Kündigung wegen Krankheit – ist das zulässig?

  • Frank Broer
  • 29. April 2025
  • 15:48
Kündigung wegen Krankheit

Viele Arbeitnehmer sind auch einmal länger krank – oder fallen häufiger wegen gesundheitlicher Probleme aus. Einige fürchten in solchen Fällen eine Kündigung wegen Krankheit. Doch wann darf der Arbeitgeber krankheitsbedingt kündigen? In diesem Artikel klären wir, wann eine krankheitsbedingte Kündigung rechtlich zulässig ist und welche Rechte Sie haben. Erfahren Sie alles über das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), Ihre Ansprüche auf Abfindung, den Bezug von Arbeitslosengeld sowie wichtige Tipps, wie Sie sich gegen eine Kündigung wegen Krankheit wehren können.

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Das Wichtigste auf einen Blick
  • Eine Kündigung wegen Krankheit ist nur unter den folgenden drei Voraussetzungen zulässig: Negative Prognose, betriebliche Beeinträchtigung und Interessenabwägung.
  • Eine Krankschreibung schützt dagegen nicht vor Kündigung. Eine Kündigung während einer Arbeitsunfähigkeit ist möglich, wenn die Vorgaben ansonsten erfüllt sind.
  • Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung. Führt der Arbeitgeber das BEM jedoch nicht durch, schwächt es seine Position. Das kann die Chancen auf Weiterbeschäftigung oder eine hohe Abfindung erhöhen.
  • Eine Abfindung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, wird aber trotzdem oft gezahlt.
  • Bei Erhalt einer Kündigung wegen Krankheit muss innerhalb von 3 Wochen Klage eingereicht werden.

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nur dann sozial gerechtfertigt, wenn dessen strenge Voraussetzungen erfüllt sind: Es muss eine negative Gesundheitsprognose, eine erhebliche betriebliche Beeinträchtigung und eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers vorliegen. Doch auch hier sind hohe Hürden gesetzt. Zudem stellt sich die Frage, ob eine Kündigung während einer Krankschreibung (AU) zulässig ist und wie sich Maßnahmen wie das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) auf die Entscheidung auswirken.

Wann ist eine Kündigung wegen Krankheit zulässig?

Grundsätzlich kann eine Kündigung wegen Krankheit zulässig sein. Es gelten aber hohe, von der Rechtsprechung entwickelte Anforderungen an die Wirksamkeit einer „krankheitsbedingten“ Kündigung. Hier kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis entweder 

  • aufgrund häufiger Kurzerkrankungen oder 
  • aufgrund lang anhaltender Krankheit(en) 

beenden. Für eine rechtlich wirksame Kündigung muss der Arbeitnehmer also auf Grund seiner Krankheit nicht mehr in der Lage sein, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen.

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Unter welchen Voraussetzungen ist eine Kündigung wegen Krankheit rechtens?

Ein Arbeitgeber darf nicht einfach kündigen, weil der Arbeitnehmer krank ist. Nach der Rechtsprechung müssen für eine krankheitsbedingte Kündigung drei Voraussetzungen erfüllt sein. 

  1. Negative Gesundheitsprognose: Es muss abzusehen sein, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft länger als 6 Wochen pro Jahr arbeitsunfähig sein wird.
  2. Erhebliche betriebliche Beeinträchtigung: Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Fehlzeiten zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Belastungen führen (z. B. hohe Vertretungskosten).
  3. Interessenabwägung: Die Interessen des Arbeitgebers müssen gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses überwiegen.

Beispiel: Ein Handwerker, der nach einem Unfall auf Dauer keine körperlichen Arbeiten mehr verrichten kann und für Büroarbeiten ungeeignet ist, könnte so gekündigt werden.

Negativprognose

Eine negative Gesundheitsprognose liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft mehr als 6 Wochen pro Jahr krankheitsbedingt fehlen wird. Diese Prognose muss durch ärztliche Gutachten untermauert werden. Entscheidend ist also, ob die Erkrankung andauert oder sich verschlechtert, sodass die Arbeit dauerhaft nicht mehr ausgeführt werden kann.

Beispiele für Krankheiten mit üblicherweise negativer Prognose:

Einmalige Erkrankung oder chronisches Problem: Bei der Beurteilung der Prognose sind insbesondere die Art und Häufigkeit relevant. Ein einmaliger Vorfall wie ein Unfall oder eine Blinddarm-OP führt meist nicht zu erneuten Ausfällen. Wiederholt sich eine Erkrankung jedoch häufig, deutet das auf eine chronische Krankheit hin – und eine negative Prognose ist wahrscheinlicher.

Störungen der Arbeitsabläufe oder wirtschaftliche Belastung 

Erforderlich ist außerdem, dass die Fehlzeiten die Betriebsabläufe beeinträchtigen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Maschinen stillstehen oder es zu einer Überlastung bei den Kollegen kommt. Es reicht aber auch schon eine wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers aus. Häufige Kurzerkrankungen sind in der Regel mit einer Entgeltfortzahlung verbunden, weil die Kran­ken­kas­se erst nach sechs Wochen mit dem Krankengeld einspringt. Für Arbeitgeber können diese Fehlzeiten finanziell eine erhebliche Belastung darstellen. Fehlt ein Arbeitnehmer pro Kalenderjahr wegen häufiger Kurzerkrankungen zusammengerechnet mehr als sechs Wochen, kann eine Kündigung also gerechtfertigt sein.

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Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers

Schließlich muss der Arbeitgeber eine Interessenabwägung durchführen. Der Arbeitgeber darf nur dann kündigen, wenn seine Interessen an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Interessen des Arbeitnehmers an dessen Fortführung überwiegen. 

Zugunsten des Arbeitnehmers sind:

  • Dauer der Be­triebs­zu­ge­hörig­keit
  • Lebensalter
  • Soziale Schutzbedürftigkeit (durch Krankheit, Alter oder Unfall entstanden)

Erst wenn die Abwägung dazu führt, dass dem Arbeitgeber die erheblichen Belastungen durch die Erkrankung nicht mehr zumutbar sind, kann er wirksam kündigen.

Weitere Gründe für die Unwirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung 

Des Weiteren ist eine krankheitsbedingte Kündigung unwirksam, wenn:

  • die Zustimmung des Betriebsrats fehlt (falls vorhanden).
  • Formfehler vorliegen, so zum Beispiel:
    • Mündliche Kündigung 
    • Schriftliche Kündigung erfolgt ohne ordnungsgemäße Unterschrift 
    • Falsche Kündigungsfristen

Besondere Kündigungsschutzrechte (z. B. für Schwangere oder Schwerbehinderte) nicht beachtet wurden.

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Welche Rolle spielt das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)?

Wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig ist, muss der Arbeitgeber ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen, um Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu prüfen. Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, daran teilzunehmen.

Wichtige Punkte zum BEM:

  • Der Arbeitgeber muss gemeinsam mit dem Arbeitnehmer und ggf. dem Betriebsrat oder der Schwerbehindertenvertretung klären, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden kann.
  • Teilnahme ist freiwillig: Der Arbeitnehmer kann das BEM ablehnen. 
  • Wird kein BEM durchgeführt, kann dies in einem Kündigungsschutzprozess zugunsten des Arbeitnehmers ausgelegt werden. Eine Unwirksamkeit der Kündigung folgt daraus nicht. Hinweis: Hat der Arbeitnehmer das BEM abgelehnt, kann er sich später im Kündigungsschutzprozess aber nicht zu seinen Gunsten darauf berufen, dass der Arbeitgeber es nicht durchgeführt hat.

Ist bei einer Kündigung wegen Krankheit eine Abmahnung erforderlich?

Grundsätzlich nicht – denn bei einer krankheitsbedingten Kündigung wird dem Arbeitnehmer kein “steuerbares” Fehlverhalten vorgeworfen. Der Arbeitnehmer besitzt auf Grund der Erkrankung schlicht nicht (mehr) die erforderliche persönliche Eignung und / oder Fähigkeit, um die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Also erübrigt sich auch nach der Rechtsprechung eine vorherige Abmahnung.

Krank in der Probezeit – was gilt?

Etwas anderes gilt in der Probezeit. Hier gelten weniger strenge Kündigungsregeln, da der gesetzliche Kündigungsschutz erst nach der Probezeit greift. In der Probezeit kann der Arbeitgeber ohne Angabe von Gründen kündigen. Das heißt, dass auch eine Krankheit, selbst wenn sie nur kurzzeitig ist, zur Kündigung führen kann. In dieser Zeit ist eine Kündigung wegen Krankheit grundsätzlich immer mit einer Frist von 14 Tagen möglich.

Gibt es eine Abfindung bei einer krankheitsbedingten Kündigung?

Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht nicht. Arbeitgeber bieten jedoch oft freiwillig eine Abfindung an, um eine Kündigungsschutzklage zu vermeiden. Eine häufig genutzte Formel lautet:

Abfindung = “Faktor” × Bruttomonatsgehalt × Beschäftigungsjahre 

Beispiel: Bei einem Monatsgehalt von 4.000 € und 10 Jahren Betriebszugehörigkeit ergibt sich bei einem “Faktor” von 0,75 eine Abfindung von 30.000 €. Doch je nach den einzelnen Umständen – und dem Verhandlungsgeschick Ihres Anwalts – kann im Einzelfall mehr ausgehandelt werden.

Was können Arbeitnehmer bei einer Kündigung wegen Krankheit tun?

Bei Erhalt einer krankheitsbedingten Kündigung sollte ein im Arbeitsrecht spezialisierter Anwalt aufgesucht werden. Es sollte auf jeden Fall schnell gehandelt werden, weil nur innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erhoben werden kann. Dazu ist wichtig, dass ein Experte im Arbeitsrecht genau prüft, ob die Kündigung wegen Krankheit wirksam ist. Auch bei fehlendem Interesse an einer Weiterbeschäftigung im Betrieb, wird sich die Unwirksamkeit der Kündigung auf jeden Fall auf die Höhe einer Abfindung auswirken. 

Zusammengefasst sollten man diese 5 Schritte unternehmen:

  1. Kündigungsschreiben auf formale Fehler prüfen (so z.B. fehlende Unterschrift, falsche Kündigungsfrist).
  2. Ärztliche Nachweise und alle Unterlagen sammeln, die für die oben genannten 3 Voraussetzungen relevant sind.
  3. Kündigungsschutzklage erheben: Dies ist nur binnen 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung möglich.
  4. Im Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt, Gewerkschaft oder Betriebsrat aufsuchen.
  5. Überlegen, ob bei einer unwirksamen Kündigung eine Weiterbeschäftigung oder eine Abfindungszahlung in Frage kommt.

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Folgen der krankheitsbedingten Kündigung auf das Arbeitslosengeld

In der Regel kann der Arbeitnehmer nach einer krankheitsbedingten Kündigung sofort Arbeitslosengeld I beziehen, sofern alle weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Sperrzeit kann nur verhängt werden, wenn ein Fehlverhalten nachgewiesen wird (z. B. Vortäuschen einer Krankheit).

FAQ zur Kündigung wegen Krankheit

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