Kündigungsfrist ohne Arbeitsvertrag: Diese Regeln gelten!

  • Ceyda Sahin
  • 18. Oktober 2024
  • 15:26
Kündigungsfrist ohne Arbeitsvertrag

Welche Kündigungsfrist gilt eigentlich ohne Arbeitsvertrag? Manchmal beginnt man eine Beschäftigung, ohne jemals einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen. Doch was geschieht, wenn es zu einer Kündigung kommt? Ohne die Klarheit eines schriftlichen Vertrags können sich viele Unsicherheiten ergeben. Doch keine Sorge, auch in solchen Fällen schützt Sie das Gesetz. In diesem Artikel erfahren Sie, wie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) Sie als Arbeitnehmer absichert und welche Kündigungsfristen gelten.

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Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Auch ohne schriftlichen Arbeitsvertrag sind Ihre Rechte durch klare gesetzliche Regelungen geschützt. 
  • Mündliche Arbeitsverträge sind rechtlich bindend und die gesetzlichen Kündigungsfristen des BGB gelten auch ohne Arbeitsvertrag.
  • Bei den gesetzlichen Fristen wird danach unterschieden, ob die Kündigung durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber ausgesprochen wurde.
  • Der Aufhebungsvertrag stellt eine Möglichkeit dar, die Kündigungsfrist zu umgehen.

Mündliche Arbeitsverträge: Rechtswirksam und verbindlich

Im Vertragsrecht gilt der Grundsatz der Formfreiheit. Das bedeutet, dass Verträge nicht zwingend einer bestimmten Form bedürfen, um rechtlich wirksam zu sein. Dieser Grundsatz findet auch im Arbeitsrecht Anwendung. Mündliche Vereinbarungen sind daher ebenso rechtsverbindlich wie schriftliche Verträge, solange die wesentlichen Elemente eines Arbeitsvertrages – nämlich die Vertragspartner, die Art der Arbeit und das Entgelt – eindeutig festgelegt sind. Eine Ausnahme ergibt sich dabei für befristete Arbeitsverträge. Soll ein Arbeitsvertrag befristet werden, muss dieser unbedingt die Schriftform beachten. Wird dieser beispielsweise nur mündlich geschlossen, gilt der Arbeitsvertrag unbefristet geschlossen.

Zwar bringt ein schriftlicher Arbeitsvertrag Klarheit und kann Missverständnisse vorbeugen, ist jedoch nicht zwingend erforderlich, um ein rechtlich bindendes Arbeitsverhältnis zu begründen. Das Fehlen eines schriftlichen Dokuments ändert nichts an den Rechten und Pflichten, die beide Parteien eingegangen sind. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind somit gleichermaßen an die getroffenen mündlichen Vereinbarungen gebunden. Probleme können durch die schwierige Beweisbarkeit bei mündlich geschlossenen Verträgen aufkommen. Daher ist ein schriftlicher Vertrag hinsichtlich der Beweissituation besser. Denn theoretisch kann sogar das gesamte Arbeitsverhältnis geleugnet werden, wenn es keine anderweitigen Beweise gibt.

Auch das Nachweisgesetz ändert daran nichts. Es verlangt zwar, dass die Arbeitsbedingungen schriftlich festgehalten und dem Arbeitnehmer unterschrieben ausgehändigt werden, § 2 NachwG. Wenn dies aber nicht geschieht, bleibt der Arbeitsvertrag dennoch gültig. Wer die wesentlichen Vertragsbedingungen nicht oder nicht richtig aushändigt, handelt möglicherweise ordnungswidrig, aber der Arbeitsvertrag bleibt wirksam.

Anders als beim Arbeitsvertrag muss eine Kündigung stets in Schriftform erfolgen, § 623 BGB.

Kündigungsfristen ohne Arbeitsvertrag durch gesetzlich (BGB) geregelt

Innerhalb der Kündigungsfrist muss der Arbeitnehmer weiterhin arbeiten und der Arbeitgeber Lohn zahlen, nachdem einer der Parteien gekündigt hat. Diese Frist bietet dem Arbeitnehmer genug Zeit, eine neue Stelle zu finden, und dem Arbeitgeber Zeit, einen Ersatz für die gekündigte Stelle zu finden. Gibt es keine vertragliche Regelung zur Kündigungsfrist, greifen die gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Laut § 622 BGB gelten für unbefristete Arbeitsverhältnisse die folgenden Kündigungsfristen:

  • Während der Probezeit: Zwei Wochen, sofern eine Probezeit vertraglich vereinbart wurde.
  • Nach der Probezeit: Vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende.

Diese Fristen gelten als Mindestfristen und sind sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber bindend. Je länger ein Arbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt ist, desto länger sind die Kündigungsfristen für den Arbeitgeber. 

Gemäß § 622 Abs. 2 BGB gelten die folgenden gestaffelten Fristen:

  • 2 Jahre Betriebszugehörigkeit: 1 Monat zum Monatsende
  • 5 Jahre Betriebszugehörigkeit: 2 Monate zum Monatsende
  • 8 Jahre Betriebszugehörigkeit: 3 Monate zum Monatsende
  • 10 Jahre Betriebszugehörigkeit: 4 Monate zum Monatsende
  • 12 Jahre Betriebszugehörigkeit: 5 Monate zum Monatsende
  • 15 Jahre Betriebszugehörigkeit: 6 Monate zum Monatsende
  • 20 Jahre Betriebszugehörigkeit: 7 Monate zum Monatsende

Diese verlängerten Fristen bieten Arbeitnehmern, die lange im Unternehmen tätig sind, mehr Planungssicherheit und Schutz.

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Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfrist

Bei der Berechnung von Kündigungsfristen unterscheidet das Gesetz zwischen Wochen- und Monatsfristen. Bei Wochenfristen ist immer der Tag maßgeblich. Wenn die Frist beispielsweise an einem Montag beginnt, endet die Frist auch an einem Montag (Fristbeginn: Montag, 02.09, Fristende: Montag, 30.09). Anders sieht das bei Monatsfristen aus. Dabei ist das Datum maßgeblich. Beginnt die Frist am 4. eines Monats, endet sie an einem 3. (Fristbeginn: 04.10, Fristende: 03.11).

Wichtig ist weiterhin, dass das Fristende im Arbeitsrecht durch Samstage, Sonntage & Feiertage nicht – wie sonst – verschoben wird. 

Die Frist beginnt immer am Tag nach Zugang der Kündigung. Bekommen Sie die Kündigung persönlich überreicht, beginnt die Frist also am nächsten Tag. Wenn die Kündigung per Post zugestellt wird, gilt die Kündigung als zugegangen, wenn Sie in Ihrem Briefkasten landet und nach “allgemeiner Verkehrsanschauung” mit der nächsten Leerung des Briefkastens zu rechnen ist.

Beispiel 1

Beispiel: Eine Arbeitgeberin übergibt am 24.09.24 ihrem Arbeitnehmer, der seit zwei Jahren im Betrieb angestellt ist, die Kündigung. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat und beginnt am 25.09.24 zu laufen. Die Frist läuft am 24.10.24 ab. Damit endet das Arbeitsverhältnis zum 31.10.24.

Übergibt die Arbeitgeberin dagegen erst am 01.10.24 die Kündigung, beginnt die Monatsfrist am 02.10.24 und läuft bis zum 01.11.24. Da der Arbeitgeber nur zum Monatsende kündigen kann, endet das Arbeitsverhältnis erst am 30.11.24 um 24 Uhr. Für Sie bedeutet das, dass sie länger Gehalt bekommen!

Beispiel 2

Beispiel: Kündigt eine Arbeitnehmerin am 26.08.24, läuft – angenommen sie ist nicht mehr in Probezeit – eine Frist von vier Wochen. Die Frist beginnt damit am Dienstag, den 27.08.24, zu laufen. Sie endet am Dienstag, den 24.09.24. Daher kann der Arbeitnehmer zum 30.09.24 kündigen.

Kündigt er stattdessen am 03.09.24, beginnt die Frist am Mittwoch, den 04.09.24. Damit läuft die 4-Wochen-Frist bis Mittwoch, den 02.10.24. Da man als Arbeitnehmer auch zum 15. kündigen kann, endet das Arbeitsverhältnis nach den gesetzlichen Regeln am 15.10.24 um 24 Uhr.

Wichtig: Wenn Sie als Arbeitnehmer nach den gesetzlichen Fristen kündigen wollen, sollten sie im Kündigungsschreiben angeben, zu welchem Termin Sie künden wollen. Geben Sie dabei immer auch an, dass Sie hilfsweise zum nächstmöglichen Termin kündigen wollen. So sind Sie auf der sicheren Seite!

Einflüsse von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen können abweichende Kündigungsfristen enthalten. So stellen diese Regelungen eine bedeutende Ausnahme zu den gesetzlichen Bestimmungen dar, sofern sie für den Arbeitnehmer günstiger sind. Daher sollten Sie immer die Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen – soweit sie vorliegen – prüfen, um ihre exakten Kündigungsfristen zu kennen.

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Außerordentliche Kündigung ohne Arbeitsvertrag

Neben den ordentlichen Kündigungsfristen gibt es auch die Möglichkeit der außerordentlichen oder fristlosen Kündigung. Diese kann gemäß § 626 BGB erfolgen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. Beispiele dafür können schwerwiegende Pflichtverletzungen oder Vertrauensbrüche sein. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer können dann – ohne Einhaltung der Kündigungsfristen – mit sofortiger Wirkung das Arbeitsverhältnis beenden. Jedoch muss das aber innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der maßgebenden Tatsachen und in Schriftform geschehen.

So können Sie die gesetzlichen Kündigungsfristen umgehen

In manchen Fällen ist es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer besonders wichtig, die Kündigungsfristen zu umgehen. Beispielsweise, um weitere Konflikte zu vermeiden oder weil der Arbeitnehmer einen schnellen Wechsel in eine neue Karriere plant. In solchen Fällen kommt der Aufhebungsvertrag ins Spiel. Mit einem solchen können Arbeitnehmer und Arbeitgeber nämlich die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbaren und so die gesetzlichen Kündigungsfristen umgehen.

Wichtig: Wenn Sie sich direkt nach Ihrer Kündigung krank melden und bis zum Ende der Kündigungsfrist krankgeschrieben sind, kann es sein, dass Sie möglicherweise keine Entgeltfortzahlung erhalten (LAG Schleswig-Holstein, 02.05.2023, Az. 2 Sa 203/22). 

Kündigungsschutzklage wegen falscher Fristberechnung

Falls die Kündigung keine eindeutigen Angaben zum Beendigungszeitpunkt enthält oder dieser falsch berechnet wurde, sollten Sie sich überlegen, rechtlichen Rat einzuholen, um herauszufinden, ob eine Kündigungsschutzklage sinnvoll ist. Gewerkschaftsmitglieder haben die Möglichkeit, sich dort beraten zu lassen und Rechtsschutz zu erhalten. Wenn keine Kündigungsschutzklage innerhalb der dreiwöchigen Frist erhoben wird, gilt die Kündigung trotz zu kurzer Frist als gültig und beendet das Arbeitsverhältnis zu einem falschen Zeitpunkt (§ 7 KSchG). Dadurch könnte Ihnen Gehalt entgehen. Ob eine Klage sinnvoll ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Deshalb ist es ratsam, sich von einem spezialisierten Anwalt beraten zu lassen, der Ihnen weiterhelfen kann.

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