet. Für den jüngeren Mitarbeiter wären die sozialen und finanziellen Folgen einer Entlassung weniger gravierend im Vergleich zur alleinerziehenden Mutter. Folglich würde die langjährige Mitarbeiterin aufgrund ihrer Betriebszugehörigkeit und höheren sozialen Verpflichtungen eine größere Abfindung erhalten als der jüngere Kollege mit kürzerer Zugehörigkeit zum Unternehmen.
Abfindungsanspruch aus Tarifvertrag
Abfindungsansprüche können sich auch aus Tarifverträgen ergeben. Der Arbeitnehmer kann dies beim Betriebsrat, Gewerkschaft oder Anwalt erfragen. Zum Beispiel bei Tarifverträgen in der chemischen Industrie.
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Abfindungsanspruch und individuelle Verhandlung mit Arbeitgeber
Besteht kein Abfindungsanspruch aus Sozialplan oder Tarifvertrag, so können Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch über eine Abfindungszahlung verhandeln. Hier ist die Höhe der Abfindung frei verhandelbar und nicht wie beim gesetzlichen Abfindungsanspruch auf ein halbes Bruttomonatsgehalt/Jahr begrenzt. Die Höhe der Abfindung hängt aber im Wesentlichen vom Prozessrisiko ab: Je höher die Wahrscheinlichkeit der Unwirksamkeit der Kündigung (hier z. B. keine Betriebsschließung, Fehler bei der Sozialauswahl bei schrittweiser Schließung, freie Arbeitsplätze in anderen Betrieben des Arbeitgebers etc.), je höher die Bereitschaft des Arbeitgebers zur Zahlung einer höheren Abfindung.
Hier ist es ratsam, sich Unterstützung bei der Gewerkschaft oder bei einem im Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt zu holen.
Abfindungen und Steuern
Abfindungen unterliegen der Steuerpflicht. Dies muss bereits bei den Verhandlungen berücksichtigt werden. Zahlreiche Steuertipps findet man in unserem Artikel zur Besteuerung von Abfindungen. Der Brutto-Netto-Rechner gibt eine erste Einschätzung zu den steuerlichen Folgen.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

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