Kündigungsschutz: Welche Bedingungen gelten in Deutschland?

  • Frank Broer
  • 30. Juni 2024
  • 14:01
Kündigungsschutz

Das Kündigungsschutzrecht schützt den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Der Gesetzgeber trägt der Tatsache Rechnung, dass der Arbeitgeber in der Regel der wirtschaftlich Stärkere ist. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über den allgemeinen Kündigungsschutz im und außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes sowie über den besonderen Kündigungsschutz für besonders vulnerable Gruppen, wie z. B. Schwangere oder Schwerbehinderte etc.

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Das Wichtigste auf einen Blick:
  • Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift dann, wenn Arbeitnehmer länger als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als 10 Arbeitnehmern beschäftigt sind.
  • Zusätzlich gibt es einen besonderen Kündigungsschutz für schutzbedürftige Arbeitnehmergruppen, wie z. B. Schwangere, Betriebsratsmitglieder oder Schwerbehinderte.
  • Bei einer Kündigung haben Sie drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Nach Ablauf der Frist gilt die Kündigung – mit wenigen Ausnahmen – von Anfang an als wirksam.

Voraussetzungen für Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz

Kündigungsschutz ist ein zentrales Anliegen für viele Arbeitnehmer. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift jedoch erst, wenn der Arbeitnehmer (1) sechs Monat im gleichen Betrieb oder Unternehmen beschäftigt ist (Wartezeit) und (2) der Betrieb in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt (kein Kleinbetrieb):

Erste Voraussetzung: Erfüllung der Wartezeit

Der Kündigungsschutz gemäß § 1 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) beginnt erst nach einer ununterbrochenen Beschäftigungsdauer von mehr als sechs Monaten im gleichen Unternehmen oder Betrieb. Diese sogenannte Wartezeit beginnt mit dem ersten Arbeitstag. Dabei ist es unerheblich, ob in dieser Zeit tatsächlich gearbeitet wurde. Die Wartezeit muss zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs erfüllt sein. Es spielt auch keine Rolle, ob Sie in Vollzeit oder Teilzeit arbeiten – die sechsmonatige Wartezeit gilt in beiden Fällen gleichermaßen.

Zweite Voraussetzung: Der Betrieb beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer

Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Kündigungsschutz ist die Anzahl der Mitarbeiter im Betrieb. Das Kündigungsschutzgesetz gilt nur in Betrieben, die eine bestimmte Mindestgröße haben. Bis Ende 2003 galt der Kündigungsschutz in Unternehmen mit mehr als fünf Beschäftigten. Seit Anfang 2004 greift der Kündigungsschutz jedoch erst bei Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern. 

Hinweis: Ist der Arbeitnehmer noch keine 6 Monate oder in einem Kleinbetrieb beschäftigt, greift zwar der Kündigungsschutz nach dem KSchG nicht, jedoch gelten daneben auch noch allgemeine Regelungen, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen können. Dazu gehören z. B. die Nichteinhaltung der Schriftform, die Nichtanhörung des Betriebsrats etc. Mehr dazu in unserem Beitrag: Kündigungsschutz in Kleinbetrieben

Dritte Voraussetzung: Kündigungsschutz bei Anwendbarkeit des KSchG 

Findet das KSchG  in einem Betrieb Anwendung, kann der Arbeitgeber nur eine betriebs-, personen- oder verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. 

Die Kündigung muss “sozial gerechtfertigt” sein. Die konkreten Voraussetzungen, wann dies der Fall ist, sind im KSchG nicht ausdrücklich geregelt, sondern von der Rechtsprechung entwickelt:  

  • Bei der personenbedingten Kündigung (Krankheit, fehlende Fahrerlaubnis etc.): Hier muss der Arbeitgeber zum Schutz des Arbeitnehmers nachweisen: (1) Der Arbeitnehmer kann aufgrund seiner mangelnden persönlichen Eignung/Fähigkeiten seinen vertraglichen Pflichten nicht mehr nachkommen (negative Zukunftsprognose). (2) Dies muss zu erheblichen Beeinträchtigungen betrieblicher Abläufe oder wirtschaftlicher Interessen führen. (3) Dem Arbeitgeber ist es unzumutbar, das Arbeitsverhältnis fortzuführen. Er muss zuvor mildere Maßnahmen ergreifen (Interessenabwägung).
  • Bei der verhaltensbedingten Kündigung (Zuspätkommen, Diebstahl etc.) muss der Arbeitgeber zum Schutz des Arbeitnehmers nachweisen: (1) Der Arbeitnehmer hat vertragliche Pflichten verletzt. (2) Es müssen Abmahnungen vorliegen. Es gibt keine milderen Mittel. (3) Abwägung der Arbeitgeber und Arbeitnehmerinteressen.
  • Bei der betriebsbedingten Kündigung (Umstrukturierung, Auftragsrückgang etc.) muss der Arbeitgeber zum Schutz des Arbeitnehmers nachweisen: (1) Dringende betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führen. (2) Keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb (keine milderen Mittel). (3) Sozialauswahl: gibt es im Betrieb mehrere vergleichbare Arbeitnehmer, muss der Arbeitgeber nach Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung, entscheiden, wer eine Kündigung erhält.

Abfindungsanspruch bei Kündigungen nach dem KSchG

Irrtümlich nehmen viele Arbeitnehmer an, dass sie bei einer Kündigung einen Anspruch auf eine Abfindung haben. 

Es besteht kein automatischer Anspruch auf eine Abfindung. Nur § 1a KSchG regelt einen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung, wenn (1) der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht und (2) der Arbeitgeber in der Kündigung darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann und (3) der Arbeitnehmer tatsächlich keine Kündigungsschutzklage erhebt. Liegen diese Voraussetzungen vor, hat der Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr.

Daneben kann sich ein vertraglicher Anspruch auf eine Abfindung aus Tarifvertrag oder Sozialplan (Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat) ergeben. 

In allen anderen Fällen können Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Abfindung auf freiwilliger Basis verhandeln. Die Höhe ist abhängig von den Erfolgsaussichten der Kündigung, der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter etc. Hierzu mehr in unserem Beitrag “Abfindung bei Kündigung”. Wenn Sie sich unkompliziert einen Überblick über die Höhe einer möglichen Abfindung verschaffen wollen, nutzen Sie den praktischen Abfindungsrechner.

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Besonderer Kündigungsschutz für bestimmte Arbeitnehmergruppen

Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG gibt es vielfältige spezielle Regelungen zum besonderen Kündigungsschutz. Dieser richtet sich an besonders schutzbedürftige Gruppen und umfasst unter anderem:

Diese Personengruppen haben erweiterten Kündigungsschutz, was bedeutet, dass eine Kündigung entweder gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist. Der Gesetzgeber hat klar definiert, welche Kriterien und Umstände bei der Kündigung dieser besonders geschützten Gruppen berücksichtigt werden müssen, um den besonderen Kündigungsschutz zu gewährleisten.

Kündigungsverbot bei Schwangerschaft und danach

Es besteht ein Kündigungsverbot während der Schwangerschaft und nach der Entbindung. Dies gilt vom ersten Tag der Schwangerschaft bis zu einem gewissen Zeitraum nach der Entbindung. Nur in besonderen Fällen kann der Arbeitgeber mit behördlicher Genehmigung eine werdende Mutter kündigen.

Kündigungsverbot während der Elternzeit

Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt des Verlangens der Elternzeit nicht kündigen. Nur in besonderen Fällen kann ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden.

Schwerbehinderte: Kündigung nur mit behördlicher Zustimmung

Schwerbehinderte können grundsätzlich gekündigt werden. Allerdings ist die Kündigung nur wirksam, wenn vorher die Zustimmung des Integrationsamts eingeholt wurde.

Betriebsratsmitglieder: Nur außerordentliche Kündigung mit Zustimmung des Betriebsrates

Auch Betriebsratsmitglieder genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Die Kündigung ist unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und die Zustimmung des Betriebsrates vorliegt.

Umgehung des Kündigungsschutzes

Um den strengen Regelungen des Kündigungsschutzes zu entgehen, nutzen viele Arbeitgeber Aufhebungsverträge, um bestehende Verträge einvernehmlich aufzulösen. Eine andere taktische Maßnahme zur Umgehung des Kündigungsschutzes kann die verstärkte Nutzung von befristeten Arbeitsverträgen sein.

Aufhebungsvertrag

Manche Arbeitgeber versuchen, den Kündigungsschutz zu umgehen, indem sie einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung anbieten. Bevor der Arbeitnehmer einen solchen Vertrag unterzeichnet, sollte er sich eine Bedenkzeit einräumen lassen. Aufhebungsverträge können positive und negative rechtliche Folgen haben. Unter anderem kann eine Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld I verhängt werden. Ein Aufhebungsvertrag sollte nur nach rechtlicher Beratung unterzeichnet werden. 

Befristeter Arbeitsvertrag

Eine Vielzahl von Arbeitnehmern wird heutzutage mit befristeten Arbeitsverträgen eingestellt. Diese Praxis gestattet es Arbeitgebern, Mitarbeiter für bestimmte Projekte, Vertretungen oder saisonale Tätigkeiten zu beschäftigen, wobei das Arbeitsverhältnis automatisch mit dem Ablauf der vereinbarten Frist endet. Diese Art der Befristung ist aus sachlichen Gründen zulässig. Da eine Kündigung dann nicht erforderlich ist, besteht weder der Kündigungsschutz nach dem KSchG noch der besondere Kündigungsschutz.

Arbeitgeber können auch ohne bestimmte Gründe Arbeitnehmer befristet einstellen, sofern der betreffende Mitarbeiter zuvor noch nicht in dem Unternehmen tätig war.

Ein befristeter Arbeitsvertrag kann verlängert werden, jedoch darf die Gesamtdauer zwei Jahre nicht überschreiten. Beispielsweise kann ein auf sechs Monate befristeter Vertrag nahtlos um weitere sechs Monate verlängert werden.

Gerichtliche Schritte zur Sicherung des Kündigungsschutzes

Bei Erhalt einer Kündigung hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung  eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu erheben. Bei Verstreichen der Frist werden Kündigungen wirksam. Vor Erhebung einer Klage sollte der Arbeitnehmer eine rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

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