Kündigung wegen Krankheit – ist das zulässig?

  • Felix Schmid
  • 11. April 2024
  • 17:53
Kündigung wegen Krankheit

Sie sind schon länger krank oder fallen häufiger wegen gesundheitlicher Probleme aus? Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fürchten in solchen Fällen eine Kündigung wegen Krankheit. Doch wann darf der Arbeitgeber Ihnen tatsächlich kündigen – sei es nach einer Reha, einem Arbeitsunfall oder sogar während einer Kur? In diesem Artikel klären wir, wann eine krankheitsbedingte Kündigung rechtlich zulässig ist und welche Rechte Sie haben. Erfahren Sie alles über das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), Ihre Ansprüche auf Abfindung, den Bezug von Arbeitslosengeld nach einer Kündigung sowie wichtige Tipps, wie Sie sich dagegen wehren können.

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Das Wichtigste auf einen Blick
  • Kündigung wegen Krankheit ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig: negative Prognose, betriebliche Beeinträchtigung und Interessenabwägung.
  • Krankschreibung schützt nicht automatisch vor Kündigung. Eine Kündigung während einer Arbeitsunfähigkeit ist möglich, wenn die gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind.
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) muss angeboten werden, bevor eine Kündigung ausgesprochen wird. Dies kann Ihre Chancen auf Weiterbeschäftigung erhöhen.
  • Abfindung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, wird aber oft freiwillig angeboten, um Kündigungsschutzklagen zu vermeiden.
  • Bei Erhalt einer Kündigung wegen Krankheit sollten Sie innerhalb von 3 Wochen Klage einreichen, um Ihre Rechte zu schützen.

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nur dann sozial gerechtfertigt, wenn strenge Voraussetzungen erfüllt sind: Es muss eine negative Gesundheitsprognose, eine erhebliche betriebliche Beeinträchtigung und eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers vorliegen. Doch auch hier sind hohe Hürden gesetzt. Zudem stellt sich die Frage, ob eine Kündigung während einer Krankschreibung (AU) zulässig ist und wie sich Maßnahmen wie das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) auf die Entscheidung auswirken.

Wann ist eine Kündigung wegen Krankheit zulässig?

Grundsätzlich kann eine Kündigung wegen Krankheit zulässig sein. Es gelten aber hohe, von der Rechtsprechung entwickelte Anforderungen an die Wirksamkeit einer “personenbedingten” Kündigung. Denn auch eine krankheitsbedingte Kündigung ist eine Form der personenbedingten Kündigung, bei der ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aufgrund entweder 

  • häufiger kurzer oder 
  • einer / weniger lang anhaltender Krankheit(en) 

beendet. Für eine rechtlich wirksame Kündigung muss der Arbeitnehmer also auf Grund seiner Krankheit nicht mehr in der Lage sein, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Die Wirksamkeit einer derartigen personenbedingten Kündigung ist allerdings an strenge Voraussetzungen geknüpft und wird von den Arbeitsgerichten oft verneint. Dazu im nächsten Punkt mehr. Doch eins vor ab: Arbeitgeber dürfen nur als “letztes Mittel” zur personenbedingten Kündigung greifen. 

Neben der Personenbedingten Kündigung gibt es in Deutschland übrigens noch die

Unter welchen Voraussetzungen ist eine Kündigung wegen Krankheit rechtens?

Ein Arbeitgeber darf nicht einfach kündigen, weil Sie krank sind. Erst wenn eine Erkrankung beim Arbeitgeber zu unzumutbaren wirtschaftlichen Belastungen führt, ist eine personenbedingte Kündigung zulässig. Das kann der Fall sein, wenn ein Arbeitnehmer 

  • über einen langen Zeitraum nicht arbeitsfähig ist (Dauererkrankung) oder 
  • regelmäßig in den vergangenen drei Jahren unter Kurzerkrankungen gelitten hat. 

Wichtig: Eine Krankschreibung schützt nicht vor einer Kündigung. Das heißt, eine Kündigung ist auch während einer Krankschreibung möglich. Allerdings darf der Arbeitgeber die Kündigung nicht allein aufgrund der Krankschreibung aussprechen.

Einige Personengruppen genießen zudem besonderen Kündigungsschutz, wie:

  • Schwangere
  • Eltern in Elternzeit
  • Schwerbehinderte (mit Zustimmung des Integrationsamts)

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3 Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung

Nach der Rechtsprechung müssen für eine personenbedingte Kündigung wegen Krankheit drei Voraussetzungen erfüllt sein. 

  1. Negative Gesundheitsprognose: Es muss abzusehen sein, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft länger als 6 Wochen pro Jahr arbeitsunfähig sein wird.
  2. Erhebliche betriebliche Beeinträchtigung: Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Fehlzeiten zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Belastungen führen (z. B. hohe Vertretungskosten).
  3. Interessenabwägung: Die Interessen des Arbeitgebers müssen gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses überwiegen.

Beispiel: Ein Handwerker, der nach einem Unfall auf Dauer keine körperlichen Arbeiten mehr verrichten kann und für Büroarbeiten ungeeignet ist, könnte so gekündigt werden.

1. Negativprognose

Eine negative Gesundheitsprognose liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft mehr als 6 Wochen pro Jahr krankheitsbedingt fehlen wird. Diese Prognose muss durch ärztliche Gutachten untermauert werden. Entscheidend ist also, ob die Erkrankung andauert oder sich verschlechtert, sodass Sie ihre Arbeit dauerhaft nicht mehr ausführen können.

Beispiele für Krankheiten mit üblicherweise negativer Prognose:

  • Chronische Erkrankungen wie Bandscheibenvorfälle oder langfristige Lungenerkrankungen
  • Psychische Erkrankungen wie Depressionen
  • Häufige Kurzerkrankungen, die immer wieder auftreten

Einmalige Erkrankung oder chronisches Problem?

Bei der Beurteilung der Prognose sind insbesondere die Art und Häufigkeit relevant. Ein einmaliger Vorfall wie ein Unfall oder eine Blinddarm-OP führt meist nicht zu erneuten Ausfällen. Wiederholt sich eine Erkrankung jedoch häufig, deutet das auf eine chronische Krankheit hin – und eine negative Prognose ist wahrscheinlicher.

2. Störungen der Arbeitsabläufe oder wirtschaftliche Belastung 

Erforderlich ist außerdem, dass die Fehlzeiten die Betriebsabläufe beeinträchtigen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Maschinen stillstehen oder es zu einer Überlastung bei den Kollegen kommt. Es reicht aber auch schon eine wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers aus. Häufige Kurzerkrankungen sind in der Regel mit einer Entgeltfortzahlung verbunden, weil die Kran­ken­kas­se erst nach sechs Wochen mit dem Krankengeld einspringt. Für Arbeitgeber können diese Fehlzeiten so finanziell eine erhebliche Belastung darstellen. Fehlt ein Arbeitnehmer pro Kalenderjahr wegen häufiger Kurzerkrankungen zusammengerechnet mehr als sechs Wochen, kann eine Kündigung also gerechtfertigt sein. 

3. Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers

Schließlich muss der Arbeitgeber eine Interessenabwägung durchführen. Der Arbeitgeber darf nur dann kündigen, wenn seine Interessen an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Interessen des Arbeitnehmers an dessen Fortführung überwiegen. 

Zugunsten des Arbeitnehmers sind 

  • die Dauer der Be­triebs­zu­ge­hörig­keit, 
  • das Lebensalter sowie 
  • eine durch Krankheit, Alter oder Unfall entstandene soziale Schutzbedürftigkeit in die Waagschale zu werfen.

Erst wenn die Abwägung dazu führt, dass dem Arbeitgeber die erheblichen Belastungen durch die Erkrankung nicht mehr zumutbar sind, kann er wirksam kündigen.

3 Gründe für die Unwirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung 

Des Weiteren ist eine krankheitsbedingte Kündigung unwirksam, wenn:

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Welche Rolle spielt das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)?

Wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig ist, muss der Arbeitgeber ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen, um Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu prüfen. Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, daran teilzunehmen.

Wichtige Punkte zum BEM:

  • Der Arbeitgeber muss gemeinsam mit dem Arbeitnehmer und ggf. dem Betriebsrat oder der Schwerbehindertenvertretung klären, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden kann.
  • Teilnahme ist freiwillig: Sie können das BEM ablehnen.
  • Wird kein BEM durchgeführt, kann dies in einem Kündigungsschutzprozess zu Ihren Gunsten als Arbeitnehmer ausgelegt werden, eine Unwirksamkeit der Kündigung folgt daraus so jedoch nicht.

Ist vor einer Kündigung wegen Krankheit eine Abmahnung erforderlich?

Grundsätzlich nicht – denn bei einer personenbedingten Kündigung wird dem Arbeitnehmer kein “lenkbares” Fehlverhalten vorgeworfen. Für eine Krankheit kann der Arbeitnehmer ja in der Regel nichts.

Der Arbeitnehmer besitzt auf Grund der Erkrankung schlicht nicht (mehr) die erforderliche persönliche Eignung und / oder Fähigkeit, um die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Also erübrigt sich auch nach der Rechtsprechung eine vorherige Abmahnung.

Krank in der Probezeit – was gilt?

Etwas anderes gilt übrigens in der Probezeit. Hier gelten weniger strenge Kündigungsregeln, da der gesetzliche Kündigungsschutz erst nach der Probezeit greift. In der Probezeit kann der Arbeitgeber ohne Angabe von Gründen kündigen. Das heißt, dass auch eine Krankheit, selbst wenn sie nur kurzzeitig ist, zur Kündigung führen kann. In dieser Zeit ist eine Kündigung wegen Krankheit grundsätzlich immer mit einer Frist von 14 Tagen möglich.

Gibt es eine Abfindung bei einer krankheitsbedingten Kündigung?

Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht nicht. Arbeitgeber bieten jedoch oft freiwillig eine Abfindung an, um eine Kündigungsschutzklage zu vermeiden. Eine häufig genutzte Formel lautet:

Abfindung = “Faktor” × Bruttomonatsgehalt × Beschäftigungsjahre 

Beispiel: Bei einem Monatsgehalt von 4.000 € und 10 Jahren Betriebszugehörigkeit ergibt sich  bei einem “Faktor” von 0,75 eine Abfindung von 30.000 €. Doch je nach den einzelnen Umständen – und dem Verhandlungsgeschick Ihres Anwalts – können Sie im Einzelfall so auch wesentlich mehr aushandeln.

Was können Sie bei einer Kündigung wegen Krankheit tun?

Wenn Sie eine personenbedingte Kündigung erhalten haben, sollten Sie mit einem auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt die weitere Vorgehensweise besprechen (Hier können Sie einen Anwalt suchen & finden). Sie sollten auf jeden Fall schnell handeln, weil Sie nur innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erheben können. Dazu ist wichtig, dass ein Experte im Arbeitsrecht genau prüft, ob die Kündigung wegen Krankheit wirksam ist. Auch falls ein Arbeitnehmer zu dem Ergebnis kommt, dass er nach der Kündigung an einer Weiterbeschäftigung im Betrieb kein Interesse hat, wird sich die Unwirksamkeit der Kündigung auf jeden Fall auf die Höhe einer Abfindung auswirken. 

Tipp: Oft haben Arbeitnehmer gute Chancen, eine krankheitsbedingte Kündigung vor Gericht anzufechten und entweder eine Weiterbeschäftigung oder eine Abfindung zu erzielen.

Zusammengefasst sollten Sie also diese 5 Schritte tun:

  1. Kündigungsschreiben auf formale Fehler prüfen (so z.B. fehlende Unterschrift, falsche Kündigungsfrist).
  2. Ärztliche Nachweise und alle Unterlagen sammeln, die für die oben genannten 3 Voraussetzungen relevant sind..
  3. Kündigungsschutzklage erheben. Nur binnen von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung möglich.
  4. Suchen Sie bei Unsicherheit rechtliche Beratung durch einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt oder gegebenenfalls bei Ihrer Gewerkschaft oder Betriebsrat.
  5. Überlegen Sie, ob bei einer unwirksamen Kündigung für Sie eine Weiterbeschäftigung in Frage kommt oder Sie eine Abfindungszahlung wollen.

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Folgen der krankheitsbedingten Kündigung auf das Arbeitslosengeld

In der Regel können Sie nach einer krankheitsbedingten Kündigung sofort Arbeitslosengeld I beantragen, sofern Sie die Anwartschaftszeiten erfüllen. Eine Sperrzeit kann nur verhängt werden, wenn Ihnen ein Fehlverhalten nachgewiesen wird (z. B. Vortäuschen einer Krankheit).

FAQ zur Kündigung wegen Krankheit

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