Eine fristlose (oder “außerordentliche”) Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort – ohne jede Frist. Dies hat erhebliche Konsequenzen für den Arbeitnehmer. Es führt zu plötzlichem Einkommensverlust, Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld und es kann sich negativ bei zukünftigen Bewerbungen auswirken. Damit eine solche fristlose Kündigung wirksam ist, müssen allerdings strenge Voraussetzungen erfüllt sein. Vor allem das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der die Fortsetzung der Beschäftigung für den Arbeitgeber bis zum Ablauf der Kündigungsfrist “unzumutbar” macht. Da die Arbeitsgerichte hier sehr hohe Anforderungen stellen, halten fristlose Kündigungen einer rechtlichen Prüfung häufig nicht stand. Dies auch deswegen, weil die fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen “ab Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen” erfolgen kann.
Jetzt kostenlos Abfindung berechnen
- Potenzielle Abfindungshöhe berechnen
- Strategie zum Verhandeln einer fairen Abfindung
- Passende Anwälte für Arbeitsrecht finden
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Strenge Voraussetzungen: Für die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung müssen strenge Voraussetzungen erfüllt sein. Erst wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als unzumutbar gilt, ist eine fristlose Kündigung wirksam.
- Wichtiger Grund & Interessenabwägung: Es muss ein wichtiger Grund vorliegen und eine Interessenabwägung durchgeführt werden.
- Kündigungsschutzklage: Wollen Sie sich gegen eine fristlose Kündigung wehren, müssen Sie innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage einreichen.
Inhalte
Was ist überhaupt eine fristlose Kündigung?
Eine fristlose Kündigung hat die Folge, dass das Arbeitsverhältnis – ohne Einhalten der Kündigungsfrist – sofort beendet wird. Das bedeutet, dass die normalerweise vorgeschriebene Kündigungsfrist bei einer fristlosen Kündigung nicht eingehalten wird. Daher muss der Arbeitnehmer ab Zugang der Kündigung nicht mehr arbeiten, der Arbeitgeber grundsätzlich kein Gehalt mehr zahlen. Das ist der wichtigste Unterschied zur ordentlichen (fristgemäßen) Kündigung.
Außerdem sind die Voraussetzungen der fristlosen Kündigung in § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) – also nicht im Kündigungsschutzgesetz – geregelt. Eine fristlose Kündigung kann sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer ausgesprochen werden. Sie ist jedoch nur dann rechtswirksam, wenn ein schwerwiegender Grund vorliegt und in dessen Folge die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur noch einen weiteren Tag für eine Vertragspartei “unzumutbar” ist. Dabei gelten aber strenge Voraussetzungen. Ob man von einer fristlosen Kündigung oder einer außerordentlichen Kündigung spricht, ist übrigens egal. Beide Begriffe meinen das gleiche.
Welche Voraussetzungen gelten bei einer fristlosen Kündigung?
Das Arbeitsrecht in Deutschland ist tendenziell eher arbeitnehmerfreundlich. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 626 BGB) stellt daher strenge Voraussetzungen auf, damit z.B. eine fristlose Kündigung wirksam ist. Diese werden von der Rechtsprechung auf Grund der erheblichen Konsequenzen v.a. für Arbeitnehmer bei Kündigung durch den Arbeitgeber sehr arbeitnehmerfreundlich interpretiert. Im Einzelnen betrifft das folgende Vorrausetzungen für eine (wirksame) fristlose Kündigung:
Wichtiger Grund & Interessenabwägung
- Erforderlichkeit eines wichtigen Kündigungsgrundes: Ein gravierendes Fehlverhalten oder ein schwerwiegender Vorfall ist erforderlich. Es muss aufgrund dieses Grundes für den Arbeitgeber unzumutbar sein, dass der Arbeitnehmer auch nur noch einen weiteren Tag für ihn arbeitet.
- Interessenabwägung: Außerdem müssen die Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers abgewogen werden. Dabei muss die fristlose Kündigung vor allem das mildeste mögliche Mittel sein.
Frist & Form
- Zwei-Wochen-Frist: Ist dem Arbeitgeber der Kündigungsgrund für die fristlose Kündigung bekannt geworden, hat er nur zwei Wochen Zeit für die Kündigung. Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer innerhalb dieses Zeitraums zugehen. Vergeht mehr Zeit, ist die Kündigung unwirksam. Das Gesetz geht dann davon aus, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar ist. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber beweisen muss, dass er nicht länger als zwei Wochen von dem Kündigungsgrund gewusst hat.
- Formalitäten: Laut dem Gesetz (§ 623 BGB) muss schriftlich gekündigt werden. Das bedeutet, dass das Kündigungsschreiben eigenhändig vom Arbeitgeber oder einer vertretungsberechtigten Person unterschrieben worden sein muss. Eine mündliche Kündigung oder eine Kündigung per E-Mail, WhatsApp oder Fax ist unwirksam. Wenn die Kündigung nicht durch den Arbeitgeber, sondern durch einen Bevollmächtigten erfolgt, sollten Arbeitnehmer immer prüfen, ob neben dem Kündigungsschreiben eine Vollmachtsurkunde vorgelegt wurde. Liegt eine solche nicht vor, kann der Arbeitnehmer die Kündigung aus diesem Grund zurückweisen. Wenn die Zurückweisung unverzüglich (i.d.R. innerhalb einer Woche) geschieht, führt das dann zur Unwirksamkeit der Kündigung (§ 174 BGB). Allerding besteht ein Zurückweisungsrecht dann nicht, wenn eine Person kündigt, von der der Arbeitnehmer weiß, dass sie die Befugnis dazu hat, wie beispielsweise ein Personalleiter. Auch wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorher von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat, kann der Arbeitnehmer nicht zurückweisen. In einem solchen Fall führt die Zurückweisung also nicht zur Unwirksamkeit.
Kündigungsverbot & Beteiligung des Betriebsrats
- Kündigungsverbot: Es gibt bestimmte Personengruppen, die einen besonderen Kündigungsschutz genießen. Bei Schwangeren, Schwerbehinderten und Personen in Elternzeit ist beispielsweise die Zustimmung der zuständigen Behörde notwendig. Ohne diese Zustimmung kann daher keine fristlose Kündigung erfolgen.
- Beteiligung des Betriebsrats: Gibt es in dem Unternehmen einen Betriebsrat, muss der Arbeitgeber diesen vor jeder Kündigung anhören. Unterlässt der Arbeitgeber dies, ist die Kündigung unwirksam.
Berechnen Sie Ihre Abfindungssumme
Jetzt in 2 min für Ihren individuellen Fall Abfindungssumme berechnen!
Wann ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt?
Für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber sind immer gewichtige Gründe und eine Interessenabwägung erforderlich, die eine solche Maßnahme rechtfertigen.
1. Wichtiger Grund
Grundsätzlich lassen sich Kündigungsgründe, angelehnt an das Kündigungsschutzgesetz, in drei Gruppen unterteilen. Das Kündigungsschutzgesetz kennt nämlich die betriebsbedingte, personenbedingte und verhaltensbedingte Kündigung. Für die fristlose Kündigung kommen aber i.d.R. nur personen- und verhaltensbedingte Kündigungsgründe in Betracht.
- Kündigung aufgrund von Fehlverhalten: Dies ist die wichtigste Gruppe. Die Kündigung wird hier durch Pflichtverletzungen oder gravierendes Fehlverhalten des Arbeitnehmers begründet. Beispiele dafür sind Diebstahl, Betrug, Unterschlagung, unerlaubter Urlaubsantritt, vorgetäuschte Krankheit, Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften, Mobbing, sexuelle Belästigung oder Arbeitsverweigerung, die eine sofortige Kündigung rechtfertigen können.
- Kündigung aufgrund von persönlichen Gründen: Hierbei ist der Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage, seine Tätigkeit am Arbeitsplatz auszuführen, beispielsweise infolge von langfristigen Krankheiten, einer Haftstrafe oder dem Verlust einer für den Beruf notwendigen Fahrerlaubnis, wie bei Berufsfahrern.
2. Interessenabwägung
Wenn ein wichtiger Grund vorliegt, muss eine Interessenabwägung durchgeführt werden. Dabei werden die Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers abgewogen. Ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist für den Arbeitgeber unter Beachtung der Art, Schwere und Häufigkeit der Verfehlung unzumutbar, wird die Interessenabwägung zulasten des Arbeitnehmers ausfallen.
Hierbei wird insbesondere geprüft, ob es für den Arbeitgeber ein milderes mögliches Mittel gibt. Aufgrund der schweren Konsequenzen für den Arbeitnehmer darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur dann fristlos kündigen, wenn kein Weg daran vorbeiführt. Der Arbeitgeber muss prüfen, ob es für ihn eine andere Möglichkeit gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Ein milderes Mittel ist vor allem die Abmahnung. Im Falle eines Fehlverhaltens soll das dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, sein Verhalten zu korrigieren. Der Arbeitgeber muss daher erst die „gelbe Karte“ zeigen, bevor er die „rote Karte“ in Form der Kündigung zieht. Als weitere Beispiele für mildere Mittel sind dabei insbesondere noch die Versetzung und die Änderungskündigung zu nennen.
Kostenlos Erstberatung mit Fachanwalt
Schneller Rückruf nach 1 bis 2 Stunden für kostenlose Erstberatung mit Anwalt
Wann ist keine Abmahnung erforderlich?
In manchen Fällen darf der Arbeitgeber aber auch ohne vorherige Abmahnung kündigen. Wenn eine Pflichtverletzung im Vertrauensbereich stattgefunden hat, beispielsweise durch Diebstahl oder Körperverletzung am Arbeitsplatz, braucht der Arbeitgeber nicht mehr abmahnen. Außerdem macht eine Abmahnung in manchen Fällen keinen Sinn mehr, wenn zum Beispiel ein Berufskraftfahrer seine Fahrerlaubnis verliert und daher seine geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann.
Sperrzeit beim Arbeitsamt durch fristlose Kündigung?
Kündigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fristlos wegen dessen Verhaltens (verhaltensbedingte Kündigung), kann dies dazu führen, dass dem Arbeitnehmer bis zu drei Monaten kein Arbeitslosengeld gezahlt wird. Der Gesetzgeber geht im Falle einer fristlosen verhaltensbedingten Kündigung davon aus, dass der Arbeitnehmer die Kündigung selbst verschuldet hat. Personen- und betriebsbedingte Kündigungen führen nicht zu einer Sperrzeit, da der Arbeitnehmer in diesen Fällen nichts für die fristlose Kündigung kann.
Eine Sperrzeit hat zur Folge, dass Ihnen vorübergehend kein Arbeitslosengeld gewährt wird. Da die gesperrte Zeit auf die Gesamtdauer des Leistungsbezugs angerechnet wird, erhalten Sie insgesamt weniger Arbeitslosengeld, als Ihnen eigentlich zustehen würde. Nehmen wir an, Sie hätten Anspruch auf zwölf Monate Arbeitslosengeld, aber eine Sperrzeit von zwölf Wochen. In diesem Fall würden Sie nur für neun Monate die entsprechende Sozialleistung erhalten.
Wenn Sie bei einer fristlosen Kündigung eine Kündigungsschutzklage erheben und diese gewinnen, wird die Sperrzeit verhindert!
Berechnen Sie Ihre Abfindungssumme
Jetzt in 2 min für Ihren individuellen Fall Abfindungssumme berechnen!
Abfindung bei fristloser Kündigung möglich?
Eine Abfindung ist eine Einmalzahlung, welche der Arbeitnehmer bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erhält. Ein genereller gesetzlicher Anspruch auf eine solche Zahlung existiert nicht. Bei einer wirksamen fristlosen Kündigung wird es i.d.R. keine Abfindung geben. Jedenfalls bei verhaltensbedingten fristlosen Kündigungen erfolgt diese ja aus Gründen, die der Arbeitnehmer “quasi selber verursacht” hat. Daher steht dem Arbeitnehmer bei einer wirksamen (!) verhaltensbedingten Kündigung normalerweise keine Abfindung zu.
Daher kommt es darauf an, ob die Kündigung unwirksam ist – oder ob es zumindest hinreichende Zweifel an der Wirksamkeit gibt, ohne dass die Gerichte bereits darüber entschieden hätten. Dann ist nämlich Ihr Anwalt gefragt. Er wird mit Ihrem Arbeitgeber – bei Bedarf auch vor Gericht – über eine Abfindung verhandeln. Wie hoch diese ausfällt, ist abhängig von der “Qualität” der Kündigung. Als Arbeitnehmer haben Sie den Vorteil, dass fristlose Kündigungen extrem fehleranfällig sind. Ihr Anwalt wird gezielt nach Fehlern des Arbeitgebers suchen, um Argumente in den Verhandlungen über die Höhe der Abfindung zu haben. Ansatzpunkte sind beispielsweise, dass Zweifel am wichtigen Kündigungsgrund bestehen, Sie nicht abgemahnt wurden, obwohl dies geboten gewesen wäre oder die 2-Wochen Frist nach § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten wurde. Gegebenenfalls muss Ihr Anwalt dabei Klage einlegen, um die 3-Wochen Frist nach Kündigungsschutzgesetz nicht zu versäumen.
Was passiert, wenn die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht vorliegen?
Wenn die strengen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht gegeben sind, aber dennoch Gründe für eine ordentliche Kündigung vorliegen, kann die außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Dem Kündigenden kann regelmäßig der Wille unterstellt werden, dass er bei Nichtigkeit einer fristlosen Kündigung zumindest auch ordentlich kündigen will. Dadurch wird das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfristen beendet. Die Umdeutung muss nicht “erklärt” werden, sondern tritt – im Regelfall durch Auslegung vor Gericht – quasi “automatisch” ein. In vielen Fällen erklären Arbeitgeber aber ohnehin schon ausdrücklich in der Kündigung, dass sie für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung zumindest eine ordentliche (fristgemäße) Kündigung aussprechen wollen (“hilfsweise”).
Manchmal ist die Kündigung also dann doch wirksam. Aber eben erst nach Ablauf der Kündigungsfrist. Das kann – je nach Fristen und Betriebszugehörigkeit – auch mal ein halbes Jahr später sein, in dem der Arbeitnehmer Anspruch auf Gehalt hatte und wahrscheinlich nicht arbeiten musste.
Besonderheiten gelten immer dann, wenn die ordentliche Kündigung nicht möglich ist. Dann geht die Umdeutung ins Leere, z.B. bei Kündigung von bestimmten Mitarbeitern im öffentlichen Dienst.
Kostenlos Erstberatung mit Fachanwalt
- Kostenlose Erstberatung mit Anwalt
- Schneller Rückruf nach 1 bis 2 Stunden
- Strategie zum Verhandeln der Abfindung